Ganz Europa und auch Deutschland erlebte in 2018 einen langen und auch aus Freizeitsicht schönen Sommer. Leider war der Sommer nicht nur warm, sondern auch im Gegensatz zu 2015 durch eine sehr lange Trockenperiode gekennzeichnet.

Die Trockenperiode führte dazu, dass die Flüsse wenig Wasser führten. Eine der wichtigsten Wasserstraßen in Europa und insbesondere in Deutschland ist der Rhein. Über die Rheinschifffahrt und die großen Läger am Rhein, werden erhebliche Mengen, ob Container, Schüttgut oder Flüssigkeiten zwischen Basel und Rotterdam transportiert. Auch der Personenverkehr und Schifffahrtstourismus spielt eine nicht zu vernachlässigende Rolle auf dem Rhein.

Für den Mineralölsektor ist der Rhein eine ganz besonders wichtige Wasserstraße. Über den Rhein können Tankschiffe, ob von Amsterdam, Rotterdam oder Antwerpen, die Raffinerien und Tankläger entlang des Rheins mit Produkten versorgen. Umgekehrt können die Binnenraffinerien, falls erforderlich, auch Ware in den Raum Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen bringen und dort exportieren. Die Regel ist allerdings, dass eher eine Versorgung von Nord nach Süd stattfindet, als ein Export der Ware. Zudem ist der Rhein auch mit vielen Nebenflüssen und Kanälen verbunden, an denen größere Umschlagsplätze für Waren betrieben werden.

In Deutschland sind drei große Raffinerien, die für 43% der gesamten deutschen Raffinerieerzeugung stehen – Gelsenkirchen (Rhein-Herne-Kanal), Wesseling/Godorf und Karlsruhe -, auf die Rheinschifffahrt angewiesen. Zudem gibt es große Tanklagerstandorte für Mineralölprodukte für NRW – unter anderem in Duisburg und Köln, für den Mittelrhein in Andernach und Bendorf und für das Rhein-Main-Gebiet in Flörsheim, Gustavsburg, Mannheim, Speyer, Hanau und Raunheim.

Wenn alle diese Läger und Raffinerien in die Lieferkette eingebunden sind, ist auch aufgrund der Flexibilität der Warenströme die Versorgung entlang der Rheinschiene von Duisburg bis Karlsruhe jederzeit sichergestellt. Hinzu kommt, dass die drei Großtankläger im Rhein-Main-Gebiet auch einen Pipelineanschluss haben und somit Fertigprodukte über Pipeline geschickt bekommen können.

Dennoch kam es aufgrund des langanhaltenden Sommers ab Mitte August zu Lieferstörungen entlang der Rheinschiene und ab September/Oktober bis einschließlich November zu erheblichen Lieferengpässen.

Die Gründe waren vielfältiger Natur. Zum einen brachten die Schiffe, die normalerweise zwischen 2.000 und 3.000 Tonnen transportieren, nur noch 300 bis 500 Tonnen, mit der Folge, dass die Schiffskapazitäten recht schnell knapp wurden. Einen weiteren Engpass stellt die Rheintiefe um Kaub (zwischen Mainz und Koblenz) dar. Viele Schiffe fuhren bereits ab August und insbesondere ab September nicht mehr mit Produkt, ob von Süden oder Norden kommend, an Kaub vorbei, sodass Lieferungen von Karlsruhe an den Mittelrhein nicht mehr möglich waren und umgekehrt Lieferungen von Rotterdam oder aus dem Inland von Gelsenkirchen oder Wesseling/Godorf nach Rhein-Main ebenfalls ausfielen. Der Rhein war ab Kaub zweigeteilt.

Des Weiteren mussten die Raffinerien ab Ende September die Produktion immer mehr einschränken, da man in der Produktion auf gewisse Schiffsentsorgungen und -versorgungen angewiesen ist. Zum einen müssen gewisse Komponenten die zur Erzeugung von Otto- oder Dieselkraftstoff benötigt werden, per Schiff in die Raffinerie angeliefert werden. Hierzu zählen unter anderem Ethanol und Biodiesel, die nicht über die Pipeline kommen. Auf der anderen Seite muss eine Raffinerie auch gewisse im Produktionsprozess anfallende Stoffe abtransportieren, damit die Produktion weiter voll umfänglich laufen kann. Auch diese Produkte müssen per Schiff aus der Raffinerie transportiert werden. Durch die Schiffseinschränkungen konnten diese nicht in vollem Umfang zu- oder abgefahren werden, was die Produktion in den Raffinerien Wesseling/Godorf und Karlsruhe stark einschränkte.

Diverse Tankläger verfügen auch über Kesselwagenanschlüsse und somit könnte man die fehlenden Mengen über Kesselwagen anliefern. Doch hier sind der Bahn Grenzen gesetzt. Die Bahn ist in der Lage, aufgrund ihres klaren Taktsystems planmäßige Mengen zu transportieren. Doch auch hier kommt es immer wieder zu Einschränkungen. Zusätzliche Mengen auf die Schiene zu verlagern und in das Taktsystem der Bahn einzubauen, ist kurzfristig nicht möglich. Zudem sind die benötigten Kesselwagen für zusätzliche Transporte nicht verfügbar.

