Kommentar

Eine CO2-Steuer, wie sie die Bundesregierung in Schritten plant, ist wenig zielführend. Dies bestätigt zumindest eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Der Grund ist: Die Reaktion der Verbraucher auf diesen Preisanstieg ist begrenzt, da diese erst erfolgen kann, wenn eine Modernisierung des Heizungssystems, die Sanierung des Hauses oder die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs ansteht. Kein Kunde wird ein Fahrzeug oder eine Heizung kaufen, wenn er dies erst vor wenigen Jahren anschaffte.

Zurzeit sieht der Entwurf des Klimakabinetts vor, dass ab 2021 eine CO2-Abgabe in Höhe von 10 Euro je Tonne CO2 zu zahlen wäre. Dies würde den Kraftstoff um 3 Cent je Liter verteuern. Mittlerweile wird allerdings auch von der Regierungskoalition diskutiert, den Einstiegswert auf 20 oder 35 Euro je Tonne zu setzen, was eine Kraftstoffpreiserhöhung von 6 bzw. 10 bis 12 Cent entspräche. Sodann soll die CO2-Steuer weitere 5 Euro je Tonne, und dies wären nochmals 2 Cent je Liter, pro Jahr bis 2026 ansteigen. Nach 2026 soll der Handel mit CO2-Zertifikaten beginnen, der zu einer weiteren erheblichen Verteuerung von Vergaser- und Dieselkraftstoffen führen wird.

Parallel hierzu soll die Kraftfahrzeugsteuer auch am CO2-Ausstoß orientiert werden. Laut ntv würde sich die Kfz-Steuer für Benzin- und Dieselmotoren für Fahrzeuge, die ab 2021 zugelassen werden, mindestens verdoppeln.

Zudem würde eine Verteuerung der Kraftstoffpreise ausschließlich an deutschen Tankstellen bewirken, dass in den Grenzregionen erheblicher Tanktourismus entsteht. Im Transitverkehr würden die Lkws auf die Nachbarländer ausweichen.

Hierbei gilt es, die geographische Lage von Deutschland zu bedenken. Deutschland hat eine Grenze von 3.700 Kilometern. Davon sind 1.200 Kilometer Küstengrenze, die restlichen 2.500 Kilometer grenzen an neun Nachbarländer. Wenn die CO2-Steuer bis 2025 um 12 bis 14 Cent steigt, führt dies dazu, dass in sämtlichen angrenzenden Ländern mindestens ein Produkt (Benzin oder Diesel, in der Regel sogar beide Produkte) günstiger getankt werden könnte als in Deutschland. Massiver Tanktourismus, zumindest in den grenznahen Regionen, auf einer Breite von ca. 50 Kilometer entlang der 2.500 Kilometer-Grenze, wird die Folge sein. Die Länder Tschechien, Polen, Österreich und Luxemburg werden davon am meisten profitieren.

Folgende Zahlen unterstreichen am Beispiel Luxemburg den heute bereits existierenden Tanktourismus. Der Straßenverkehr in Deutschland verursacht aktuell einen Pro-Kopf-Ausstoß von 1,9 Tonnen CO2. In Luxemburg beträgt der Pro-Kopf-Ausstoß des Straßenverkehrs 9,3 Tonnen. Aber er ist nicht so hoch, weil die Luxemburger so viel mehr fahren als wir und so viel größere Autos haben, sondern weil die Tanktouristen aus Belgien, Deutschland und Frankreich in Luxemburg tanken, den Kraftstoff allerdings in ihren Heimatländern verbrauchen. Mit jeder weiteren jährlichen Erhöhung der CO2-Steuer wird es für Menschen, die auch in 60, 70 bis 80 Kilometer Entfernung zur Grenze leben, attraktiv, zum Tanken in unsere Nachbarländer zu fahren.

Der hierdurch erzeugte CO2-Ausstoß, der allein durch die An- und Rückfahrt entsteht, steht diametral zu dem, was die Bundesregierung mit einer CO2-Steuer eigentlich erreichen möchte – dass in Deutschland weniger gefahren wird statt mehr. Touristen, die in der Ferienzeit von Nord- nach Südeuropa bzw. von West- nach Osteuropa oder umgekehrt pendeln, werden mit ihrem verbrauchsarmen Diesel zwar deutsche Straßen nutzen und CO2 in Deutschland ausstoßen, allerdings ihren Tankbedarf im Urlaubs- oder Heimatland decken. Die Lkw-Tanks sind im Fernverkehr in der Regel zwischen 500 und 1.000 Liter groß, dies bedeutet eine Reichweite von 1.500 bis 3.000 Kilometer mit einer Tankfüllung. Lkws, die im Transitverkehr unterwegs sind, werden ausschließlich im Ausland tanken, wenn eine solche CO2-Steuer allein Deutschland trifft.

Aus diesem Grund wäre es wichtig, wenn diese CO2-Steuer dauerhaft in einen CO2-Zertifikatenhandel überführt werden soll, dass dies eine gesamteuropäische Lösung wird. Eine CO2-Steuer als reine deutsche Lösung wird dem CO2-Ausstoß nicht wirklich helfen. Zwar wird der deutsche CO2-Ausstoß rein rechnerisch zurückgehen, allerdings werden unsere Nachbarländer dank des Tanktourismus dafür einen höheren CO2-Verbrauch haben. Ein Ansatz wäre, statt die CO2-Steuer auszubauen, die Mautpflicht zu erweitern. Die Lkws sind heute bereits in der Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen erfasst. Nicht erfasst sind bisher die kleinen 3,5 Tonnen Sprinter, die für Amazon und Co. unterwegs sind und ebenfalls einen erheblichen CO2-Fußabdruck hinterlassen.

Neben Bundesstraßen könnte die Maut auch auf alle Land- und Kreisstraßen erweitert werden. Ob sie sich nur auf den gewerblichen Verkehr erstreckt, oder auch auf alle privaten Verbraucher, wäre politisch abzuwägen. Ein weiterer Vorteil wäre, dass diese CO2-Maut nicht nur die deutschen, sondern alle Autofahrer bezahlen müssten und – wenn sie auch für die deutschen Autofahrer gilt – damit EU-konform wäre.

Zudem könnte man die Pkws in CO2-Klassen clustern. Je mehr CO2 ein Pkw, zum Beispiel ein SUV, ausstößt, desto mehr Maut zahlt er. Im Gegenzug könnte der Gesetzgeber dann Pendler oder einkommensschwache Zielgruppen über eine Kopfpauschale oder Anhebung der Pendlerpauschalen entlasten.

Über eine CO2-Maut, zumindest im gewerblichen Transportsektor nachzudenken, wäre ein weiterer Ansatz, um den CO2-Ausstoß im Verkehr verursachergerecht weiter zu belasten. Auch der Internethandel, der mit seinen vielen Auslieferungen von Paketen den CO2-Ausstoß belastet, würde in ein solches System einbezogen.