Automobilindustrie will mit Hilfe der Firmenfahrzeuge die E-Mobilität beschleunigen

Die EU-Kommission berät zurzeit über die neuen CO2-Werte, die nach 2030 gelten sollen. Der Umweltausschuss der EU fordert für 2030 62 Gramm CO2 pro Kilometer, während die EU-Kommission 67 Gramm vorgeschlagen hat. Der Vorschlag der EU-Kommission würde dazu führen, dass der Flottenverbrauch im Jahr 2030 für einen Diesel bei 2,5 Liter bzw. für einen Benziner bei 2,9 Liter läge. Der Vorschlag des EU-Umweltausschusses würde einen Flottenverbrauch für den Diesel von 2,3 Liter und für den Benziner von 2,6 Liter bedeuten. Deutschland hat sich in dieser Frage im September 2018 hinter die Forderung der EU Kommission gestellt und nicht hinter die Forderungen des EU-Umweltausschusses. Für 2025 werden 76 Gramm CO2-Ausstoß von dem Umweltausschuss der EU als Richtwert der Kommission vorgeschlagen. Die Kommission wollte einen Wert von 80 Gramm.

Bevor man sich die zukünftigen Werte näher ansieht, sollte man erst einmal einen Blick in die Vergangenheit werfen. 2009 wurden in der EU neue CO2-Werte vereinbart, die bis 2015 auf 130 Gramm CO2-Verbrauch pro Kilometer reduziert werden sollten. Dieser Wert wurde von den Herstellern auch erreicht. 2014 wurde ein neuer Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer von der EU festgelegt, der bis Ende 2021 zu erreichen ist. Bei der Berechnung der CO2-Werte werden allerdings die Gewichtsklassen, die die Fahrzeughersteller auf den Markt bringen, mit in die Berechnung einbezogen. Für Elektroautos bzw. Hybridautos werden sogenannte Supercredits angerechnet. Das heißt, E-Autos werden bis 2023 mit einem mehrfachen Wert bewertet, wobei der Multiplikator jährlich abnimmt. Ab 2024 müssen 95 Gramm CO2 pro Kilometer ohne Supercredits erreicht werden. Aktuell sieht der Vorschlag des EU-Umweltausschusses vor, nach 2025 76 Gramm CO2 pro Kilometer von der Automobilwirtschaft zu fordern.

In 2017 lag der CO2-Wert aller neu zugelassenen Pkws in Deutschland bei 127,9 Gramm CO2 pro Kilometer. Zudem wurde ab dem 1. September 2018 das Messverfahren geändert, sodass diese Werte wahrscheinlich nochmals steigen werden. Bis zum 31.08.2018 wurden die CO2-Werte auf alter NEFZ-Basis ermittelt. Der neuste Vorschlag des Umweltausschusses der EU-Kommission sieht weiterhin vor, dass das seit dem 1. September 2018 geltende WLTP-Verfahren durch CO2-Emissionsmessungen im realen Fahrbetrieb in 2025 abgelöst wird. Diese neuen Berechnungsmethoden verschärfen nochmals die Anforderungen an den CO2-Ausstoß. Kritische Stimmen haben bereits angemerkt, dass die Politik aufpassen muss, nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch deren Kunden, zu überfordern. Hohe Grenzwerte machen die Fahrzeuge immer teurer und für manchen Kunden unbezahlbar. Vorgegebene Grenzwerte sollten auch erreichbar sein und nicht nur zu Strafzahlungen führen.

Im Durchschnitt verbrauchten die in 2017 neu zugelassenen Fahrzeuge 5,6 Liter Benzin bzw. 4,9 Liter Diesel. Der CO2-Verbrauch in der Flotte stellte sich im Zeitraum der letzten drei Jahre wie folgt dar: 2015 125,5 Gramm pro Kilometer, 2016 127,4 Gramm pro Kilometer, 2017 127,9 Gramm pro Kilometer und 2018 wird es auf einem ähnlichen Niveau von 127-128 Gramm bleiben. Somit sind diese Werte noch weit von dem Ziel 95 Gramm pro Kilometer entfernt.

Das Problem ist, dass die Kunden etwas anderes kauften als es die Politiker erwarteten, als sie die jeweiligen CO2-Vorgaben machten. SUVs und Geländewagen spielten damals noch keine bedeutende Rolle. Auch hat das Segment der Mittelklassefahrzeuge und der Großraum-Vans in den vergangenen Jahren bei den Kunden an Beliebtheit gewonnen und die Kleinwagen hinter sich gelassen. Die PS-Wünsche stiegen ebenfalls weiter und natürlich sollte das Auto eine Klimaanlage haben.

Hierzu noch folgende Zahlen: Die in 2017 zugelassenen Sportwagen verursachten 196,7 Gramm pro Kilometer an CO2-Ausstoß. Die Oberklassenfahrzeuge kamen auf 162,5 Gramm pro Kilometer, die Geländewagen auf 129,2 Gramm pro Kilometer und die Kompaktklasse auf 117,7 Gramm pro Kilometer, während die Kleinwagen bei 109,1 Gramm lagen. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen der deutschen Neuzulassungen in 2017 lagen 7,6 Gramm pro Kilometer über dem europäischen Durchschnitt. Daran sieht man, dass die Deutschen größere Autos bevorzugen, während der Rest Europas auf kleinere Fahrzeuge setzt. Schreibt man die jährliche CO2-Minderung, die in den letzten fünf Jahren mit durchschnittlich 2 Prozent erzielt wurde, bis 2021 fort, so würde die deutsche Neuwagenflotte 2021 118 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen und damit das Ziel von 95 Gramm verfehlen. Dies entspräche einem Verbrauch von 5 Liter Benzin und 4,5 Liter Diesel bezogen auf die Neuzulassungen in 2021.