Die Tankläger mit Pipeline-Anschluss sind auch auf die Zulieferung von Bio-Produkten per Schiff angewiesen, um die entsprechenden Fertigprodukte zu blenden. Somit war auch die Lieferfähigkeit der Läger in Raunheim, Gustavsburg und Flörsheim extrem stark eingeschränkt. In der Folge musste die Ware ab Karlsruhe oder Wessling/Godorf per Tkw in dieses Absatzgebiet transportiert werden.

Zu allem Überfluss kam es Anfang September 2018 noch zu einem Brand in der Raffinerie in Vohburg (Bayern). Hierdurch fielen sechs Millionen Tonnen Raffineriekapazität, die sonst zur Versorgung des süddeutschen Marktes zur Verfügung stehen, komplett aus. Aktuell geht man davon aus, und so wurde in der Presse auch berichtet, dass Ende des ersten Quartals mit dem Wiederaufbau der Raffinerie begonnen wird, sodass diese sechs Millionen Tonnen wohl auch in 2019 dem deutschen Markt noch fehlen werden. Am 25. September kam es zu einem Brand in der Raffinerie in Schwedt, so dass auch diese innerdeutsche Raffinerie seit dem nur eingeschränkt produziert.

Wesseling/Godorf hatte zudem bereits seit Mai Schwierigkeiten die Raffinerieproduktion stabil zu halten. Hier kam es immer wieder zu Verladestillständen. Somit war neben dem Engpass auf dem Rhein auch die Produktion an mehren Standorten eingeschränkt.

Das heißt, auch die fehlenden Raffinerieproduktionsmengen mussten von anderen Standorten quer durch Deutschland transportiert werden. Somit waren die Transportkapazitäten zusätzlich angespannt. Auch die Idee, den Tankwagen das Sonntagsfahren zu erlauben, brachte wenig, da die Tankwagenkapazitäten schon an sechs Tagen in der Woche am Anschlag waren. Das heißt, eine weitere Beanspruchung der Fahrer wäre gar nicht möglich gewesen, denn, selbst wenn diese Fahrzeiten noch im Rahmen der Lenkzeiten gelegen hätten, wären sie auf jeden Fall ein Verstoß gegen das Arbeitszeitengesetz gewesen.

Anfang Dezember kam mit dem ersten Advent das sogenannte Adventswasser. In der Regel beginnt mit dem ersten Advent die Hochwasserzeit. Im Dezember 2018 entspannte sich dann die Versorgungslage und die Schiffe konnten wieder die vollen Mengen bringen. Es dauerte allerdings bis Ende Januar, bis sich die Versorgungslage wieder so normalisierte, dass sich die Bezugspreise im Rhein-Main-Gebiet bzw. Karlsruhe wieder dem Preisniveau des Westens annähernd anglichen.

Das extreme Niedrigwasser hat gezeigt, wie engmaschig die Versorgungskette ist. Im Mineralölsektor konnte man sich zeitweilig mit etwas Mengen aus dem Krisenbestand des Erdölbevorratungsverbands (EBV) behelfen. Doch auch hier hatte sich rasch gezeigt, dass die Krisenmechanismen, die dem EBV vonseiten des Gesetzgebers auferlegt wurden, einer bedingten regionalen Krisensituation, die entlang der Rheinschiene galt und von Norden nach Süden immer kritischer wurde, nicht gerecht wird. Auch an dieser Stelle werden die Verbände gemeinsam mit der Politik und dem EBV im Nachhinein nochmals das eine oder andere aufarbeiten müssen.

Insgesamt kann man feststellen, dass die Versorgung bis auf zeitweilige Leerstände an verschiedenen Tankstellen und bei verschiedenen Tankstellenunternehmen weitestgehend gutgegangen ist. Im ED-Netz konnten wir nur wenige ganz kurze Stillstände verzeichnen. An dieser Stelle können wir uns diesbezüglich auch nur für den Einsatz unserer Spediteure und deren Fahrer, aber auch unserer Lagermitarbeiter, die eine Vielzahl von Schiffen mit Kleinstmengen löschen mussten, bedanken. Auch die Schiffer und Versorgungsabteilungen der Mineralölunternehmen waren fast sechs Monate im Krisenmodus.

Vonseiten der Politik wurde diskutiert, ob man den Rhein nicht an den kritischen Stellen weiter vertieft, um hierdurch auch bei niedrigerem Wasser weiterhin den Transport besser aufrechterhalten zu können. Allerdings hört man, seitdem die Niedrigwassersituation vorbei ist, hiervon nichts mehr. Der Presse war zu entnehmen, dass, bis eine solche Maßnahme in Deutschland umgesetzt wäre, fast ein komplettes Jahrzehnt ins Land gehen würde. Eigentlich schade, denn die europäischen Industrie- und Handelskammern hatten ausgerechnet, dass eine Vertiefung des Rheins an den kritischen Stellen täglich (!) rund 2.000 Lkw-Ladungen auf die Wasserstraße verlagern würde.