Wie sieht der Hochlauf der Elektrifizierung bei den einzelnen Herstellern aus?

In 2020 werden verschiedene Hersteller wie VW, Audi, Porsche, BMW und Mercedes mit dem Verkauf des einen oder anderen Elektrofahrzeuges beginnen. Viele dieser Autos liegen im Hochpreissegment.

Bis 2025 soll die Elektrifizierung wie folgt vonstattengehen: Volkswagen will bis 2025 50 neue E-Modelle anbieten, davon 30 Plug-in-Hybride. BMW will bis 2023 25 Elektrofahrzeuge, davon 12 reine Elektrofahrzeuge, im Sortiment haben. Mercedes plant bis 2025 10 rein elektrische Fahrzeuge, davon 3 Smart und eine Vielzahl an Hybriden. PSA will bis 2025 27 Elektromodelle anbieten, wobei offen bleibt, ob dies Plug-in-Hybride oder rein elektrische Fahrzeuge sein werden. Ford plant erst einmal überwiegend mit reinen Hybrid-Modellen. Renault will bis 2022 8 reine Elektrofahrzeuge und weitere 12 Plug-in-Hybride in den Markt bringen.

Durch die Aufmischung des Sortiments wollen die Kfz-Hersteller vermeiden, dass sie Strafzahlungen für die Verbrennungsmotoren leisten müssen. Die Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride werden in den ersten Jahren mit einem höheren Faktor angerechnet und helfen den CO2-Ausstoß der jeweiligen Fahrzeugflotte der Hersteller entsprechend zu reduzieren.

Von den Zielsetzungen her gibt es folgende Aussagen: VW plant bis 2025 20 bis 25 Prozent aller VWs als elektrische Fahrzeuge inklusive Plug-in in den Markt zu bringen. BMW spricht von 15 bis 25 Prozent und Mercedes von größer 10 Prozent. Wenn man sich diese Daten ansieht, hält sich der Markthochlauf insbesondere für vollelektrische Fahrzeuge in den nächsten fünf Jahren in Grenzen. Diese Daten sind der aktuellen CAM-Studie von Professor Bratzel zu entnehmen. Zwischen 2022 und 2025 wird das Modellangebot an E-Fahrzeugen und Plug-in-Hybriden wesentlich breiter.

Professor Bratzel hat in seiner neuen Studie auch einmal errechnet, wie sich das Szenario an Elektrofahrzeugen bis 2030 entwickeln könnte, unter der Annahme, dass die Kosten der Batterien so weit sinken, dass ab Mitte 2025 E-Autos im Preis mit den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor mithalten können und diese Fahrzeuge unter realen Bedingungen eine Reichweite von 600 Kilometer erlangen. Des Weiteren wurde unterstellt, dass bis zum Jahr 2030 750.000 öffentliche bzw. halböffentliche Ladepunkte und ca. 75.000 Schnellladepunkte für Fahrzeuge, die weitere Strecken zurücklegen müssen, zur Verfügung stehen.

In der neusten Studie kommt Herr Professor Bratzel, sofern seine Annahmen bezüglich Reichweite und sinkender Batteriekosten zutreffen, zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2030 54 Prozent der Neuzulassungen – dies wären 1,9 Millionen Fahrzeuge – E-Pkws sein könnten. 1,6 Millionen Neuzulassungen würden auch im Jahr 2030 noch auf den Verbrennungsmotor entfallen. Von den 1,9 Millionen Elektrofahrzeugen wären 1,7 Millionen rein elektrisch und weitere 0,2 Millionen Plug-in-Hybride.

Was hieße dies für den Fahrzeugbestand in 2030? Von den 47 Millionen Pkws im Jahr 2030 würden rund 12 Millionen auf E-Autos inklusive Plug-in entfallen. Das heißt, 75 Prozent der Pkws wären Verbrennungsmotoren und 25 Prozent Elektro- und Plug-in-Hybride. Diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf den Pkw-Markt und sind unter sehr positiven Annahmen getroffen worden. Zu den Entwicklungen im Lkw-Bereich gibt es zurzeit keine Aussagen. Die Batterien sind für Lkws nach wie vor zu schwer und verringern somit die zu transportierende Nutzlast. Ob sich die Reichweite der Batterie auch für Pkws auf 600 Kilometer bringen lässt, gilt es auch weiter kritisch zu hinterfragen. Der neue Taycan von Porsche wurde mit 450 bzw. 400 Kilometer Reichweite angekündigt und zeigte in einem Praxistest eine Reichweite von 300 Kilometer. Das gleiche gilt für den e-Tron von Audi, der in der Praxis ebenfalls eher bei 300 statt den angekündigten 400 Kilometern Reichweite laut WLTP liegt. Ob solche Werte mit der Lithium-Ionen-Batterie zu erreichen sind, bleibt zu hinterfragen. Die Feststoffbatterie ist nach wie vor keine ausgereifte Technik, auch wenn verschiedene Hersteller hoffen, diese bis 2025 zur Marktreife zu bringen. Wenn ein Produkt marktreif ist, ist es jedoch noch nicht in die komplexe Automobilproduktion integriert und dies dauert erfahrungsgemäß weitere drei bis vier Jahre.

Die Automobilindustrie bleibt daher bei der E-Mobilität weiterhin sehr vorsichtig, denn wenn der Kunde die Fahrzeuge nicht annimmt, kann die E-Mobilität rasch zu einem Milliardengrab werden, wie BMW mit dem iNext schmerzvoll erfahren hat.

Hinzu kommt, dass die Automobilindustrie zurzeit darunter leidet, dass einige wichtige Märkte, insbesondere China in den vergangenen beiden Jahren einen drastischen Einbruch bei den Neuzulassungen erlebten. Die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China hinterlassen ihre Spuren. Der Brexit verunsicherte den britischen Markt und führte auch hier zu Einbrüchen. Zulieferer wie Continental, Bosch und ZF leiden hierunter und reagieren mit Personalabbau. Die Ergebnisse in der Automobilindustrie sinken und gleichzeitig müssen diese Unternehmen erhebliche Gelder in die Verbesserung der nach wie vor nicht ausgereiften E-Mobilität investieren.

Die Ziele und damit der Entwicklungs- und Forschungsaufwand im Bereich des autonomen Fahrens wurden von der Mehrzahl der Konzerne bereits reduziert bzw. in gemeinsamen Entwicklungsunternehmen gebündelt. Auch in den nächsten Jahren ist nicht in Sicht, dass sich der Weltmarkt im Automobilabsatz kurzfristig erholt. Für die Automobilkonzerne bleibt es eine Gratwanderung bei geschwächter finanzieller Kraft, die immensen Aufwendungen der E-Mobilität, die politisch gefordert wird, zu erreichen.