Der Club of Rome sagte 1972 voraus, dass es 1990 kein Öl mehr geben würde. Wie konnte es zu einer solchen Fehleinschätzung kommen?

1972 sagte der Club of Rome das Ende des Ölzeitalters für 1990 voraus. Solche Voraussagen gab es immer wieder und alle waren falsch, wobei man auch jeweils den Zeitgeist, der jeder Prognose zu Grunde liegt, bedenken muss. Als die OPEC in den 70er-Jahren den Ölpreis immer weiter nach oben trieb, kamen immer größere Untergangsszenarien zum Öl zutage. Damals gingen die Verfasser der Studie davon aus, dass der hohe Ölpreis die Knappheit des Gutes anzeigt. Was sie damals nicht berücksichtigten, ist die Tatsache, dass höhere Preise und damit bessere Gewinnaussichten dazu veranlassten, an allen Stellen dieser Erde nach neuen Energieressourcen zu suchen. Erst die hohen Ölpreise Ende der 70er-Jahre führten dazu, dass es Sinn machte, in den Weltmeeren und auch vor unserer Haustür in der Nordsee nach Rohöl zu bohren.

Die Reichweite des Rohöls wird nach einer einfachen Methode berechnet. Auf der einen Seite gibt es die bestätigten Ölreserven, die bereits auf der Welt entdeckt worden sind, allerdings noch auf ihre Ausbeutung warten. Bei diesen Ölreserven werden auch nur die Reserven berücksichtigt, die mit den jeweils zurzeit gültigen Rohölpreisen auch wirtschaftlich förderbar sind. Diese Reserven werden dann durch den weltweiten jährlichen Verbrauch geteilt und hieraus errechnet sich die Reichweite des Öls.

In der Vergangenheit hat sich diese Berechnung jedoch immer wieder verändert. Hierzu folgende Fakten:

Jahr bestätigte Ölreserven Reichweite bis
1940 6 Mrd. Tonnen 1961
1960 41 Mrd. Tonnen 1998
2000 140 Mrd. Tonnen 2040
2012 223 Mrd. Tonnen 2072

Das heißt, die Ölreserven sind in ihrer Einschätzung immer längerfristiger geworden und dies, obwohl der Ölverbrauch im gleichen Zeitraum drastisch anstieg. Neben den bestätigten Ölreserven gibt es noch die – mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu entdeckenden – Ölreserven, die sich selbstverständlich, je nach Höhe des Ölpreises, weiter verändern. Tiefseebohrungen, Bohrungen in der Arktis oder auch Bohrungen nach kleineren Ölfeldern werden ertragreich, je höher der Ölpreis steigt. Das heißt, je höher der Preis steigt, umso mehr Ölfelder werden wirtschaftlich erschlossen werden können und genau dies spiegelt auch die vorstehende Tabelle wider.

Hinzukommt der technische Fortschritt. In den 40er-Jahren des vorigen Jahrhunderts war die Ölsuche meist auf relativ einfach zu erschließende Regionen, überwiegend in den USA und im Nahen Osten, angesiedelt. Heute beginnt die Erdölsuche im Weltraum und damit auf dem gesamten Planten Erde. Satelliten liefern die geforderten Daten über die Erdoberfläche. Komplexe Computerprogramme versuchen, hieraus nähere geologische Daten über den Untergrund im Erdreich herzuleiten und festzustellen, in welchen Bereichen der Erde sich größere Ölfelder erstrecken könnten. Neben den Satellitendaten greifen die Fachfirmen auch auf seismische Untersuchungen zurück, die von Spezialschiffen in den jeweiligen Gebieten vorgenommen werden. Durch diese Technik, die immer weiter verfeinert wurde, konnten in den letzten 30 Jahren viele Lagerstätten entdeckt und erschlossen werden, die man vorher gar nicht kannte. Hinzu kam, dass durch diese neuen Techniken das Bohren weniger risikoreich wurde. Das heißt, es mussten wesentlich weniger Suchbohrungen durchgeführt werden als früher. Außerdem hat sich die Bohrtechnik in den letzten 30 Jahren erheblich fortentwickelt. Früher wurden nur senkrechte Bohrungen niedergelassen. Heute werden die Bohrungen so geführt, dass auch exakt die am stärksten ölführenden Schichten ausgebeutet werden können. Der sogenannte Entölungsgrad eines Ölfeldes ist heute deutlich höher als früher.

Des Weiteren werden heute mit Hilfe von hohem Druck, Wasser und Quarzsandgemische in das Lagerstättengestein gepresst. Ohne diesen zusätzlichen Druck wäre das Öl in diesen Lagerstätten nicht nach oben zu fördern. Diese Technik heißt Fracking und führte dazu, dass früher aus technischen Gründen nicht zu erschließende Ölfelder heute mit Hilfe dieser Technik ausgebeutet werden können.

All diese Verfahren – und viele andere mehr – haben dazu geführt, dass sich die weltweit wirtschaftlich und technisch förderbaren Ölreserven immer weiter ausdehnten.

Die andere Frage, die es zu beantworten gilt, ist: Wie wird sich der weltweite Ölverbrauch entwickeln? Die weltweite Ölnachfrage wird in den nächsten Jahren weiter steigen, sich allerdings in den einzelnen Wirtschaftsregionen unterschiedlich entwickeln. In den USA und Europa wird der Energieverbrauch an Öl weiter sinken, in Südamerika und Asien wird er steigen. In dem Verhältnis, in dem der weltweite Ölkonsum wächst, muss gleichzeitig die Rohölproduktion als auch die Rohölverarbeitung in den Raffinerien angepasst werden. Sowohl der Ausbau am Bohrloch als auch der in den Raffinerien wird zügig vorangetrieben, sodass das Angebot mit der Nachfrage wächst.

Wie Scheich Ahmed Yamani, bis 1986 Ölminister in Saudi Arabien, einmal sagte: “Das Ölzeitalter wird nicht aus Mangel an Öl zu Ende gehen, genauso wenig wie die Steinzeit nicht aus Mangel an Steinen zu Ende gegangen ist.“ Öl wird auch in den nächsten 20 Jahren im Verkehrssektor eine dominierende Rolle spielen. Im petrochemischen Bereich ist für Öl zurzeit keine Alternative zu erkennen. Aus heutiger Sicht werden wir noch sehr lange Ölvorräte haben, vermutlich länger, als wir es eines Tages tatsächlich brauchen.

Der hohe Ölpreis der letzten vier Jahre (Rohöl pendelte zwischen 80 und 120 Dollar das Fass) ließ die Welt aufhorchen. Das Ende des Ölzeitalters wurde wieder einmal diskutiert. Doch Fakt ist, die Weltwirtschaft ist trotz der hohen Ölpreise weiter gewachsen.

Beim Ölpreis spielt auch der gefühlte Preis eine große Rolle. Laut Frankfurter Allgemeinen ist Öl heute dreimal so billig wie vor 60 Jahren. 1950 musste ein Arbeiter im produzierenden Gewerbe für einen Liter aus der Zapfsäule mehr als eine viertel Stunde arbeiten. 2011 waren es keine fünf Minuten.

Die Unternehmensberatung Progenium stellte ebenfalls fest: „Der Kraftstoffanteil an den Gesamtkosten eines Kraftfahrzeuges ist über die Jahre gesunken – trotz der stark gestiegenen Spritpreise.“

Da die Fahrzeuge heute wesentlich weniger Kraftstoffverbrauch als vor 30 Jahren haben, sind die effektiven Kosten des Kraftstoffes pro 100 Kilometer nicht so stark gestiegen, wie die restlichen Kfz-Kosten.