Die Entwicklung der E-Mobilität bis 2030 für Pkws aus Sichten der Regierung
Ein Bericht der Bundesregierung beschäftigt sich mit der Frage, wie die E-Mobilität vorankommen muss, damit es im Jahr 2030 weniger CO2-Ausstoß im Straßenverkehr gibt. Demnach müssten 2030 ein Drittel der Fahrzeuge in Deutschland, das heißt insgesamt 14 Millionen Fahrzeuge, vollelektrisch fahren. Um dies zu erreichen, müssten allerdings bereits in vier Jahren, das heißt bis 2025, etwa zwei Millionen E-Fahrzeuge pro Jahr neu zugelassen werden. Dies entspräche im Jahr 2030 einer Neuzulassungsquote von E-Fahrzeugen von 61 Prozent. Die Arbeitsgruppe, die zu diesem Ergebnis kam, besteht aus Vertretern von Unternehmen, Wirtschaftsverbänden, Umwelt- und Verbraucherorganisationen sowie Wissenschaftlern.
Ziel der Bundesregierung ist es, dass der Verkehrssektor statt der heutigen 146 Millionen Tonnen CO2, im Jahr 2030 nur noch 85 Millionen Tonnen CO2 ausstößt. Nach Berechnungen dieses Gremiums, müsste sich die E-Mobilität in den nächsten Jahren bei jährlichen Pkw-Neuzulassungen von drei Millionen Einheiten wie folgt entwickeln:
Das heißt, wir hätten im Jahr 2030, bei einem Fahrzeugbestand von 47 bis 48 Millionen Pkws, 5 Millionen Plug-In plus 12,5 Millionen Vollelektrische = Gesamt 17,5 Millionen E-Fahrzeuge und folglich noch 30 Millionen reine Verbrenner.
Diese vollelektrischen Fahrzeuge würden rund 22 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Dann fehlen aber immer noch 61 Millionen Tonnen. Beim Lkw-Sektor sollen weitere 16,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, wobei sich das Gremium auf die Technologie nicht festlegen will. Es können batterieelektrische Fahrzeuge, Lkws mit Wasserstoff-/Brennstoffzelle oder sogar Strom-Lkws mit Oberleitung sein. Das Ziel: 2030 soll ein Drittel der Lkw-Fahrten elektrisch zurückgelegt werden.
Weiterhin kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass, wenn mehr Gütertransport von der Straße auf die Bahn verlagert würde und dies auch elektrisch stattfindet, 6,5 Millionen Tonnen CO2 einzusparen wären. Weitere sieben Millionen Tonnen lassen sich in den Städten einsparen, wenn der Nahverkehr massiv ausgebaut wird und es deutlich mehr Radwege gibt. Dafür müsste das Angebot im Nahverkehr um 30 Prozent gesteigert werden und die Zahl der Radwege um das Dreifache wachsen. Die Zahl der E-Busse im Nahverkehr müsste von 1.000 auf 17.000 steigen.
Weiterhin müssen 800.000 öffentliche Ladepunkte und eine europaweite Schnellladeinfrastruktur für Lkws geschaffen werden.
Ob die aktuellen Fördermaßnahmen von E-Fahrzeugen verlängert werden, sagt der Bericht nicht. Die E-Kaufprämie von 9.000 Euro läuft erst einmal bis 2025. Die Politik hofft, dass bis dahin die Herstellungskosten der E-Autos und insbesondere die Batteriekosten sinken. Auch die Steuerbegünstigung der Dienstwagen und die schnellere Abschreibung bleibt erst einmal bis Mitte des Jahrzehntes erhalten. Wallboxen für Privathäuser werden auch in den nächsten Jahren bezuschusst, sofern diese grünen Strom liefern. Die Experten überlegen auch die CO2-Komponente bei der Kfz-Steuer über ein Bonus-Malus-System, je nachdem wieviel CO2 ein Auto ausstößt, zu steuern. Zudem wird von Jahr zu Jahr der CO2-Preis erhöht, sodass tanken mit Benzin und Diesel im Verhältnis zum E-Auto verteuert wird. Soweit der Bericht der Kommission.
Anmerkung zu diesen Forderungen des Berichtes:
Für den Gütertransport der Bahn müssen noch etliche Schienenstrecken elektrisch ausgebaut werden. Viele Strecken der Bahn werden noch mit Dieselloks bedient. Bei der Auslastung der Fernstrecken im Gütertransport ist die Bahn bereits heute am Anschlag. Folglich müssen zunächst neue Bahntrassen gebaut werden.
Was nützt der Ausbau der Radwege im ländlichen Raum, wenn der ländliche Nahverkehr nicht funktioniert?
Wie sieht die aktuelle Situation im ersten Halbjahr 2021 aus?
