Die Ökonomen des Internationalen Währungsfond (IWF) gingen in ihrer letzten Studie im April 2015 von einem Wirtschaftsaufschwung in der Eurozone aus. Die Gründe hierfür, so der IWF, sind recht schnell ausgemacht. Zum einen helfen die niedrigen Energiepreise, denn hierdurch bleibt beim Endverbraucher mehr im Portemonnaie. Die niedrigen Energiepreise sorgen auch für eine niedrige Inflation und somit für eine entsprechende Geldwertstabilität. Ein weiterer Punkt, der unserer Exportwirtschaft hilft, ist der schwache Euro. Hierdurch haben Produkte aus dem Euroraum im Dollarraum Wettbewerbsvorteile.

Aus diesem Grund hat der internationale Währungsfond in seinem neuesten Weltwirtschaftsausblick seine Wachstumsprognose für die Eurozone in 2015 um 0,3 Prozent auf 1,5 Prozent angehoben. Die Furcht vor einer neuen Rezession ist laut IWF für die Eurozone damit erst einmal verschwunden. Nach den Zahlen des IWF wird Öl im Jahresdurchschnitt 2015 mit knapp 60 Dollar pro Fass rund 40 Prozent billiger sein als im Durchschnitt des Jahres 2014, als der Fasspreis bei 95 Dollar lag. Der Kurs des Euro ist seit Jahresbeginn von 1,21 Dollar auf 1,06 Dollar eingebrochen. Dieser niedrige Dollarkurs soll allen Euroländern helfen, ihren Export zu stärken. In Deutschland wird ein Wachstum von 2 Prozent erwartet. Das stärkste Wirtschaftswachstum in der Eurozone wird zurzeit in Irland mit 3,9 Prozent erwartet.

Andererseits werden auch die Produkte, die die Eurozone aus dem Dollarraum bezieht, und hierzu zählen fast alle Rohstoffe, die auf Dollarbasis bezahlt werden, wie z. B. Rohöl, durch den starken Dollar wieder teurer. Ohne den starken Euroverfall seit Anfang des Jahres wären die Mineralölpreise an den Zapfsäulen oder im Hausbrandgeschäft für den Endverbraucher nochmals 6 Cent pro Liter günstiger. Das heißt, der starke Rohölpreisverfall wurde zum Teil vom schwächeren Euro wieder aufgefangen. Dennoch liegen die Endverbraucherpreise im April 2015 rund 20 Cent pro Liter unter den Vergleichspreisen des Vorjahresmonats. Bei dem durchschnittlichen Heizöljahresverbrauch von 2.000 Liter und einem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von 1.000 Liter je Haushalt und Jahr, bedeutet dies eine Kostenersparnis von 600 € je Haushalt/Jahr.

Eine spannende Frage wird sein, wie die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem besseren Wirtschaftswachstum im Euroraum umgeht. Einerseits könnte es ihr leichter fallen, den umstrittenen Kauf von Wertpapieren in Milliardenhöhe wieder früher einzuschränken, als es angekündigt ist. Denn schließlich scheint die schwache Konjunktur in Europa die Gefahrenzone wieder zu verlassen. Andererseits liegt die prognostizierte Inflationsrate von 0,1 Prozent nach wie vor weit unter der offiziellen Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent. Allerdings gilt es zu bedenken, dass die niedrige Inflationsrate in hohem Maße den niedrigeren Mineralölpreisen geschuldet ist. Da im letzten Tertial 2014 die Mineralölpreise schon auf Talfahrt gingen, dürften folglich ab dem letzten Tertial 2015 die niedrigen Ölpreise die Inflationsrate nicht mehr begünstigen.

Der Internationale Währungsfond kommt zu dem Ergebnis, dass die größten Risiken für die Weltwirtschaft zurzeit aus den Schwellenländern kommen. Brasilien und Argentinien trifft der hohe Dollarkurs besonders schwer. Russlands Wirtschaft schrumpft ebenfalls und leidet unter dem Boykott des Westens, aber auch unter den niedrigen Ölpreisen. In China wächst die Wirtschaft nach wie vor auf einem recht hohen Niveau von knapp 7 Prozent weiter, allerdings nicht mehr so stark wie in der Vergangenheit. Der steigende Dollar bringt viele asiatische Staaten, so der IWF, in Bedrängnis. Diese haben sich massiv im Dollarraum verschuldet, um die dort niedrigen Zinsen zu nutzen. Diese Länder stecken jetzt in einer Wechselkursfalle: Entweder sie geraten unter Aufwertungsdruck oder sie lassen den Kurs ihrer eigenen Währungen sinken und gefährden so die Finanzstabilität, wie der IWF schreibt.

All dies wird auch Auswirkungen auf die Ölmärkte haben. Wenn die Schwellenländer, aber auch ein Land wie China, geringere Wachstumsraten aufweisen, sinkt auch deren Bedarf nach Energie. Aus diesem Grund raten viele Experten, auch die Nachfrageseite nach Energie weiter intensiv zu beobachten. Nur die Anzahl der Ölquellen und die Produktion der Ölländer, das heißt die Angebotsseite, zu beobachten, so die Experten, zeigt nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite bleibt die Nachfrage. Zurzeit werden laut internationaler Energieagentur täglich ca. 1,5 bis 2 Mio. Barrel Rohöl mehr produziert als die Märkte verbrauchen.