Der Wahnsinn kennt kein Ende

Gemäß § 47 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen sind Tankstellen verpflichtet, die jeweils aktuellen Tankstellenpreise an die Markttransparenzstelle zu melden. Dieses Gesetz wurde 2013 geschaffen, weil sich der damalige Wirtschaftsminister Rösler neben seiner persönlichen Wiederwahl mehr Transparenz bei den Tankstellenpreisen erhoffte. Unser Verband, der BFT, hatte damals das Wirtschaftsministerium gewarnt, dass bei völliger Markttransparenz die Preise noch stärker schwanken würden als es bis 2013 der Fall war. Dieses wurde seinerzeit vom Wirtschaftsministerium zurückgewiesen und das Gesetz in Kraft gesetzt. Die heutigen Marktschwankungen sind allen Marktbeobachtern bestens bekannt. Eine hohe Transparenz bei Preisen führt unweigerlich zu einem intensiveren Wettbewerb, der zudem bei einem homogenen Produkt wie Benzin und Diesel nur über den Preis ausgetragen werden kann.

Aber es geht immer noch doller. Wie der Bundesverband freier Tankstellen erfuhr, soll dieses Gesetz 2020 noch verschärft werden. Im Entwurf zu § 47 K, Absatz 2 wurde aufgenommen, dass jede Tankstelle einmal pro Woche neben den Tankstellenpreisen auch die im Laufe einer viertel Stunde abgegebenen Menge melden muss.

Diese Daten sollen dann an das Bundeskartellamt übermittelt werden und nach Aufforderung dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie für statistische Zwecke und zu Evaluierungszwecken, sowie der Monopolkommission für deren Aufgaben zugeleitet werden. Die Meldung muss für jede Tankstelle die im Laufe jeder viertel Stunde abgegebenen Mengen, differenziert nach den jeweiligen Kraftstoffsorten, enthalten.

Bei der Anhörung zu diesem Gesetz im Wirtschaftsministerium bekamen die Vertreter der Mineralölverbände auf die Frage, warum diese Erweiterung jetzt im Gesetz stünde, folgende Antwort: „Im Sommer würden in der Presse immer die hohen Tankstellenpreise thematisiert und deshalb sei dem Minister an diesem Thema gelegen“.

Eine solche Erhebung ist aus folgenden Gründen absoluter Unsinn:

Zum einen werden hier sensible Unternehmensdaten leichtsinnig und quasi ohne Schutz über das Internet an eine Behörde übermittelt. Die Behörde selbst kann und weiß mit diesen Daten nichts anzufangen und soll diese nur für den Fall, dass der Wirtschaftsminister einmal über die hohen Spritpreise im Sommer nachdenkt, diese Daten dann an das Wirtschaftsministerium und an die Monopolkommission übermitteln und diese sollen dann wiederum irgendwelche Berechnungen anstellen. Warum dies nur für unsere Branche gilt, ist absolut nicht nachvollziehbar.

Die Landwirtschaftsministerin Klöckner hatte noch vor kurzem der Lebensmittelbranche vorgeworfen, Lebensmittel unter Erzeugerpreisen zu verkaufen. Bis heute hat kein Politiker gefordert, dass die Lebensmittelbranche ihre Kalkulation oder auch nur die Einstandspreise für Lebensmittel an die Kartellbehörde oder an das Landwirtschaftsministerium übermitteln muss.

Zudem sagen Umsätze im 15-Minutentakt auch mit den dazugehörigen Preisen überhaupt nichts aus. Die Umsätze sind, wie immer im Einzelhandel, erst einmal von der Lage des jeweiligen Standortes geprägt. Natürlich sind in den Abendstunden die Umsätze höher als am Morgen, weil die Kunden gelernt haben, dass dann die Tankstellenpreise am niedrigsten sind. Die großen Speditionen haben in der Regel mit DKV, UTA, Aral und Co. Sondervereinbarungen, die sich nicht unbedingt mit dem Zapfsäulenpreis decken müssen. Die gewerblichen Dieselkunden stehen für 30 bis 40 Prozent des Dieselabsatzes. Deren Tankverhalten muss folglich nichts mit den aktuellen Tankstellenpreisen zu tun haben. Auch können Aktionen der Mineralölgesellschaften mit ihren Rabattkarten Kunden auch außerhalb des Tankstellenpreises im Kaufverhalten beeinflussen.

Wo bleibt der Schutz des Tankstellenunternehmens? Dies gilt für die sensiblen Umsatzdaten, die über das Internet an das Kartellamt geschickt werden müssen. Hier ist der Datendiebstahl schon vorprogrammiert. Hacker werden diese Daten abfischen und Unternehmen damit drohen, diese Daten zu veröffentlichen oder an Wettbewerber zu verkaufen, wenn man ihnen keinen Stillschweigeobolus zahlt.

Ehrlich gesagt, als freier und unabhängiger Unternehmer, der an die Gesetze der sozialen Marktwirtschaft glaubt und diese auch achtet, kann man nur sagen: So ein Wahnsinn!

Nur, weil das Wirtschaftsministerium sich nicht in der Lage sieht, die jedes Jahr im Sommerloch von Journalisten gestellte Frage zu den vermeintlich hohen Tankstellenpreisen zu beantworten, will man tatsächlich einen solchen Daten-Moloch für die Tankstellenbranche schaffen. Man kann nur hoffen, dass die Parlamentarier diesem Vorschlag nicht folgen.
Wir können diese Daten gerne dem Kartellamt schicken, und dies auch jede Woche, für alle 15 Minuten, für jede Tankstelle und für jedes Produkt, aber dann in Papierform. Und bei der ersten Lieferung der Daten spielen wir auch gerne den Boten.