In den ersten sechs Monaten 2021 kamen die reinen E-Fahrzeuge auf einen Marktanteil von 10,6 Prozent = 148.330 Pkw, Hybrid-Motoren auf 28 Prozent. Das heißt, insgesamt machen die E-Motoren inklusive Hybrid bei den Neuzulassungen in 2021 einen Anteil von rund 40 Prozent aus. Der Hybrid-Markt entwickelt sich wesentlich dynamischer als der rein elektrische Markt, sodass die Mehrzahl der elektrischen Autos nach wie vor mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sind und lediglich der Hilfsmotor elektrische Fahrstrecken gewährleisten kann. Der Kfz-Bestand an vollelektrischen Fahrzeugen in Deutschland betrug zum 30.06.2021 450.000 Einheiten. Der Bestand an Stromer wird sich bis zum 31.12.2021 auf rund 650.000 Fahrzeuge erhöhen. Dies entspricht 1,5% des gesamten Pkw Bestandes von rund 48 Millionen Fahrzeugen.
Der Bericht der Kommission der Bundesregierung setzt die Plug-In-Hybride nach unserer Beobachtung zu niedrig und den Hochlauf der rein elektrischen Fahrzeuge zu hoch an. Dass in nur vier Jahren – das heißt im Jahr 2025 – 50 Prozent aller Neuzulassungen reine E-Autos sind, ist eine sehr gewagte These. Die Fahrzeuge, die 2025 in den Markt kommen, sind weitestgehend von der Automobilindustrie entwickelt. Laut der letzten Aral Studie aus 2019, sagten damals sieben Prozent der Kunden, dass ihr nächster Wagen ein E-Fahrzeug wird. Dank der massiven Zuschüsse sind es in 2021 bereits 10 Prozent der Autokäufer, die ein vollelektrisches Fahrzeug kauften.
In diesem Zusammenhang haben wir uns die CAM-Studie von Prof. Dr. Bratzel angesehen. Prof. Dr. Bratzel hat sein Szenario zur E-Mobilität folgendem Grundgedanken unterstellt: Die Kfz-Hersteller müssen in den nächsten Jahren gewisse CO2-Ziele erreichen, die mit Auslaufen der Mehrfachanrechnung für Hybrid- und E-Motoren immer schwieriger werden. Das heißt, nach 2025 muss der Anteil der rein elektrischen Fahrzeuge stark steigen, wenn die Automobilindustrie Strafzahlungen an die EU vermeiden will. Nach dieser Studie erwartet CAM im Jahre 2025 im mittleren Szenario einen Marktanteil der E-Fahrzeuge inklusive Hybrid von 1,35 Millionen bei den Neuzulassungen. Die Kommission der Bundesregierung kommt für 2025 bereits auf 1,8 Millionen elektrische Neuzulassungen, davon 1,5 Millionen vollelektrisch.
Im Jahr 2030 sieht die CAM-Studie für die reinen E-Fahrzeuge einen Marktanteil von 2 bis 2,3 Millionen. Dies entspräche 60 bis 70 Prozent aller Neuzulassungen. Hinzu kommen 10 bis 20 Prozent Hybridmotoren, also rund 300.000 bis 600.000 Fahrzeuge. Das heißt, im Jahr 2030 nähern sich die Werte der Kommission der Bundesregierung und der CAM-Studie an.
Wenn man die CAM-Studie hochrechnet, ergibt sich für die Entwicklung des Kfz-Bestandes und dessen Motorisierung für Deutschland folgendes Bild:
2025 werden knapp vier Millionen Einheiten vollelektrisch angetrieben und 43 bis 44 Millionen Pkws wären weiterhin Verbrenner bzw. Plug-In-Hybride. Auch die Kommission der Bundesregierung kommt auf rund vier Millionen vollelektrische Autos bis 2025. Laut CAM-Studie wird der Kfz-Bestand für E-Fahrzeuge im Jahr 2030 rund 12 Millionen Einheiten umfassen, was sich auch mit den Annahmen der Bundesregierung deckt. Das heißt, der Bestand an Verbrennern inklusive Plug-In liegt im Jahr 2030 auch nach der CAM Studie bei 35 bis 36 Millionen Einheiten. Von diesen 35 bis 36 Millionen Einheiten werden gemäß Kommission der Bundesregierung ca. fünf Millionen Plug-In sein und gemäß der CAM-Studie ca. sieben bis acht Millionen. Das heißt, die Zahl der reinen Verbrenner läge dann in einer Größenordnung von knapp 30 Millionen Einheiten. Hinzu kommen die Plug-In, die sowohl mit Strom als auch mit Kraftstoff gefahren werden können. Welche Energieart der Fahrer beim Betrieb eines Plug-ln letztlich nutzt, ist noch nicht zu erkennen.
