Ethanol kein echter Markt
Biosprit aus Mais und Zuckerrohr macht den Biokraftstoffproduzenten in Brasilien und USA zu schaffen
Ethanol aus Biomasse, wie Mais oder Zuckerrohr, gerne als grüner Kraftstoff gese-hen und als Hoffnung gegen den Klimawandel, wird für einige Länder mehr und mehr zum Problem.
Die Ursachen sind jedoch unterschiedlich.
Seit der staatliche, brasilianische Mineralölkonzern Petrobras reichlich neue Ölquel-len und Gas im eigenen Land und vor den heimischen Küsten entdeckt hat, subventioniert der brasilianische Staat die Kraftstoffe an den Tankstellen für die Endverbraucher. Das verbilligte Öl bringt die Ethanol-Produzenten in Brasilien in Schwierigkeiten. Weil Benzin aus Mineralöl jetzt so günstig ist, füllen die Autofahrer mehr und mehr Kraftstoff aus Mineralöl in ihre Tanks und nicht das bisher so beliebte E85, ein Gemisch aus Ethanol und Superbenzin, das zu 85 Prozent Ethanol enthält.
Hierdurch kommen die Ethanol-Produzenten in Brasilien immer mehr unter Druck. Aus diesem Grund will die Regierung die Steuern auf Ethanol ebenfalls senken. Allerdings, so die Ethanol-Produzenten, wird dieser Steuernachlass nicht ausreichen, Ethanol wieder gewinnbringend zu verkaufen. Erst wenn der Kraftstoffpreis für Mineralöle um 15 bis 20 Prozent steigen würde, wäre Ethanol wieder wettbewerbsfähig. Letzteres würde Steuererhöhungen auf Mineralölprodukte erfordern und es ist unwahrscheinlich, dass die Regierung in Brasilien diese vornimmt, weil solche Steuererhöhungen unpopulär sind und zudem die Angst besteht, hierdurch eine höhere Inflationsrate zu bekommen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Ethanolmengen in den Export gehen und zusätzlich auf den Weltmarkt drücken.
In den USA entsteht zurzeit ebenfalls durch den Boom bei Öl aus Schieferschich-ten und Gas aus unkonventionellen Lagerstätten ein immer stärker steigendes Angebot an Mineralölen. Allerdings ist der Mineralölverbrauch in den USA seit 2007 kaum noch gewachsen bzw. zeigt bei den Vergaserkraftstoffen sogar eine fallende Tendenz. Seit 2007 muss dem Benzin in den USA Ethanol beigemischt werden, wenn es in Umlauf gebracht werden soll. Die Mineralölindustrie scheut sich allerdings aus haftungsrechtlichen Gründen (Motorschäden), dem mineralölhaltigen Benzin mehr als 10 Prozent Ethanol beizumischen. Die amerikanische Automobilindustrie hat klar erklärt, dass sie nur für Neuwagen eine Beimischung von bis zu 15 Prozent Ethanol empfiehlt.
Als Ersatz für die Beimischung können die Mineralölfirmen Zertifikate, sogenannte RINs, kaufen. Solche Zertifikate kann jeder, der in den USA Ethanol aus Biomasse erzeugt, ansammeln und verkaufen.
Da die Mineralölunternehmen nicht mehr als 10 Prozent Ethanol beimischen wollen, müssen sie folglich diese Zertifikate kaufen, um genügend Mineralöl in den Handel bringen zu dürfen. Da diese Zertifikate immer knapper werden, haben sich die Preise dafür drastisch verteuert. Forderungen, die Beimischungsquote wieder abzusenken, wurden bisher von der US-Umweltschutzagentur, der EPA, blockiert. Nach Expertenschätzungen wird die Raffinerieindustrie in 2013 rund 7 Milliarden US-Dollar für den Kauf der Zertifikate aufwenden müssen. Letzteres wird sich in entsprechend höheren Benzinpreisen niederschlagen.
Die vorstehenden Beispiele zeigen, dass Bio-Öle weltweit zu einer Spielwiese von Lobbyisten und Politikern geworden sind. Eine klare politische Linie, die sich auch mit der technischen Verträglichkeit der Motoren und den wirtschaftlichen Erfordernissen deckt, ist in diesen regulierten Märkten nicht mehr zu erkennen. Gerade die langfristigen und hohen Investitionen in die Infrastruktur zur Energieerzeugung und Energieverteilung zu amortisieren, erfordert einen verlässlichen Markt und Absatz, der auch ohne staatliche Eingriffe seine Berechtigung hat. Ansonsten sind diese Investitionen immer von der jeweiligen Sicht einer Regierung abhängig.
Im vergangenen Jahrzehnt bestand die Befürchtung, dass der weltweite Energiehunger nicht mit dem Wachstum der Weltwirtschaft Schritt halten würde und folglich fehlende Energie das Weltwirtschaftswachstum einbremst. Manch einer sah schon das Ende des Ölzeitalters. Auch aus ökologischen Überlegungen sollte Energie aus neuen nachwachsenden Stoffen oder Wind, Wasser und Sonne gewonnen werden und wurde bedingungslos von allen politischen Seiten gefördert. Und bei all dem wurde der Eindruck erweckt, dass es sofort los geht und dies alles zum Nulltarif zu haben sei.
Im neuen Jahrzehnt ist festzustellen, dass Energie, ob aus Öl, Gas, Kohle, Atom-kraft, Wind, Wasser, Sonne und Pflanzen, weltweit im Überfluss erzeugt wird. Jetzt steht zu befürchten, dass die durch staatliche Regularien, teils auch durch Subven-tionen verursachten Energieüberschüsse, zu überteuerten Preisen und damit zu Lasten der Endverbraucher und der Wirtschaft abgesetzt werden müssen.
Jetzt mahnen die ersten Experten, dass die Kostenexplosion im Energiesektor, die nicht durch Energieknappheit, sondern durch staatliche Eingriffe erzeugt wurde, das Wirtschaftswachstum und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen in diesen Ländern und in der Folge auch die Weltwirtschaft einbremsen könnte.
Kritische Stimmen fordern ein Ende der staatlichen Eingriffe in diese Märkte und appellieren an die Politik, wahrzunehmen, dass es an der Zeit ist, den Energieüberfluss der einzelnen Rohstoffe sinnvoll und unter ökologischen und marktwirtschaftlichen Preisen zu koordinieren.