Wenn es bei dem heutigen CO2-Ausstoß der Neuzulassungen bliebe, kämen auf den VW Konzern jährliche Strafzahlungen von 4 Milliarden Euro und auf BMW und Daimler Strafzahlungen von jeweils 1 Milliarde Euro, zu.

Diesen Strafzahlungen können sich die Automobilhersteller durch die sogenannten Supercredits entziehen. Mercedes müsste 2022 rund 101.000, VW 347.000 und BMW 93.000 Elektroautos auf die Straße bringen, um diese Strafzahlungen zu vermeiden, so Professor Dudenhöffer vom CAR-Institut. Da jedes E-Auto den Unternehmen rund 11.000 Euro an Strafzahlungen erspart, werden die Hersteller die Fahrzeuge letztlich subventionieren, um die oben genannten Strafzahlungen zu vermeiden. Da die Dieselfahrzeuge weniger CO2 ausstoßen als die Benziner, ist die Umkehrung des Trends „weg vom Diesel, hin zum Benziner“ für die Automobilindustrie von großem Nachteil. Hier hat sie sich mit der Trickserei ein klassisches Eigentor geschossen.

Die Kfz-Hersteller sind in hohem Maße nervös und fragen sich, ob ihre E-Fahrzeug-Offensive inklusive Hybridfahrzeuge von den Kunden nach 2021 auch tatsächlich angenommen wird. Wenn der Kunde weiterhin seine Benzin- und Dieselfahrzeuge kauft, könnte es dennoch zu Strafzahlungen kommen. Aus diesem Grund fordert die Automobilindustrie die Politik auf, Firmenfahrzeuge, die mit E-Motoren ausgestattet sind, steuerlich zu begünstigen. Den größten Marktanteil beim Jahresabsatz der Pkws bilden Firmenfahrzeuge und somit könnten diese für die Automobilindustrie zur Rettung werden. Auch die eigenen Carsharing Unternehmen, an denen die Hersteller beteiligt sind, könnten ein Ventil sein, um E-Fahrzeuge in die Zulassungszahlen zu bringen und somit an die Supercredits zu kommen. Daimler will den Smart komplett elektrifizieren und BMW den Mini. Daimler und BMW haben mit diesen Fahrzeugen noch nie Geld verdient. Diese Kleinfahrzeuge wurden stets vorgehalten, um den Flottenverbrauch zu drücken und in Zukunft bei der Mehrfachanrechnung der Supercredits besser dazustehen. Smart und Mini könnten in das Carsharingprogramm dieser Hersteller gehen. Dies ist auch der Hauptgrund, warum Porsche so massiv darauf hinarbeitet, spätestens ab 2020 einen reinen Elektrosportwagen anzubieten. Ein solches Auto jenseits der 100.000 Euro sollte wohl auch seine Käufer finden. Der e-tron von Audi, der iNext von BMW und der EQC von Daimler, die alle zwischen 2019-2021 vollelektrisch an den Start gehen, sollen den Herstellern die nötigen Supercredits bringen, um den CO2-Wert von 95 Gramm pro Kilometer zu erreichen.

Für die Automobilindustrie ist die Ausgangssituation äußerst schwierig. Die Politik zwingt sie, auf eine Technik zu setzen, die noch nicht die endgültige Marktreife erlangt hat. Die Lithium-Ionen-Batterie ist eine Übergangstechnik, die, so die Hoffnung der Automobilindustrie, spätestens 2025 durch die Feststoffbatterie abgelöst wird. Den Nachteil hat der Automobilkäufer, denn er kauft mit der Lithium-Ionen-Batterie eine Technik, die bereits nach 2025 veraltet ist und somit den Wiederverkaufswert seines Fahrzeuges entsprechend beeinflusst. Auf der anderen Seite sind die Elektrofahrzeuge auch als Firmenfahrzeuge nur bedingt einsetzbar, denn zurzeit geben die Hersteller auf die Batterie nur eine Garantie bis zu 100.000 Kilometern. Firmenfahrzeuge werden entsprechend stark genutzt und eine Garantie für nur 100.000 Kilometer wird viele Fuhrparkunternehmer abschrecken, auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Auch der Ersatz der Batterie wird sehr teuer und eine alte Batterie mindert den Wiederverkaufswert.

Die Automobilindustrie fordert, dass auch CO2 freie Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels in die Anrechnung der CO2 Werte ab 2025 einbezogen werden dürfen. Bisher werden die durch E-Fuels möglichen CO2 Einsparungen bei den Treibhausgasemissionen nicht auf die Flottenemissionen der Kfz-Hersteller angerechnet. Autohersteller wie Audi, Zulieferer wie Bosch, Schäffler und Siemens und der BDI (Bundesverband der Industrie) fordern eine Anrechnung der E-Fuels. Auch die Landwirtschaftsminister von mehreren Bundesländern setzen sich für die Anrechnung der E-Fuels ein.

Wir wiederholen die Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Daimler Benz AG Dieter Zetsche, dass das „Hin zur E-Mobilität kein Sprint, sondern ein Marathonlauf ist.“ Leider glaubt die Politik zurzeit, dies sei nur ein Sprint und unterschätzt die Herausforderungen, die mit dem Antriebswechsel auf allen Ebenen, ob bei der Automobil- oder der Batterietechnik sowie der Stromerzeugung verbunden sind.