Union und SPD wollen per Gesetz sicherstellen, dass die Klimaschutzziele umgesetzt werden.

Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD verabredet, dass in 2019 eine rechtlich verbindliche Umsetzung der Klimaschutzziele erfolgen soll. Über ein Gesetz soll mehr Verbindlichkeit in die Klimaschutzbemühungen gebracht werden, so der Ansatz der Regierung. Ziel ist es das Gesetz noch 2019 im Bundestag zu beschließen, denn so steht es im Koalitionsvertrag. Grundlage für das Klimaschutzgesetz ist der Klimaschutzplan 2050, den die Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode als übergreifende Langfriststrategie beschlossen hatte. Die Maßnahmen, die jetzt in den einzelnen Ressorts erarbeitet werden, richten den Fokus zunächst auf die Jahre bis 2030. Damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland seine Klimaziele 2030 erreicht. Das wäre ein Minus von mindestens 55 Prozent bei den CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990.

Zu diesem Ziel soll ein Gesetz, wie immer mit deutscher Gründlichkeit, gemacht werden. Dieses Klimaschutzgesetz soll nicht nur die jeweiligen Einsparziele enthalten, die die einzelnen Ministerien in ihren Sektoren erbringen müssen, sondern wird wahrscheinlich auch klare Ziele für jedes einzelne Jahr fixieren. Einen großen Beitrag soll der Verkehrssektor leisten. Gerade Klimaschützer bemängeln seit Jahren, dass der Verkehrssektor von der Politik nicht richtig rangenommen wird. Die Emissionen im Verkehrssektor müssten um mindestens 75 Millionen Tonnen auf unter 100 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr sinken, so die Forderung.

Über die Wege, die dorthin führen, beraten seit Oktober 2018 Wirtschafts- und Umweltverbände sowie Verbraucherorganisationen und Wissenschaftler in einer Arbeitsgruppe, die gemeinsam vom Umwelt- und dem Verkehrsministerium geleitet wird. Die Kommission hofft, dass durch effizientere Fahrzeuge – und trotz des wachsenden Straßenverkehrs – 20 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden können.

Doch selbst wenn 20 Millionen Tonnen eingespart würden, bliebe eine Lücke von 50 bis 55 Millionen Tonnen, die noch fehlen. So wird in der Kommission überlegt die Steuer auf Diesel und Benzin sowie die Kfz-Steuer im Jahr 2021 anzupassen und bis 2030 die Spritsteuer um satte 52 Cent zu erhöhen.

Des Weiteren soll ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern dafür sorgen, dass weniger Kraftstoff verbraucht wird. Die höhere Spritsteuer soll auch bewirken, dass mehr Menschen mit Bus und Bahn fahren. Ergänzt um eine Quote für Elektroautos beim Verkauf von Neuwagen (25 Prozent im Jahr 2025, 50 Prozent im Jahr 2030), einen Staatszuschuss beim Kauf von Autos, die spritarm fahren und eine Extrasteuer für Spritfresser sowie mehr Stromtankstellen, sollen 28 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, wie aus den Unterlagen der Arbeitsgruppe hervorgeht. Des Weiteren soll die Lkw-Maut stark steigen, was auf die Verbraucherpreise wirken dürfte. Ohnehin sollen Lkws weniger verbrauchen und so bis 2030 ganze 18,4 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Alternative Kraftstoffe sollen den CO2-Ausstoß um 2,3 Millionen Tonnen mindern und eine Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene soll ebenfalls 2 Millionen Tonnen CO2-Einsparung bringen.

Das alles ist, wie das Handelsblatt berichtete, ein erstes Bündel an Instrumenten, deren Auswirkungen Wissenschaftler erst einmal genauer beleuchten sollen. Jedoch gibt es in solchen Berechnungen wie immer etliche Annahmen, die in der Form nicht eintreten müssen. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft hatten vor 10 Jahren beschlossen, dass im Jahr 2020 auf deutschen Straßen 1 Millionen Elektrofahrzeuge fahren sollen. Von diesem Ziel sind wir noch weit entfernt. In der neuen Berechnung bis zum Jahr 2030 wurde der Anteil der elektrischen und teilelektrischen Autos mit 9 Millionen Fahrzeugen angesetzt. Jedoch zeigt dieser Bericht auch, dass es noch lange Verbrennungsmotoren geben wird. Im Prognosezeitraum bis 2030 werden bei den angenommenen 9 Millionen Elektrofahrzeugen immer noch mit 36 Millionen Motoren gerechnet, die mit Diesel bzw. Benzin betrieben werden. Auch bei den Lkws, und hier insbesondere auf der Langstrecke, wird es noch lange Verbrennungsmotoren geben, so zitiert das Handelsblatt aus dem Bericht. Nur im Kurzstreckenverkehr sollen nach den Plänen der Regierung dann 240.000 elektrisch betriebene Lastwagen unterwegs sein. Der größte Teil des Verkehrs würde nach diesem Bericht weiter über die Straße abgewickelt werden. Statt 82 Prozent wären es dann noch 75 Prozent im Personenverkehr und 66 Prozent statt der heutigen 72 Prozent im Güterverkehr.

Wie das Handelsblatt weiter berichtete, würden sich die Teilnehmer des Arbeitskreises auch nicht auf ein konkretes Maßnahmenbündel einigen können. So stellt die Industrie weiterhin die Grundsatzfrage: Ist es sinnvoll, in so kurzer Zeit die Emissionen so stark zu senken, mit all den Folgen für Industrie, Arbeitsplätze und Verbraucherpreise? Es steht etwa die Frage im Raum, ob man den Verkauf kleinerer und leichterer Autos fördern soll, deren Bau sich in Deutschland angesichts der niedrigen Margen nicht lohnt. Auch sei es unmöglich, Mobilität so stark zu verteuern, dass sie sich einige nicht mehr leisten können. „Die Menschen werden uns nicht folgen, wenn wir darauf keine Rücksicht nehmen“, so Stimmen aus dem Arbeitskreis laut Handelsblatt. Die Umweltverbände hingegen wollen den Verbrauchern die höheren Preise an anderer Stelle zurückgeben.

Die Wirtschaft beobachtet die Entwicklung nicht ohne Sorge. „Erfolgreicher Klimaschutz muss ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogen sein. Sonst ist die Gefahr groß, dass er an der politischen und wirtschaftlichen Realität scheitert“, so Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundes der Deutschen Industrie (BDI). Ein Klimaschutzgesetz muss mehr leisten als nur rechnerische Notwendigkeiten der CO2-Reduktion anzuordnen. Es müsse soziale Akzeptanz, technische Machbarkeit und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sichergestellt werden, so der BDI weiter.