Der Zuwachs an erneuerbarer Energie reicht nicht aus

Viele Industrieunternehmen, unter anderem die Chemische Industrie, haben angekündigt, in den nächsten 10 bis 20 Jahren weitestgehend klimaneutral zu wirtschaften. Bisher wurden die großen energieintensiven Produktionsanlagen in der Chemie mit Erdgas betrieben. Die Umstellung auf Strom ist allerdings eine große Herausforderung, da erhebliche Mengen an Strom erzeugt werden müssen, damit die Chemische Industrie aus erneuerbaren Quellen versorgt werden kann. Gleichzeitig soll der Straßenverkehr weiter elektrifiziert werden. Auch Wohnungen sollen über Erdwärmepumpen, die einen entsprechenden Strombedarf haben, versorgt werden.

Darüber hinaus braucht die Stahlindustrie erhebliche Mengen an Wasserstoff, der ebenfalls aus Wind- oder Solarenergie erzeugt werden soll, um die Kohleöfen zu ersetzen. Das Energiewissenschaftliche Institut der Universität in Köln hat diesbezüglich entsprechende Berechnungen angestellt und kam zu folgendem Ergebnis: Deutschland wird das Ziel von 65 Prozent erneuerbarer Energien im Strommix bis zum Jahr 2030 deutlich verfehlen. Der Ausbau von Wind- und Solarstrom wird mit dem Verbrauch nicht mithalten können, so das Institut im Handelsblatt.

Die Experten des EWI schätzen den Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 auf bis zu 748 Terrawattstunden (TWh). Dies entspricht einer Steigerung von fast 26 Prozent gegenüber 2019. Interessanterweise kalkuliert die Bundesregierung damit, dass bis zum Jahr 2030 der Strombedarf sogar um 4,5 Prozent auf 590 TWh sinkt.

Die EWI-Analyse zeigt auf, dass der Verkehr den Stromverbrauch bis 2030 um 64 TWh nach oben treibt, wenn gemäß Klimapaket der Regierung 7 bis 10 Millionen Pkws als Stromer unterwegs sind. In Gebäuden wird der Bedarf um 17 TWh steigen und in der Industrie wird der Stromverbrauch wohl zwar effizienter und hierdurch um 15 TWh sinken, allerdings werden die Unternehmen ihre CO2-Emissionen zu einem großen Teil durch den Einsatz von grünem Wasserstoff drücken – und dessen Herstellung ist stromintensiv.

Das EWI kalkuliert deshalb mit einem Anstieg des Strombedarfs für 55 TWh durch die Elektrolyse der Herstellung von Wasserstoff. Der Experte für regenerative Energien Volker Quaschning wies im Deutschlandfunk auf folgende Problematik hin: „Wasserstoff ist ein klimaneutraler Energieträger, wenn ich ihn verbrenne. Aber, dieser Wasserstoff kommt auf der Erde nicht vor und ich muss ihn herstellen. Momentan macht man das aus Erdgas. Das heißt, man reformiert Erdgas und dann habe ich klimatechnisch überhaupt nichts gewonnen. Man kann Wasserstoff auch aus erneuerbaren Energien herstellen. Das ist momentan noch relativ teuer.“ Was beim Wasserstoff folglich übersehen wird, ist, dass dieser nur dann klimaneutral ist, wenn er aus erneuerbaren Energien hergestellt wird.

Ein Kernproblem von grünem Wasserstoff sind die Kosten. Grauer Wasserstoff (aus Erdgas) kostet im Schnitt ein bis zwei US-Dollar pro Kilogramm. Bei grünem Wasserstoff sind es zurzeit zehn US-Dollar. Zudem weist eine Studie von Brainpool im Auftrag von Greenpeace darauf hin, dass insgesamt 107 Gigawatt an Elektrolyseleistung bis 2035 entstehen müssten, um Deutschland mit ausreichend grünem Wasserstoff zu versorgen. So viel Ökostrom kann Deutschland alleine nie produzieren. Knapp 80 Prozent des grünen Wasserstoffs müssten importiert werden, so die Analysten im Handelsblatt.

Nach diesen Berechnungen des EWI wird Deutschland 2030 nur 46 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken und damit das Ziel deutlich verfehlen. Wenn die E-Fahrzeuge nicht dauerhaft durch erneuerbaren Strom angetrieben werden, bringen sie dem Klima nichts. So werden 2030 54 Prozent des dann benötigten Strombedarfs aus fossiler Energie, wie Kohle und Gas erzeugt werden.