Nun steht der Gebrauchtwagenmarkt unter Druck

E-Autos sind in der Regel Firmenwagen, die für drei Jahre geleast werden. Die Fahrzeuge, die 2020 oder 2021 angeschafft wurden, kommen jetzt als gebrauchte in den Markt. Da die meisten E-Zulassungen 2022 beziehungsweise 2023 waren, wird der Druck auf die Gebrauchtwagen in den nächsten beiden Jahren eventuell noch weiter steigen, da noch mehr gebrauchte Fahrzeuge in den Markt kommen.

Laut DAT-Report verliert ein Verbrenner in den ersten drei Jahren 35 Prozent des Listenneupreises zum Zeitpunkt der Anschaffung. Bei Elektroautos sind es 46 Prozent. Vier von zehn der meistgesuchten Gebrauchtstromer sind laut Autoscout preislich im Vergleich zum Vorjahresquartal, das heißt binnen eines Jahres, um 30 Prozent gefallen. Darunter befinden sich Modelle wie der elektrische Smart, Audi e-tron sowie der ID.3. Ein drei Jahre alter ID.3, der in der Anschaffung 40.000 Euro kostete, wurde auf der Plattform von Autoscout vor Ostern mit 20.000 Euro angeboten. Dies entsprach einem Wertverlust von 50 Prozent.

Dr. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management, CAM, erklärte im Handelsblatt: „Wir hören seit Monaten, dass gebrauchte E-Autos wie Blei auf den Höfen der Händler stehen.“ Immer neue Rabattaktionen für neue E-Autos schlagen auch auf die Gebrauchtwagenpreise durch. Dr. Stefan Bratzel verweist auf ein fundamentales Risiko, das Käufer von gebrauchten Stromern abschreckt: „Sie sind wegen der raschen, technischen Weiterentwicklung bei Batterie und Software in der Transformation viel schneller auf einem alten Stand als ein Verbrenner.“

Da aktuell die Restwerte der E-Fahrzeuge nach drei Jahren deutlich schneller fallen als der Restwert, der sich laut Leasingvertrag ergibt, erleiden die Kfz-Hersteller mit ihren eigenen Banken, die die Leasingfahrzeuge im Bestand haben, entsprechende Wertverluste. Die Differenz zwischen Restwert bei Ende des Leasingvertrages zum Wiederverkaufswert liegt bei 25 bis 35 Prozent des Neupreises, der zu Lasten der Hersteller geht.

Aus diesem Grund steuern einige Hersteller schon gegen und wollen E-Fahrzeuge zukünftig möglichst lange im eigenen Leasingportfolio halten und Nachfolgekunden ein attraktives Gebrauchtwagenleasing anbieten. Von einem zweiten, vielleicht dritten Leasingzyklus für die Stromer ist im Markt bereits die Rede. „Damit behält VW die Kontrolle und kann Verluste vermeiden, die beim Verkauf der Rückläufe momentan entstehen würden“, so Dr. Bratzel. Die Autoverleiher Sixt und Hertz sortieren E-Autos vorzeitig aus und kaufen verstärkt Verbrenner, da sie wegen dem hohen Wertverlust erhebliche Abschreibungen – bei Sixt waren es 40 Millionen Euro und bei Hertz 245 Millionen Dollar – vornehmen mussten.

Für die Autohersteller werden die E-Fahrzeuge immer teurer. Erst müssen die Preise mit hohen Rabatten runter, was beim Verkauf bereits zu Verlusten führt – siehe Ford. Und dann fallen die Restwerte schneller als die Restwerte aus dem Leasingrücklauf und verursachen erneut Verluste. Für reine E-Hersteller wird es hierdurch nicht leichter durchzuhalten.

Neben der aus Kundensicht zu geringen Reichweite – nur acht Fahrzeuge von 66 getesteten schaffen mehr als 400 Kilometer in einem Praxistest der Bildzeitung – kommen der rapide sinkende Restwert neben den zu hohen Anschaffungspreisen und den langen Ladezeiten bei gleichzeitig hoher Intransparenz an den öffentlichen Ladesäulen hinzu. All diese Fakten zeigen: Der E-Markt steckt noch in den Kinderschuhen.