Laut ADAC könnten die meisten Fahrer von Benzinern auch das günstigere Super E10 tanken – doch sie tun es nicht.
Wenn deutsche Autofahrer Benzin tanken, greifen sie in der Regel zu Super E5. Deshalb fordert der ADAC-Präsident Christian Reinicke: „Die Politik sollte die Nutzung von Super E10 vorantreiben!“ Laut ADAC vertragen Autos ab dem Baujahr 2011 die Sorte E 10 – die bis zu zehn Prozent Biosprit enthalten darf – problemlos.
„Trotzdem tanken viele Menschen im Zweifelsfall unnötigerweise das teurere und klimaschädlichere Super E5“, so der ADAC-Präsident. Dabei verschweigt er leider, dass gerade der ADAC bei der Einführung von E10 im Jahr 2011 eine ablehnende Haltung gegenüber diesem Produkt einnahm. Damals erklärten viele Hersteller bereits, dass eine beträchtliche Anzahl von Fahrzeugen, die vor 2011 gebaut wurden, den umweltfreundlicheren Sprit – der zur CO₂-Reduktion beitragen sollte – problemlos vertragen könne. Ursprünglich war vom Gesetzgeber geplant, E5 zum 31.12.2014 abzuschaffen.
Aktuell sind Tankstellen weiterhin gesetzlich verpflichtet, E5 anzubieten – einen Kraftstoff, der maximal fünf Prozent Biosprit enthält. Der ADAC schlägt vor, dass der Gesetzgeber diese Verpflichtung in einem ersten Schritt auf Super E10 überträgt. Und falls dies nicht ausreiche, solle die Politik notfalls auch härtere Maßnahmen in Erwägung ziehen, so der Verbandspräsident. Auf Nachfrage, ob dies auch ein Verbot von E5 einschließen würde, erklärte Reinicke, dass er Letzteres nicht explizit ausschließen wolle. „Es geht auch um weitere klimafreundlichere Alternativen, die an den Tankstellen Platz finden und von den Verbrauchern akzeptiert werden müssen“, so Reinicke.
Im vergangenen Jahr machte E5 laut Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 67,5 Prozent der Inlandsablieferungen von Benzin aus – was ziemlich genau dem Spritverkauf an deutschen Tankstellen entspricht. E10 kam auf einen Anteil von 27,4 Prozent, Super Plus lag bei 5,1 Prozent. 2023 lag der E10-Anteil bei 26,4 Prozent, ist also 2024 nur geringfügig gestiegen. Noch eine Tatsache ist bemerkenswert: E5 ist sechs Cent teurer als E10 – und dennoch greifen viele preisbewusste Deutsche zum E5. Offenbar glauben noch immer viele Verbraucher, E10 sei ein minderwertiges Produkt.
Weit verbreitet ist auch die Annahme, dass E10 einen höheren Verbrauch verursache als E5. Dieser Glaube führt dazu, dass selbst Käufer von Neuwagen weiterhin Super E5 tanken. Es wäre wünschenswert, wenn es gelänge, hartnäckige E5-Käufer zum Wechsel auf E10 zu bewegen. Deutschland nimmt hierbei innerhalb Europas eine Sonderrolle ein. Wir sind das einzige Land, das E5 als sogenannte Schutzsorte weiterhin vorhält. Alle anderen Länder setzen auf E10 – und wem das nicht genügt, der kann auf Super Plus ausweichen. Frankreich hat bereits 2011 vollständig auf E10 umgestellt, und auch Österreich hat die Verpflichtung, E5 anzubieten, aufgegeben – ohne dass es dabei zu Problemen kam.
Der Bundesverband Freier Tankstellen (BFT) erklärt: „Da die Kraftstoffsorte Benzin E5 motortechnisch nicht mehr relevant ist, wäre es Zeit für mehr Marktwirtschaft beim Kraftstoffverkauf.“ Dem BFT geht es vor allem darum, Platz für Kraftstoffe wie HVO – einen erneuerbaren und umweltfreundlichen Diesel – an den Tankstellen zu schaffen. Die Schutzsorte E5 bindet Tankkapazitäten. Freiwerdende Lager- und Tankflächen würden der Branche die Möglichkeit geben, sehr umweltfreundliche Kraftstoffe wie HVO einzuführen. „Durch die CO₂-Einsparungen müsste zudem auch die Politik ein echtes Interesse an E10 haben“, so der Verband.
Auch der Wirtschaftsverband Fuels und Energie, der unter anderem die großen Akteure der Mineralölwirtschaft sowie große Markentankstellenketten vertritt, spricht sich für den Wegfall der Verpflichtung zur E5-Vorhaltung aus. Das Streichen dieser Regelung „gäbe den Tankstellenbetreibern eine größere Flexibilität, auf veränderte Kundenbedürfnisse zu reagieren sowie zukünftig innovative und klimaschonende Kraftstoffe anzubieten“, so der Verband.
Ein wichtiger erster Schritt wäre daher, wenn die Bundesregierung die Schutzsorte von E5 auf E10 umwidmen würde. Nachdenkenswert ist zudem, dass Deutschland eines der letzten Länder ist, das sowohl E5 als auch E10 gleichzeitig anbietet. Der Bundesverband der Biokraftstoffhersteller hatte bereits vor drei Jahren darauf hingewiesen, dass durch den Ersatz von E10 für E5 eine CO₂-Einsparung möglich wäre, die der Zulassung von einer Million Elektrofahrzeugen entspräche. Eine höhere Beimischung von Ethanol wäre für viele moderne Motoren auch kein Problem und würde den CO₂-Ausstoß sofort weiter senken. Auch HVO würde helfen, insbesondere im Schwerlastverkehr CO₂ einzusparen. In der Vergangenheit zeigte die Politik jedoch wenig Interesse daran, herkömmliche Kraftstoffe „grüner“ zu gestalten – sie konzentrierte sich stattdessen ausschließlich auf den Ausbau der Elektromobilität.