153 Länder verfolgen unterschiedlichste Ziele

Mehr als 11.000 Wissenschaftler aus 153 Ländern warnen vor einem weltweiten Klimanotfall und weisen auf die Lücken im Notfallplan hin.

Zwei Drittel der 184 nationalen Pläne zum Klimaschutz sind ungeeignet, den Klimawandel auch nur zu bremsen, berichtet ein internationales Forscherteam. Der Treibhausgasausstoß werde den Zusagen der Staaten zufolge bis zum Jahr 2030 sogar noch steigen. Der Bericht mit dem Titel „Die Wahrheit hinter den Klimazusagen“ stammt von vier prominenten Wissenschaftlern und einer Wissenschaftlerin aus Europa und Amerika.

Von den fünf Ländern oder Staatenbündnissen mit den größten Emissionen, hat laut diesem Bericht nur die EU (Platz 3 bei den Emissionen) ausreichende Pläne zum Klimaschutz. Die Zusagen der Chinesen (Platz 1) und Inder (Platz 4) sehen hingegen vor, dass der eigene Ausstoß noch steigt. Das gilt auch für Russland (Platz 5). Russland hat zwar einen Plan gefasst, diesen aber noch nicht rechtskräftig beim Klimasekretariat der Vereinten Nationen in Bonn eingereicht. Auch das Verhalten der USA (Platz 2) sei unzulänglich, weil sich Präsident Trump aus dem Pariser Klimaschutzvertrag verabschiedet hat. Der weltweite Ausstoß an Treibhausgasen lag 2017 bei etwas mehr als 50 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalenten. Dem Report der Autoren zufolge, könnte die Zahl bis 2030 auf ungefähr 54 Milliarden Tonnen steigen. Um die Erhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, wie im Pariser Klimavertrag angestrebt, müssen sich die Emissionen im nächsten Jahrzehnt halbieren, so die Auskunft des Weltklimarats (IBCC). Der Pariser Vertrag von 2015 be-steht im Kern nur aus den gemeinsam festgelegten, verbindlichen Temperaturgrenzen sowie freiwilligen Zusagen, welchen Beitrag die einzelnen Staaten zum Klimaschutz leisten wollen. So gibt es eine klaffende Lücke zwischen den Zielen des Pariser Vertrages und den Zusagen der jeweiligen Staaten.

Die Autoren des neuen Berichts haben alle vorhandenen Zusagen der jeweiligen Länder bewertet und kamen zu folgendem Ergebnis: China und Indien haben lediglich zugesagt, die Menge des freigesetzten Kohlendioxids pro Dollar Wirtschaftsleitung zu senken – also die relativen Emissionen. Wegen ihres großen Wirtschaftswachstums ist der absolute Ausstoß beider Länder seit 2005 um ungefähr 80 Prozent gestiegen und ein Ende des Trends ist nicht absehbar. Immerhin hat China versprochen, dass die freigesetzten Mengen spätestens ab 2030 sinken sollen. Der Report beurteilt beide nationalen Pläne als ungenügend und gibt sechs weiteren Ländern, wie Chile und Usbekistan, die gleiche Schulnote.

Bei 36 Staaten lassen sich den Selbstverpflichtungen überhaupt keine konkreten Reduzierungszusagen entnehmen, wie zum Beispiel Südafrika, Kuba, Saudi-Arabien und Kuwait. 70 vor allem ärmere Länder, mit durchweg geringem Ausstoß, haben ihre nationalen Ziele davon abhängig gemacht, dass sie von den Industriestaaten zugesagte finanzielle Hilfen bekommen. 13 weitere Nationen, darunter Russland und die Türkei, blieben bei der Bewertung außen vor, da sie keine rechtlich gültigen Zusagen eingereicht haben. Sie haben zwar das Pariser Abkommen unterzeichnet, teilweise auch ratifiziert und nationale Pläne beschlossen, müssen diese aber dem Klimasekretariat noch übermitteln.

20 Länder landen in einer Mittelgruppe, weil sie zwar den Ausstoß senken wollen, aber nicht genug. Dazu gehören Japan, Brasilien, Australien, Südkorea und Kanada. Bei Brasilien besteht laut dem Report zudem die Gefahr, dass sich die Regierung unter Bolsonaro von den Zusagen ihrer Vorgänger abwendet. Positiv haben die Prüfer außer der EU mit 28 Mitgliedern, Island, Norwegen, die Schweiz, Lichtenstein, Monaco, die Ukraine und Moldawien bewertet. Sie alle kommen auf Reduktionen von 40 Prozent bis 2030 oder auch mehr. Deutschland hat per Ende 2019 seinen CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um 35 Prozent reduziert. Bis 2040 soll der CO2-Ausstoß um 50 Prozent sinken.

Wie der Bericht zeigt, ist es noch ein langer Weg, bis wirklich alle Nationen das gleiche Ziel verfolgen. In Asien wird weiterhin stark auf Kohlekraftwerke gesetzt. In den vergangenen 20 Jahren gingen dort 90 Prozent aller neugebauten Kohlekraftwerke in Betrieb. Aktuell sind weltweit Kohlekraftwerke mit einer Leistung von 579 Gigawatt in Planung. Länder, wie Indien, Bangladesch oder die Philippinen können es sich wirtschaftlich nicht leisten, ihre Kohlekraftwerke frühzeitig vom Netz zu nehmen, so die Internationale Energieagentur. 3,2 Millionen Arbeitsplätze hängen in China an der Kohleindustrie, wie die Zeitung Welt am Sonntag berichtete. In Asien sind die Kohlekraftwerke mit durchschnittlich zwölf Jahren noch relativ jung und dies ermöglicht deren Betrieb noch viele Jahrzehnte, wie die Internationale Energieagentur feststellte.

In der EU entstehen durch das Verbrennen der Kohle zur Energieerzeugung laut einer Studie von der Denkfabrik Buergel 76 Prozent der CO2-Emissionen im Energiesektor, obwohl die Kohle nur 25 Prozent zum Energiebedarf der EU beiträgt. Die Länder, die in Europa wenig Kohlekraftwerke haben, wie Frankreich, Österreich, Portugal und Schweden steigen bis 2025 aus der Kohle aus und senken damit ihre CO2-Emissionen, bleiben aber in der Kernkraft. Die EU-Länder, die zwischen 20-25 Prozent ihrer Energieerzeugung aus Kohle gewinnen, steigen bis 2030 aus, um das Ziel 40 Prozent weniger CO2 als 1990, dann auch zu erreichen

Auch diese Zahlen zeigen, dass es für die jeweiligen Länder ein Spagat ist, den richtigen Energiemix zu finden. Aus CO2-Sicht ist die Kohle klar im Nachteil gegen-über allen anderen Energiearten. Allerdings ist die Endlagerproblematik bei der Kernkraft auch nicht gelöst. Vielleicht wäre ein nicht kompletter Ausstieg aus der Kernkraft 2022 in Kombination mit dem Abschalten der drei deutschen Kohlekraftwerke mit dem höchsten CO2-Ausstoß, umweltpolitisch die bessere Entscheidung, um den CO2-Ausstoß in Deutschland schneller Richtung 50 Prozent zu senken.