Es wird spannend bleiben, wie der Verbraucher in den nächsten Jahren auf die E-Autos reagiert und ob die Automobilindustrie es schafft, bis Ende 2024, wenn die Prämien für E- und Hybridfahrzeuge auslaufen, den Batteriepreis entsprechend abzusenken. Ohne die aktuellen Zuschüsse sind die E-Fahrzeuge gegenüber dem Verbrenner bei den Anschaffungskosten aus Verbrauchersicht nicht wettbewerbsfähig. Allerdings muss man auch bedenken, dass parallel dazu fossile Kraftstoffe mit CO2- Abgaben oder einem sogenannten Bonus-Malus-System belegt werden.
Wesentlich kritischer sehen wir in diesem Zusammenhang, dass die Anhebung der CO2-Steuer in Deutschland dazu führt, dass der deutsche Autofahrer in acht Nachbarländern günstiger tanken kann als im Heimatland. In der Folge wird der Tanktourismus an fast allen deutschen Grenzen (Ausnahme bleibt Holland beim OK) einen Boom erleben. Lkws mit zwei- bis dreitausend Kilometer Reichweite mit einer Tankfüllung tanken dann in West-Ost-Richtung in Luxemburg, Polen oder Tschechien und in Nord-Süd-Richtung in Österreich oder der Schweiz. Über diesen Weg können wir den CO2-Ausstoß in Deutschland reduzieren und in unsere Nachbarländer verlagern. Für Europa bringt dies beim CO2-Ausstoß des Straßenverkehrs allerdings nichts.
Fazit:
Der deutsche Tankstellenmarkt wird sich in den nächsten zehn Jahren weiterhin auf eine Schrumpfung einstellen müssen, die bereits seit 20 Jahren in unserer Branche im Gange ist. Der Markt sank in diesem Zeitraum von 16.000 auf 14.000 Tankstellen. Im Jahr 2000 betrug der Tankstellenmarkt knapp 55 Milliarden Liter, 2019 waren es nur noch 45 Milliarden Liter. Dies entspricht einem Konsumrückgang von 17 Prozent. Auch einige Raffinerien wurden in dieser Zeit zurückgebaut.
Wenn die EU-Zielvorgaben bis 2030 im Straßenverkehr in Deutschland eingehalten werden sollen, wird der Tankstellenmarkt in Deutschland bis 2031 um rund 25 Prozent sinken. Dies wären 2,5 Prozent pro Jahr, wobei bis 2025 noch wenig passiert. Der Markt wird nicht linear, sondern in Schüben schrumpfen. Die Unbekannte bleibt die CO2 -Steuer, die im Moment nur in Deutschland eingeführt wird und nicht in den Nachbarländern. Diese könnte den Tanktourismus und damit den Tankstellenrückgang auf der deutschen Seite entlang der gesamten deutschen Grenzen in einem Korridor von 50 – 70 km beschleunigen. Eine CO2 -Steuer nur in Deutschland macht für ein Land, das in der Mitte Europas liegt, keinen Sinn. Sie muss europaweit umgesetzt werden, wenn sie tatsächlich etwas bewirken soll.
Der Lkw-Sektor ist zurzeit nicht einzuschätzen, da es per heute keine echten Alternativen zum Dieselmotor gibt. Batteriemotoren sind zu schwer, reduzieren die Nutzlast und haben in der Regel keine gute Reichweite. Lediglich für kleinere Lkws bis 7,5 Tonnen und im Verteilverkehr mit einer täglichen Fahrleistung bis 200 km, ist der vollelektrische Antrieb bedingt geeignet. Allerdings müssen diese Firmen für ihre Lkws zunächst auf dem Hofgelände Tankplätze schaffen, die nachts beträchtliche Mengen Strom abgreifen. Oberlandleitungen über Autobahnen sehen wir eher nicht, denn diese müssten europaweit umgesetzt werden.
Und wie geht der Transport auf der Bundes- und Landesstraße weiter? Entweder durch Umladen oder die Lkws haben auch noch einen zusätzlichen Dieselmotor. Das macht beides wenig Sinn. Der Bahnverkehr auf der Schiene ist nicht flexibel und muss auch erst noch komplett elektrifiziert werden. Dass 2030 genügend grüner Wasserstoff auch für Lkws zur Verfügung steht, ist eher unwahrscheinlich. Grüner Wasserstoff wird bereits von der Chemieindustrie, Stahlindustrie, Zementindustrie und dem Schiffs- und Flugzeugsektor gefordert, um Kohle- und Gaskraftwerke bzw. Kerosin/Diesel zu ersetzen. Zudem ist der grüne Wasserstoff sehr teuer und ein entsprechendes Leitungs- und Tankstellennetz muss erst einmal gebaut werden.