E10 ein Ladenhüter
Vor drei Jahren wurde E10 im Tankstellenmarkt als zusätzliches Produkt eingeführt. Obwohl in den letzten drei Jahren viele Neufahrzeuge zum Ersatz von Altfahrzeugen zugelassen wurden, die in aller Regel E10 tanken können (wenn man von ein paar wenigen Sportfahrzeugen absieht, die Super Plus benötigen), tanken nach wie vor nur 15 Prozent aller Vergaserkraftstoffkunden E10. Gerade Neuwagenbesitzer, die ohne Probleme E10 tanken könnten, meiden E10 oft mit dem Hinweis, sie würden doch ihrem teuren, neuen Auto keinen Schaden zufügen wollen.
Der Automobilexperte Dr. Stefan Bratzel hat vor Kurzem Folgendes erklärt:
Die Einführung von E10 war ein Komplettversagen von Politik, Mineralölindustrie und Herstellern. Die Politik hatte bei der E10-Einführung die Führungsrolle und es nicht hinbekommen, alle notwendigen Akteure für die Markteinführung an Bord zu bekommen.
Richtig ist, dass in allen drei Bereichen eine gemeinsame Kommunikationsstrategie gefehlt hat. Hinzu kam, dass auch der ADAC in 2011 mit seinen Äußerungen viel zur Verunsicherung der Kunden beitrug. Die Kfz-Hersteller kämpften an unterschiedlichen Fronten. Die deutschen Hersteller wollten unbedingt E10, um mit diesem Produkt den CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotten zu senken, während die kleineren ausländischen Hersteller, insbesondere aus Italien und Frankreich, mit ihren Kleinwagenflotten die deutschen nicht unnötig stark machen wollten. Folglich kämpfte der Deutsche Automobilverband gegen die ausländischen Hersteller und bald waren unterschiedliche Aussagen bezüglich der E10-Verträglichkeit der einzelnen Hersteller im Markt. Zudem weigerten sich die Automobilhersteller, eine Garantieerklärung für Altfahrzeuge abzugeben und erst nach längerem Zögern und Drängen wurden Listen veröffentlicht, welche Fahrzeuge E10 tanken können und welche nicht.
Die Mineralölindustrie hat dieses Thema unterschätzt, denn diese war der Ansicht, dass, wenn man dem Kunden einen entsprechenden Preisvorteil bietet, dieser auch E10 tankt. Deshalb wurde auch über einen größeren Preisabstand zwischen E5 und E10 nachgedacht. Die Mineralölindustrie hatte ein großes Interesse daran, dass die E10-Einführung funktioniert, denn bei Nichteinhalten entsprechender Bioquoten werden an den Finanzminister zum Jahresende entsprechende Pönalezahlungen fällig. Diese sind im Grunde eine verdeckte Mineralölsteuer, denn je weniger Fahrzeuge E10 tanken, umso höher ist die Strafsteuer. Ehrlicher wäre es gewesen, wenn der Gesetzgeber E10 mit einer niedrigeren Mineralölsteuer belegt hätte als E5. Diese Pönale ist auch ein Grund, dass E5 teurer ist als E10. Hinzu kommt, dass Bioethanol in der Regel teurer ist als Superbenzin und je höher der prozentuale Anteil an Ethanol, umso höher wird der Kraftstoffpreis für das Endprodukt.
Obwohl der Kunde laut ADAC bei einem 60-Liter-Tank 2,40 Euro pro Tankvorgang sparen kann, meidet er dieses Produkt. Allerdings kommt auch der Einwand zum Tragen, dass der Mehrverbrauch bei E10 gegenüber E5 höher wäre. Laut ADAC liegt der Mehrverbrauch im Mittel bei 1,5 Prozent. Da E10 2,7 Prozent günstiger ist als E5, kommt selbst bei einem Mehrverbrauch von 1,5 Prozent noch eine Ersparnis heraus. E10 ist definitiv günstiger als E5, so Dr. Stefan Bratzel, Automobilexperte vom Center of Automotive in Bergisch Gladbach.
Doch in der öffentlichen Wahrnehmung ist E10 mit einem Negativimage versehen. Es gilt im Vergleich zu E5 weder als hochwertiger noch als umweltfreundlicher. Die Diskussion Teller, Trog oder Tank und höherer Verbrauch führten zu einem schlechten Image des Produktes. Zudem hatte der Kunde den Eindruck, die Politik zwingt ihm etwas Schlechtes auf, für das der Autobesitzer eines Tages in Form von Motorschäden die Zeche zahlt.
In der Politik ist die Begeisterung für den vermeintlich nachhaltigen und umweltfreundlichen Sprit aus Pflanzen stark geschrumpft, nachdem die Verbraucher so kritisch reagierten. Nachdem in Deutschland die E10-Einführung zum Fiasko wurde, haben auch einige Nachbarländer bis heute auf die Einführung von E10 verzichtet. E10 gibt es noch in Frankreich, Schweden und Finnland.
Folglich wird E10 weiterhin ein Nischendasein führen. Die desolate Einführung des Produktes ist heute nicht mehr rückgängig zu machen. Einen echten Schuldigen hierfür zu finden, ist nicht möglich, denn alle waren Schuld, die Politik, die Automobilhersteller, die Mineralölindustrie und auch Verbände, wie der ADAC. Die Kiste E10 steckt im Sand und aus diesem wird sie nicht mehr herauskommen. Die Kunden wurden durch die vielschichtigen Stimmen verunsichert und verunsicherte Kunden kaufen ein Produkt nicht.
Es war eine neue Erfahrung für die Mineralölbranche, dass – obwohl mehr als 90 Prozent aller Autofahrer E10 bedenkenlos tanken könnten und dabei sogar 4 Cent pro Liter sparen würden – der deutsche Autofahrer auf diese Geldersparnis verzichtete und auch weiter verzichten wird. Ein neues Mineralölprodukt im deutschen Markt einzuführen, ohne eine klare Freigabe der Kfz Hersteller, kann und wird nicht funktionieren. Es zeigte sich wieder einmal, des Deutschen liebstes Kind bleibt das Auto und da will er auf Nummer sicher gehen.