Das Sommerthema in Großstädten waren die E-Scooter

Der Bundesverkehrsminister hatte die Tretroller im Juni 2019 als eine echte zusätzliche Alternative zum Auto angepriesen. Pendler, so der CSU-Minister, könnten nun die letzte Meile von der Bushaltestelle zum Büro und zum nächsten Termin umweltfreundlich zurücklegen

Wer in den letzten Wochen in einer der Großstädte Deutschlands unterwegs war, konnte jedoch etwas anderes feststellen. E-Scooter werden hauptsächlich als Freizeitvergnügen und von Touristen genutzt. Es wird schon kritisch hinterfragt, welcher der E-Scooter-Anbieter bis Jahresende wirtschaftlich überleben wird.

Die auf Mobilitätsthemen spezialisierte Hamburger Beratungsfirma Civity hat von den vier, schon von Beginn an in Deutschland aktiven Anbietern Lime, Circ, Tier und Voi die Bewegungs- und Nutzungsdaten ihrer E-Scooter-Flotte in der ersten Juliwoche ausgewertet. Laut Handelsblatt zeigt sich folgendes Ergebnis: Elektroroller sind vorerst ein Freizeitgefährt und keine Alternative zum Auto oder Nahverkehr. Legen Pendler durchschnittlich 3,4 bis 5,4 Kilometer mit einem Leihfahrrad, der Straßenbahn oder dem Bus zurück, so fahren sie mit dem Tretroller nur 1,9 Kilometer. Das entspricht zwar in etwa der vom Verkehrsminister propagierten letzten Meile, doch die Studie urteilt: „Gut sichtbar ist der Schwerpunkt der Nutzung am Wochenende und in den späteren Tagesstunden.“ E-Scooter sind also bisher mehr Vergnügen als eine wirkliche Mobilitätsergänzung, so das Handelsblatt. Zudem profitierten die Großstädte vom Sommerwetter und den Touristenströmen.

Je mehr Roller unterwegs sind, desto schwieriger wird das Geschäft für die Anbieter, so Civity. „Das Einsammeln, Laden und Verteilen verursacht hohe Kosten. Ob der Tausch der Akkus diese Kosten massiv senken wird, bezweifeln wir, weil der logistische Aufwand nicht weniger wird“, so Herr Brockmeyer von Civity zum Handelsblatt. Es bleibt auch abzuwarten, wie lange die Lebensdauer eines solchen Rollers ist. Der Rollerverleiher Bird geht von 18 Monaten Haltbarkeit aus. Mit einem Akku schafft der Kunde eine Strecke von 50 Kilometer. Über eine Smartphone-App kann man sich bei dem jeweiligen Verleiher anmelden und über Paypal wird nach beendeter Fahrt abgerechnet.

Allerdings reißen die Klagen über die Rollerfahrer in den Städten nicht ab. Zum einen sind es Klagen über die überall herumliegende Scooter und unbrauchbare Fahrzeuge mangels Akkuladung und zum anderen Auseinandersetzungen mit Fußgängern auf den Gehwegen bzw. mit Autofahrern auf den Straßen. Insgesamt versuchen die Anbieter dieser Fahrzeuge, aber auch die Polizei, die Nutzer der E-Scooter zu einem rücksichtsvollen Fahren anzuleiten. In Berlin ist zudem angedacht, dass künftig keine Roller mehr auf den Gehwegen abgestellt werden dürfen, sondern in 2020 eigene Parkzonen für Roller am Straßenrand ausgewiesen werden.

Eine Studie der Firma BCG kam auch zu dem Ergebnis, dass ein E-Scooter täglich fünfmal von Kunden genutzt werden muss, damit er sich nach vier Monaten für den Anbieter rechnet. Allerdings beträgt die durchschnittliche Lebensdauer eines kommerziell genutzten E-Tretrollers laut dieser Studie bislang nur knapp drei Monate.

Nach Untersuchungen werden die E-Roller hierzulande zwar täglich vier- bis achtmal ausgeliehen, wie erfolgreich dies allerdings ist, lässt sich auf Basis der bisher bekannten Zahlen nicht klären. Um für Investoren attraktiv zu bleiben, müssen E-Scooter-Anbieter ein profitableres Geschäftsmodell mit langlebigen Rollern entwickeln, so die BCG-Studie.