Das Magazin der Spiegel ging der Frage nach, wie realistisch das Szenario ist, dass synthetische und Biokraftstoffe zur Klimaschonung beitragen.

Dass das Auto nicht der schlimmste aller Klimaschädlinge sei, würden seine Hersteller nicht müde zu betonen, so der Spiegel. Dies entspricht auch zum Teil der Wahrheit. Nur etwa 18 Prozent aller Kohlendioxidemissionen stammen nach Angaben der internationalen Energieagentur (IEA) aus dem Straßenverkehr. Kraftwerke produzieren mehr als doppelt so viele Schadstoffe. Batterieautos, so die Prognose der IEA, werden in den kommenden Jahren eine untergeordnete Rolle bei der Senkung der Emissionen spielen. Die Frage nach dem Warum, beantwortet die IEA wie folgt: Ein Pkw verbringt zwischen Herstellung und Verschrottung durchschnittlich 15 Jahre auf der Straße. Das heißt, die meisten Autos, die heute vom Band laufen, werden auch 2030 noch unterwegs sein. Und das sind fast ausschließlich Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.

Erst nach 2030 könnte die E-Mobilität an Fahrt aufnehmen. Diese wird allerdings nur dann zum Wohle des Klimas sein, wenn zuvor eine globale Energiewende auf der Kraftwerkseite erfolgt ist. Indien und China wollen das Elektroauto politisch erzwingen, produzieren ihren Strom aber noch fast zu drei Vierteln mit Kohle. Ein Batteriemobil in Indien und China trägt mehr zu Erwärmung der Atmosphäre bei als ein sparsamer Diesel, so der Spiegel weiter.

Vor diesem Hintergrund verweist die IEA auf Biosprit bzw. synthetische Kraftstoffe als Alternative. Immerhin stammen fast 5 Prozent des weltweit verbrannten Autokraftstoffs inzwischen aus Landwirtschaftsprodukten, so das Magazin. Allerdings gibt es nach wie vor einen Konflikt zwischen der Agrarlobby und den Umweltverbänden. Die Umweltverbände weisen immer wieder auf die Tank-Teller-Diskussion beim Einsatz von Biokraftstoffen hin. Nach Einschätzung der IEA könnten neben Brennstoffen aus Zuckerrohr, Getreide oder Palmöl (Biokraftstoffe der ersten Generation) auch fortschrittliche Biokraftstoffe, die aus Reststoffen und Abfällen gewonnen werden, ihren Beitrag leisten, ohne in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion zu stehen. Fachleute sprechen hier von Biokraftstoffen der zweiten Generation.

Biokraftstoffe der 3. Generation sind synthetische Kraftstoffe. Hier besteht das Ziel, Benzin aus Wasser und Luft zu mixen. Dies klingt nach Hexerei, ist aber chemisch möglich. Die Grundbausteine aller fossilen Spritsorten sind Kohlen- und Wasserstoff – und diese sind in der Luft und in Wasser enthalten. Sie zu einem brennbaren Molekül zusammenzuführen, ist ein erprobter Prozess. Das Problem ist, man benötigt dafür sehr viel elektrische Energie. Power-to-Liquid, kurz PtL, heißt das Konzept für den Kraftstoff der Zukunft. Aus Ökostrom und Wasser soll zunächst Wasserstoff produziert und dieser dann mit Kohlendioxid (aus der Luft) zu einem leicht handhabbaren Flüssigkraftstoff vereinigt werden.

Die größte Schwäche von PtL ist der Wirkungsgrad. Nur rund die Hälfte der eingesetzten Energie steckt später im Kraftstoff, so der Chemieingenieur Alexander Dremel von Siemens zum Spiegel. Das mühsam gewonnene Elektrobenzin landet dann in einem Motor, der die enthaltene Energie zu zwei Dritteln verpuffen lässt. Am Ende dienen kaum noch 20 Prozent des anfangs erzeugten Stroms dem Vortrieb, so der Siemens-Experte. In diesem Punkt sind Elektroautos den mit PtL-betriebenen Autos überlegen. Allerdings sind Lkw, Flugzeuge und Schiffe auf größeren Strecken mit Batterien nicht sinnvoll zu betreiben, sodass PtL gerade in diesen Bereichen eine Alternative wäre.

Einen anderen Ansatz verfolgt der Autokonzern Toyota in Japan. Toyota möchte in einem Schritt von Strom zum Wasserstoff. Das Wasserstoffgas ist mit weniger Verlusten herstellbar und kann in deutlich effizienteren Brennstoffzellen eingesetzt werden als PtL. Allerdings hat Wasserstoff den Nachteil, dass seine Speicher- und Transportfähigkeit gering ist. Zudem müsste beim Einsatz von Wasserstoff eine komplett neue Versorgungsinfrastruktur aufgebaut werden.

Für flüssige Kraftstoffe, ob aus PtL oder Biokraftstoffen der ersten und zweiten Generation, sind die entsprechenden Lagertanks bereits vorhanden. Auch der Siemens-Forscher sieht in der vorhandenen Infrastruktur von Tanklägern, Tankstellen und Raffinerien den entscheidenden Vorteil für PtL und Biokraftstoffe. Den Makel der schlechten Effizienz synthetischer Kohlenwasserstoffe sieht der Siemens-Forscher dann als nicht mehr so wichtig an, wenn Ökostrom aus Wind- und Solaranlagen aus Südamerika, Australien oder anderen Regionen der Welt in 5 bis 10 Jahren günstig und regenerativ erzeugt werden kann. Er spricht von Erzeugungskosten für PtL, die dann unter 2 Cent pro Kilowattstunde liegen dürften. Kraftstoffe aus Strom ließen sich damit etwa zu den Preisen heutiger Biokraftstoffe produzieren, so der Siemens-Experte zum Spiegel.