Kommt der zweite Frühling für Biokraftstoffe?

Das Agrarunternehmen CoverCress mit Sitz in St. Louis/USA tüftelt an einer Pflanze besonderer Art. Die Samen der gleichnamigen Pflanze CoverCress enthalten nicht nur besonders viel Öl – sie wachsen auch zu einer Jahreszeit, in der die Felder sonst brachliegen. Landwirte könnten so ein Zusatzgeschäft erschließen – ohne dabei in die klassische Tank-Teller-Trog-Diskussion zu geraten.

Derzeit machen Biokraftstoffe nur einen kleinen Anteil im Verkehrssektor aus, wie eine aktuelle Analyse der Denkfabrik Future Cleantech Architects (FCA) zeigt. Im Jahr 2023 betrug die weltweite Biokraftstoffproduktion rund 200 Millionen Tonnen – das entsprach knapp fünf Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Straßenverkehr. 65 Prozent der Gesamtmenge entfielen auf Bioethanol, das durch die Gärung von Zucker aus Pflanzen wie Mais oder Zuckerrohr mithilfe von Hefe hergestellt wird. Mehr als die Hälfte der weltweiten Bioethanol-Produktion stammt aus den USA. Biodiesel macht weitere 30 Prozent der weltweiten Biospritmenge aus. Er wird aus Pflanzenölen (zum Beispiel Raps, Sojabohnen, Sonnenblumen) oder gebrauchten Speiseölen unter Zugabe von Methanol hergestellt.

„Biokraftstoffe haben das Potenzial, den Treibhausgasausstoß in wichtigen Industriesektoren signifikant zu reduzieren“, sagt FCA-Analyst René Severens. Emissionsminderungen von bis zu 90 Prozent seien möglich. In den vergangenen Jahren habe man große Fortschritte bei Biokraftstoffen gemacht, die nicht aus Nahrungsmittelpflanzen, sondern aus zellulosehaltigem Material oder Deckfrüchten gewonnen werden – so auch bei CoverCress.

Ein wesentlicher Vorteil von CoverCress ist, dass es nicht mit dem Nahrungsmittelanbau konkurriert. Als Zwischenfrucht wird es nach der Haupternte im Spätsommer ausgesät und versorgt den Boden mit Nährstoffen, bis im Frühjahr die nächste Hauptkultur folgt. Fünf Kilogramm Samen liefern einen Liter hochwertiges Öl. Hinter CoverCress stehen prominente Investoren: Neben dem deutschen Agrarkonzern Bayer als Mehrheitsaktionär sind auch der Agrarkonzern Bunge sowie der Ölproduzent Chevron beteiligt. Bayer hat zudem eine strategische Partnerschaft mit dem finnischen Konzern Neste geschlossen, einem führenden Anbieter erneuerbarer Kraftstoffe. Gemeinsam planen sie, östlich der Rocky Mountains den Anbau von Winterraps zu intensivieren. Zusätzlich investiert Bayer auch in Leindotter, eine weitere vielversprechende Ölpflanze.

Noch stehen diese neuen Pflanzenarten am Anfang der Kommerzialisierung. Sowohl CoverCress als auch Bayer rechnen mit der Markteinführung des pflanzfertigen Saatguts – sowohl für CoverCress als auch für die neue Winterrapssorte – im Jahr 2027. In den USA könnten Biokraftstoffe zudem von politischer Seite neuen Auftrieb erhalten: Das derzeit im US-Senat verhandelte Haushaltsgesetz sieht eine Verlängerung der Steueranreize für nachhaltige Kraftstoffe vor. Ursprünglich sollten die Gutschriften für Biokraftstoffe pro Gallone 2027 auslaufen – nun ist eine Verlängerung bis 2031 im Gespräch. CoverCress selbst sieht sich auf gutem Kurs: Für das kommende Jahr plant das Unternehmen, die Anbaufläche auf 5.000 Hektar zu verdoppeln.

Ob die dritte Generation der Biokraftstoffe tatsächlich einen zweiten Frühling erlebt, bleibt abzuwarten. Doch Pflanzen wie CoverCress zeigen, dass Klimaschutz und Landwirtschaft künftig enger miteinander verknüpft werden könnten – ohne neue Nutzungskonflikte.