Die Personalkosten sind laut einer Studie in deutschen Autowerken fünfeinhalbmal höher als in China.

Die Strategieberatung Oliver Wyman hat 250 Fahrzeugfabriken weltweit untersucht und hinsichtlich ihrer Kosten verglichen. Die Ergebnisse der Studie wurden vom Handelsblatt veröffentlicht. Demnach sind die Ausgaben für Löhne, Gehälter, Altersvorsorge und Sozialleistungen pro produziertes Fahrzeug für Autokonzerne selbst in Frankreich und den USA nicht einmal halb so hoch wie in Deutschland. Allein die Arbeitskosten summierten sich in Deutschland im Jahr 2024 im Schnitt auf mehr als 3.300 Dollar pro Fahrzeug. Im weltgrößten Neuwagenmarkt China betragen die Arbeitskosten lediglich 597 Dollar pro Fahrzeug – also fünfeinhalbmal weniger. Auch in Ländern wie Japan und Südkorea, der Heimat großer Marken wie Toyota, Nissan, Hyundai und Kia, liegen die Arbeitskosten deutlich niedriger. Die geringsten Kosten pro Fahrzeug wurden in Marokko (106 Dollar), Rumänien (273 Dollar) und Mexiko (305 Dollar) ermittelt.

Dies ist für die deutsche Automobilindustrie alarmierend, denn die Arbeitskosten machen zehn bis zwanzig Prozent der Gesamtkosten eines Fahrzeugs aus. Die Materialkosten betragen etwa die Hälfte der Gesamtkosten. Neben den hohen Löhnen in Deutschland kommen auf Automobilbauer und Zulieferer auch hohe Energiepreise für Strom und Gas hinzu. Die überbordende Bürokratie mit umfangreichen Dokumentationspflichten verursacht ebenfalls zusätzliche Kosten. Aus diesem Grund verlagern Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW und Opel schrittweise immer mehr Fertigungskapazitäten ins Ausland. Zwischen 2014 und 2024 ist die jährliche Pkw-Produktion in deutschen Werken um 27 Prozent zurückgegangen – von 5,6 Millionen auf 4,1 Millionen Fahrzeuge. Die Zeiten, in denen in Deutschland sechs Millionen Pkws jährlich vom Band liefen, werden wohl nicht zurückkehren. Der Deutschlandchef von Oliver Wyman, Fabian Brandt, sagt: „Wir erleben eine Deglobalisierung. Das Automobilgeschäft wird noch stärker multiregional. Der Verlierer ist der Standort Deutschland.“

Auch der Mercedes-Chef Ola Källenius hat kürzlich angekündigt, dass der Konzern dem Weltmarkt folgt und sich stärker regional ausrichtet. Mercedes will ab 2027 ein weiteres Modell in den USA fertigen. Dies könnte zulasten der Kapazitäten in Bremen und Sindelfingen gehen. Die hohen Lohnabschlüsse in der Automobilindustrie, begleitet von steigenden krankheitsbedingten Ausfallzeiten und den ohnehin zahlreichen Feiertagen in Deutschland, müssten an internationale Standards angepasst werden, wenn die deutschen Werke wettbewerbsfähig bleiben sollen, so das Handelsblatt.

Volkswagen plant, bis 2030 rund 35.000 Stellen in Deutschland abzubauen. 20.000 Mitarbeiter sollen das Unternehmen freiwillig verlassen – mit entsprechenden Auflösungsvereinbarungen, da betriebsbedingte Kündigungen gemäß Haustarifvertrag ausgeschlossen sind. VW hat 900 Millionen Euro für die Vertragsauflösungen zurückgestellt. Über das Modell der Altersteilzeit mit einer Laufzeit von bis zu sieben Jahren arbeiten die Beschäftigten zunächst weiter in Vollzeit, bevor sie in der zweiten Hälfte der Regelung freigestellt werden. Bei einem vorzeitigen Renteneintritt gleicht VW die Abschläge bei der gesetzlichen Rente aus, aber der frühere Renteneintritt geht zulasten der gesetzlichen Rentenversicherung und somit aller Beitragszahler.

Mercedes plant, bis 2027 rund 20.000 Stellen abzubauen und verlagert unter anderem die Produktion nach Ungarn. Dort sollen künftig 100.000 Fahrzeuge jährlich gefertigt werden, da die Produktionskosten in Ungarn rund 70 Prozent niedriger sind als in Deutschland. Auch Mercedes bietet großzügige Aufhebungsvereinbarungen, da eine Beschäftigungsgarantie besteht. Rückblickend war es ein Fehler, in einem wirtschaftlich unsicheren Umfeld solche Garantien auszusprechen. Die Folge sind hohe Abfindungen an gut ausgebildete Fachkräfte, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt dringend benötigt würden – und die nun vielfach in den Vorruhestand gehen.

Arbeitskosten pro Fahrzeug 2024 in diversen Ländern in US-Dollar

Deutschland 3.307
Großbritannien 2.333
Italien 2.067
Frankreich 1.659
USA 1.341
Spanien 955
Slowakei 830
Südkorea 789
Japan 769
China 597