So sieht es die europäische Umweltagentur

Die europäische Union fürchtet um ihre Rolle als klimapolitische Vorreiterin und drückt deshalb bei der Verkehrswende auf das Tempo. Der Umbau zur E-Mobilität bringt allerdings auch viele Ungewissheiten mit sich. Das macht eine aktuelle Studie der europäischen Umweltagentur (EEA) mit Sitz in Dänemark deutlich. Die Autoren räumen darin mit der Vorstellung auf, dass ein zügiges Ende des Verbrennungsmotors zwangsläufig dem Klima helfen muss. Entscheidend für den Erfolg der Energiewende auf der Straße sind die Rahmenbedingungen, ansonsten droht die Energiewende zu einem Minusgeschäft zu werden und könnte am Ende der Umwelt mehr schaden als nutzen. Laut der Umweltorganisation Agora kann auf Stromerzeugung durch Kohle, wenn es bei dem jetzigen Tempo der erneuerbaren Energiegewinnung bleibt, frühestens 2038 – 2040 verzichtet werden.

Die Umweltagentur benennt dabei auch Argumente, die von der Automobilindustrie in die politische Diskussion eingebracht wurden. Zwar bekennen sich die Autobauer wie BMW, Daimler und Volkswagen dazu, künftig verstärkt Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bringen, sie warnen allerdings vor einer überstürzten Wende. Tatsächlich kann ein Fahrzeug mit klassischem Diesel oder Benzin energieeffizienter sein, wenn es zum Beispiel wenig gefahren wird. Die Herstellung der E-Fahrzeuge ist energieintensiver als die eines konventionellen Fahrzeugs. Zur Fertigung eines Stromers wird 70 Prozent mehr Energie benötigt, schreibt die europäische Energieagentur.

Die E-Autos haben zudem noch immer ein Recyclingproblem. Bislang werden die Akkus der Fahrzeuge keinem systematischen Recycling zugeführt. Das wird sich zukünftig ändern müssen, so die Energieexperten der europäischen Agentur. Ein weiteres Risiko der E-Auto-Strategie ist die Stromabhängigkeit, in die sich die europäischen Autobauer begeben. Viele Stromnetze können durch einen flächendeckenden Einsatz von E-Autos an ihre Belastungsgrenzen kommen. Vor allem Schnellladestationen, die binnen 30 Minuten die Batterie eines Autos laden können, ziehen in kurzer Zeit sehr viel Energie aus dem Netz.

Vor allem aber – und das ist das größte Risiko der Energiewende auf der Straße – sind E-Autos nur so sauber, wie der Strom mit dem sie angetrieben werden. Wenn die an den Ladestationen verfügbare Energie vor allem aus Kohlekraftwerken gewonnen wird, kann der Umbau zur E-Mobilität klimapolitisch gesehen ein Minusgeschäft werden. „In Ländern mit einem starken Anteil an Kohlekraftwerken kann steigende Nachfrage nach E-Autos zu höheren CO2-Emissionen führen“ warnt die Umweltagentur deswegen und nennt Polen und Tschechien als entsprechende Beispiele. Auch China setzt zu 70 Prozent auf Kohlestrom in der Stromerzeugung und über Chinas Umweltbelastungen waren in der letzten Zeit einige einprägsame Bilder in den Medien zu sehen.

Es wird künftig viel mehr umweltfreundliche Kraftwerke brauchen, um den von den E-Autos zusätzlich benötigten Strom zu produzieren. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass im Jahr 2050 rund 450 Terrawattstunden für das Laden der Elektrofahrzeuge aufgewendet werden müssten und das ist mehr als der aktuelle Energieverbrauch Frankreichs. Es werden mehr Windräder, Solarpanels und Biomasse-Kraftwerke benötigt. Der Anteil der Fahrzeuge am gesamten Strombedarf in der Europäischen Union dürfte langfristig steigen. Bislang beträgt der Anteil der E-Autos am Strombedarf nur 0,03 Prozent. Bis ins Jahr 2050 könnte er auf 9,5 Prozent ansteigen. In Deutschland könnte der Anteil 2050 sogar bei mehr als zehn Prozent liegen.

„Die stärkere Verfeuerung von Kohle kann zu weiteren CO2-Emissionen führen, die die Reduktionen im Straßenverkehr um den Faktor fünf übersteigen“, warnt die EEA.
Bevor Deutschland auf das E-Auto setzt, müsste die Kohlestromerzeugung auf erneuerbare Energie umgestellt werden. Dies könnte ein Grund sein, die ausgerufene Verkehrswende etwas behutsamer anzugehen.