Viele Prozesse der Industrie lassen sich mittels Stroms aus erneuerbaren Quellen nicht oder nur mit extrem hohem Aufwand darstellen. Aus diesem Grund könnte Wasserstoff in der Industrie, im Schwerlast-, Flug- und Schiffsverkehr, aber auch im Wärmesektor oder als Medium zur Speicherung oder zum Transport von Strom aus erneuerbaren Quellen eine wichtige Rolle spielen. Allerdings müssen dafür erst einmal die Produktionskapazitäten und die Infrastruktur geschaffen werden. Laut einer Studie, haben mittlerweile bereits 20 Staaten eine eigene Wasserstoffstrategie beschlossen oder befinden sich diesbezüglich zumindest in der Planung. Die Studie des Weltenergierats prognostiziert für 2050 einen globalen Wasserstoffbedarf von bis zu 9.000 Terawattstunden (TWh) jährlich. Dies entspricht 270 Millionen Tonnen Wasserstoff, was in etwa die Menge an globaler Primärenergie ist, die gegenwärtig insgesamt durch die erneuerbaren Energien weltweit gedeckt wird.
Mit dem von der Bundesregierung bis 2030 angestrebten Elektrolysekapazitäten von fünf Gigawatt (GW), lassen sich nach Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey im Auftrag des Handelsblatts nur 450.000 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr herstellen. Damit wiederum ließe sich, so rechnet McKinsey vor, klimaneutraler Stahl für den Bau von 1,7 Millionen Autos produzieren. Zusätzlich könnten 8.500 Brennstoffzellen-Lkws betrieben werden, 500.000 Wohnungen beheizt, 20 Prozent des in Deutschland eingesetzten Kunstdüngers hergestellt und 3,3 Millionen Passagiere mit klimaneutralem Kerosin von Köln nach Mallorca und zurück fliegen.
Eine komplette Dekarbonisierung der Industrie und des Verkehrssektors wäre mit der Menge nicht möglich. Allein um sämtliche Lkws in Deutschland ab 20 Tonnen Gesamtgewicht komplett auf Brennstoffzellen-Betrieb umzustellen, müssten laut McKinsey 17 GW Elektrolyseleistung installiert werden. Um die gesamte deutsche Stahlproduktion mittels grünen Wasserstoffes zu dekarbonisieren, wären den McKinsey-Berechnungen zufolge weitere 23 GW Elektrolysekapazität erforderlich. Die Dekarbonisierung der Chemie und anderer energieintensiver Industrien, ist in diesen Zahlen noch nicht einmal enthalten.
Ein rein nationales Wasserstoffprodukt erscheint angesichts der erforderlichen Größenordnungen völlig ausgeschlossen, so das Handelsblatt. Grüner Wasserstoff wirtschaftlich in Deutschland herzustellen, wird ohne Subventionen nicht funktionieren. Auch die Studie des Weltenergierates geht davon aus, dass Staaten mit hohem Energieverbrauch, wie Deutschland, Japan und Südkorea ihren Wasserstoffbedarf hauptsächlich durch Importe decken werden.