2024 hat der Bundesrechnungshof die Energiewende der Bundesregierung gerügt

Das Urteil des Bundesrechnungshofs Präsidenten Kay Scheller fiel vernichtend aus: „Die sichere Versorgung ist gefährdet, der Strom ist teuer, während die Bundesregierung die Auswirkung der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten kann.“ Der Bundesrechnungshof kritisiert, die Regierung zeichne kein ehrliches Bild der Versorgungssicherheit und betreibe ein wirklichkeitsfremdes Monitoring.

Die Bundesnetzagentur nähme in ihrem jüngsten Monitoringbericht für die Jahre 2025 bis 2031 lediglich ein Best Case Szenario an. Grundlage für dieses Szenario sei, dass die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien wie geplant erreicht würden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien hinke aber den Zielen hinterher und der Ausbau der Stromnetze schreite nicht planmäßig voran. Das von der Bundesnetzagentur angenommene Szenario sei somit sehr unwahrscheinlich. „Somit nimmt das Bundeswirtschaftsministerium hin, dass Gefahren für die sichere Versorgung mit Strom nicht rechtzeitig sichtbar und dass Handlungsbedarf zu spät erkannt werden“, kritisierte der Leiter des Bundesrechnungshofs.

Für unzureichend hält der Rechnungshof den geplanten Aufbau von Backup-Kapazitäten. Diese sollen künftig immer dann zum Einsatz kommen, wenn die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen den Bedarf nicht decken kann. Die Bundesregierung hatte sich vor einem Monat auf einen Kompromiss beim Bau der Backup-Kapazitäten verständigt. Zunächst sollen Gaskraftwerke mit einer Gesamtkapazität von bis zu 10 Gigawatt (GW) ausgeschrieben werden, hatten Kanzleramt, Wirtschafts- und Finanzministerium Anfang Februar mitgeteilt. Nach Angaben aus Regierungskreisen sollen die ersten Ausschreibungen im zweiten Halbjahr 2024 erfolgen, wie NTV berichtete. Der Bundesrechnungshof monierte, dass das Volumen der Backup-Kraftwerke mit 10 GW hinter dem zuvor immer wieder genannten Wert von 25 GW zurückbliebe. 10 GW Gasreserve würden für eine sichere Stromversorgung nicht ausreichen. Zudem sei die Ausgestaltung des Kapazitätsmechanismus noch offen. Es sei nicht sichergestellt, dass die erforderlichen Backup-Kapazitäten rechtzeitig verfügbar sind, so der Bundesrechnungshof weiter.

Hohe Strompreise seien zudem ein erhebliches Risiko für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Preise für Strom sind in den vergangenen Jahren in Deutschland kontinuierlich gestiegen und gehören zu den höchsten in Europa. Hohe Strompreise werden gerade seitens der Industrie immer wieder als eines der Haupthindernisse für Investitionen genannt. Der Rechnungshof schreibt, dass weitere Preissteigerungen absehbar seien, etwa wegen der massiven Investitionskosten in Höhe von 460 Milliarden Euro, die allein bis 2045 für den Netzausbau anfielen. Der Vorwurf des Bundesrechnungshofs: „Das Bundeswirtschaftsministerium berücksichtigt diese Systemkosten bisher nicht bei seiner Darstellung der Kosten für den Strom aus erneuerbaren Energien.“

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Eine Woche später präsentierte Bundeswirtschaftsminister Habeck Zahlen aus dem Bundesumweltamt gemeinsam mit dem Behördenchef im Rahmen einer Pressekonferenz. „Zu Beginn der Legislaturperiode gingen wir 2030 noch von 1.100 Millionen Tonnen THG zu viel aus. Jetzt sehen wir in unseren Projektionen für 2030, dass diese Lücke geschlossen werden wird, wenn wir weiter so ambitioniert am Klimaschutz arbeiten“, so der Behördenchef. „Wir werden sehen, dass wir die Klimaziele bis 2030 erreichen können und wir müssen jetzt anfangen, die Emissionen besonders im Verkehrs- und Gebäudebereich signifikant zu reduzieren. Die Projektionsdaten zeigen, so das Umweltbundesamt weiter, dass 2030 das Ziel erreicht wird, eine CO2-Minderung von 65 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen.“ Wie schon eingangs gesagt, der eine sieht es so, der andere so.