Der Aufbau großer chinesischer Autohersteller war das Ziel – und nicht der CO2-Ausstoß
Immer mehr chinesische Autohersteller drängen mit ihren Marken auf den Weltmarkt. Da der amerikanische und der europäische Markt nach China die zweit- und drittgrößten Automärkte sind, drängt China auch auf diese Absatzgebiete.
Experten schätzen, dass China erhebliche Überkapazitäten in der Produktion von Pkws geschaffen hat. Alle chinesischen Pkw-Hersteller könnten zusammen jährlich 50 Millionen Pkws bauen. Der Absatz an Pkws in China lag 2024 bei 24 Millionen Einheiten. Die Produktionskapazitäten sind doppelt so hoch wie der Absatz. Die staatliche Regierung in Peking hat sehr früh auf Elektrofahrzeuge gesetzt. Dies geschah allerdings aus anderen Gründen als in Europa.
Bei den Verbrennungsmotoren hatten die Hersteller aus Europa, Japan und den USA einen enormen technischen Vorsprung, den China nicht aufholen konnte. Der weniger komplexe E-Antrieb sollte deshalb als Lösung dienen. Zudem galt es in den Zentren wie Shanghai, Peking etc. die Luftqualität zu verbessern. Die Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren, war ein weiterer strategischer Ansatz. China ist zum größten Ölverbraucher der Welt aufgestiegen. Da China über keine nennenswerten, eigenen Ölquellen verfügt und somit sein Öl importieren muss, setzte man auf Strom, der jedoch von Kohlekraftwerken erzeugt wird. China verfügt über große Kohlevorkommen. Das Handelsblatt berichtete im Dezember 2024, dass der weltweite Kohleverbrauch, dessen Peak eigentlich für 2025 erwartet wurde, weiter ansteigt. Da der Kohleverbrauch in China in den nächsten Jahren zunimmt, wird die weltweite Produktion erst nach 2027 sinken. Auf der anderen Seite wird China voraussichtlich 2027 den höchsten Ölverbrauch mit 800 Millionen Tonnen pro Jahr erreichen, der hiernach sinkt.
Wie konnte es zu dieser Überproduktion an Fahrzeugen kommen? Das Handelsblatt hat mithilfe von Experten Bilanzen chinesischer Autohersteller näher analysiert und was sich zeigte, war ein Ausmaß von enorm hohen Subventionen im Fahrzeugbau. Allein von 2021 bis 2023 wurden mehr als 5,7 Milliarden Euro an direkten Fördergeldern an über ein Dutzend chinesischer Autobauer wie Dongfeng, GAC oder BAIC gezahlt. Zudem haben die fünf Konzerne Saic, Changan, FAW, Great Wall Motor und BYD zusammen, in den vergangenen drei Jahren rund zehn Milliarden Euro an steuerlichen Erstattungen und Vergütungen erhalten und das waren lediglich die offensichtlichsten Subventionen aus der Bilanz. Des Weiteren wurden den Unternehmen indirekte Hilfen bereitgestellt, wie billiger Strom, Baugrund unter Wert und Kredite von Staatsbanken zu außergewöhnlich günstigen Zinskonditionen. Selbst chronisch defizitäre chinesische Hersteller bekamen zum Teil Kredite mit Verzinsungen, die unter dem Leitzins lagen.
Auffallend ist zudem, dass die Hersteller wie BYD exorbitant und schnell wachsen, ohne dass die Zinsaufwendungen steigen. Die Umsatzerlöse nahmen zwischen 2019 und 2023 um das Fünffache zu und die Zinsaufwendungen haben sich mehr als halbiert. Wie die Bilanzanalysten feststellten, ist dies äußerst ungewöhnlich. Auch bei dem Hersteller Nio lässt sich Ähnliches erkennen. Die Umsätze steigen, die Verluste nehmen zu und die Zinslast nimmt ab. Nio machte allein im zweiten Quartal 2024 einen Nettoverlust von knapp 700 Millionen Dollar und hatte doch keine Schwierigkeiten, sich zu finanzieren. Die Provinzregierung Heifei gab Nio eine Finanzspritze von fast einer halben Milliarde Euro.
