Kommt es zu mehr Preisbewegungen im Einzelhandel?

Die Wirtschaftswissenschafter Justus Haucap und Werner Reinartz haben untersucht, wie dynamische Preisanpassungen im Einzelhandel auf den Kunden wirken könnten.

Elektronische Etiketten an den Produkten bzw. am Regal, machen es dem Einzelhandel möglich, jederzeit die Preise in seinen Shops zu verändern. Mit diesem Thema haben sich die beiden Wirtschaftswissenschaftler beschäftigt. Insgesamt, so die Wissenschaftler, werden dynamische Preisanpassungen noch nicht allzu stark betrieben. Der allgemeine Handel ist von den dynamischen Preisanpassungen, wie wir sie an den Tankstellen schon seit Jahren kennen, noch weit entfernt. Bei Hotel- oder Mietwagenbuchungen oder auf Flug- und Bahnreisen sind sie heute allerdings auch schon Normalität.

Ein kurzfristiges Ändern der Preise wird von den Kunden im stationären Handel nicht positiv wahrgenommen, so die Studie. Selbst Kunden, die einen Vorteil erzielten, finden die wechselnden Preise nicht fair. 85 Prozent der Menschen, die ein Produkt kaufen, finden es unfair, wenn es das gleiche Produkt beim selben Händler kurz darauf billiger gibt. Auch zwei Drittel der Kunden, die den höheren Preis bezahlten, stuften die Differenzierung als unfair ein. Der Grund ist laut den Autoren in der Tatsache zu finden, dass der Kunde befürchtet, mal einen Vorteil und mal einen Nachteil zu haben. Fühlt sich ein Kunde ungerecht behandelt, kehrt er dem Unternehmen den Rücken. Wer im Einzelhandel seine Erlöse kurzfristig erhöht, setzt langfristige Kundenbindung aufs Spiel, so die Autoren

Die Autoren stellten auch fest, dass an den Tankstellen die stark wechselnden Preise von den Kunden hingenommen werden. Hier zwingen der Wettbewerb (der Kunde kann im Vorbeifahren die Preise wahrnehmen und kurzfristig die Wegrichtung verändern) sowie die Folgen der Markttransparenzstelle (die Preise sind im Internet leicht zu vergleichen), die Mineralölgesellschaften dazu, schnell auf den anderen Marktteilnehmer zu reagieren, statt Kunden zu verlieren. Haucap räumte auch ein, dass mit Sicherheit die Mineralölgesellschaft, aber auch die Kunden gerne stabilere Tankstellenpreise hätten. Andererseits hat der Kunde auch im Flugzeug gelernt, dass kein Passagier den gleichen Preis hat.

Die Autoren der Studie unterstreichen, dass der Kunde im stationären Handel auch das Gefühl haben muss, die Kontrolle über die Preise und die Transparenz der Preise zu behalten. Eine zeitlich begrenzte Aktion oder auch Rabatte, die über Kundenkarten generiert werden, akzeptiert der Kunde. Er akzeptiert allerdings nicht, wenn der Toaster vor einer halben Stunde im Geschäft für 29,00 Euro ausgezeichnet war und jetzt 35,00 Euro kostet.

Die Befürchtung von einigen Politikern, dass dynamisches Pricing massiv in den Handel einzieht und deshalb dieser Markt reguliert werden muss, bezeichnen die Autoren als einen „schwarzen Schwan“. Nach näheren Beobachtungen haben sich über 4 Wochen im stationären Handel 88 Prozent der Preise gar nicht verändert und selbst im Onlinehandel blieben 57 Prozent der Preise unverändert.

Die Politik hat mit der Marktransparenzstelle die Preisschwankungen an den Tankstellen nur verstärkt, so unsere Anmerkung zu politisch motivierten Eingriffen in das Pricing der Tankstellen.