Der amerikanische Thinktank Center for Strategic kam in einer Studie aus Juni 2024, bei Betrachtung eines größeren Zeitfensters, zu dem Ergebnis, dass Peking zwischen 2009 und 2023 mindestens 230,8 Milliarden US-Dollar in die E-Auto-Industrie gesteckt hat. Hierin enthalten sind auch Käuferrabatte, Ausnahmen von der Mehrwertsteuer, Ausgaben für die Infrastruktur, Forschungs- und Entwicklungsprogramme für Hersteller und Käufer von Elektroautos durch den Staat. Den deutschen Herstellern vorzuwerfen, sie hätten die E-Mobilität verschlafen, ist in Anbetracht dieser Subventionen nicht korrekt. Vielmehr sollte sich die Politik fragen, war es richtig, den Verbrenner, eine Technologie, in der der Westen Marktführer ist, so früh aufzugeben?
Das Fazit der Berichterstatter ist, dass viele der chinesischen Autobauer ohne die gewährten staatlichen Hilfen kaum überlebensfähig wären. Auch die Beschäftigungspolitik der Zentralregierungen als auch der Provinzen, spielen eine wichtige Rolle. Das politische Ziel von China ist eine hohe Beschäftigung. BYD hat mittlerweile 900.000 Mitarbeiter und damit fast 300.000 mehr als der gesamte Volkswagenkonzern. In 2024 hat der chinesische Hersteller bereits 200.000 zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt. Die Personalaufwandsquote liegt jenseits der 15 Prozent und damit deutlich über denen der deutschen Hersteller. Bei BMW und Mercedes liegen die Quoten unter 10 Prozent.
Für die chinesischen Batteriezellenhersteller, wie CATL, gilt das gleiche. Diese kommen auf eine Personalaufwandsquote von über 28 Prozent und liegen damit weit über einer Quote von deutschen Autozulieferern wie Continental oder ZF. Laut Geschäftsbericht hat CATL in 2023 fast 750 Millionen Subventionen direkt vom Staat erhalten, wie das Handelsblatt berichtet.
Die chinesische Regierung verfolgte von Anfang an das Ziel, Weltmarktführer bei den Elektroautos zu werden und gab hierfür, wie diese Zahlen eindrucksvoll zeigen, immense Summen aus. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass sich die jährlichen Neuzulassungen in den nächsten Jahren in China verdoppeln werden. Die Folgen für die Welt- und chinesische Wirtschaft sind noch nicht zu übersehen. Es macht wenig Sinn, Überkapazitäten zu schaffen, die doppelt so hoch sind wie die Nachfrage. Es muss in den nächsten Jahren zu Werksschließungen kommen, wenn die staatliche Führung nicht weiterhin in ein Fass ohne Boden investieren will. Die ausländischen Märkte reagieren und versuchen über Zölle die chinesischen E-Autos aus den Märkten zu halten.
Zudem gilt es, den Hybridmarkt im Blick zu haben. In China ist der Absatz an Hybrid-Fahrzeugen höher als der Verkauf von reinen E-Fahrzeugen. Selbst BYD, der ausschließlich Hybrid- und Elektrofahrzeuge baut, verkaufte in 2024 rund 60 Prozent Hybrid-Fahrzeuge und 40 Prozent E-Fahrzeuge.
China importierte noch in 2020 mehr Fahrzeuge als es exportierte. 2024 exportierte China fünf Millionen Fahrzeuge mehr als es importierte. China päppelt, wie das Handelsblatt schrieb, mit Milliardeninvestitionen seine Wirtschaft auf und erreichte 2024 einen Handelsüberschuss von einer Billion Dollar. Das Vorgehen im Automobilsektor erinnert an den Aufbau der chinesischen Solarindustrie, die auch hoch subventioniert wurde, so dass letztlich für die Solarindustrie in Europa und insbesondere in Deutschland schon vor ein paar Jahren die Lichter ausgingen, da die chinesischen Anbieter die Märkte mit Photovoltaikanlagen zu Dumpingpreisen überrollten. Über Schutzzölle wollen die EU und die USA verhindern, dass sich so etwas in der Autoindustrie wiederholt. Allerdings muss die EU noch schneller und konsequenter handeln, denn die nächste US-Regierung wird die Strafzölle noch stärker erhöhen als die vorherige. „Europa darf nicht zur Resterampe für chinesische Exporte werden, wenn andere ihre Zollmauern hochziehen,“ so unsere Außenministerium Annalena Baerbock im Handelsblatt Interview.