Stirbt der Dieselmotor aus?

Die Antwort von Professor Ferdinand Dudenhöffer anlässlich der Genfer-Messe: „In den USA bestimmt, in Europa bald“.

Die immer schärferen CO2-Vorgaben der Europäischen Union zwangen in den vergangenen Jahren die Automobilhersteller, immer mehr Kfz-Fahrzeuge mit einem Dieselmotor auszustatten, um die vorgegebenen CO2-Werte zu erreichen. Der Diesel schien das Allheilmittel zu sein, um den Forderungen nach den niedrigeren CO2-Werten für 2020 nachzukommen. Mittlerweile ist jeder zweite Neuwagen, der in Europa zugelassen wird, ein Dieselmotor. Da in Deutschland der Dieselkraftstoff deutlich geringer besteuert wird als der Ottokraftstoff, ist dieser für den Kunden auch oftmals eine wirtschaftliche Alternative. Hinzu kommt, dass die Dieselmotoren in den letzten Jahren, was Fahrkomfort, Geräuschentwicklung und Beschleunigung angeht, kontinuierlich in ihrer Qualität zum Benzinmotor aufschlossen.

Leider hat der Dieselmotor einen Haken – den Ausstoß von Stickoxiden. In den letzten Jahren ist der Stickoxidanteil in Ballungsräumen gestiegen, was zum Teil der höheren Dieselmotorisierung zugeschrieben wird. Die Stickoxidproblematik wird seit dem VW-Skandal, insbesondere auf der EU-Ebene, wesentlich schärfer diskutiert als vor den Manipulationen durch VW. Strengere Verfahren zur Überwachung des Stickoxidausstoßes werden deshalb von der EU gefordert.

Opel-Chef, Karl-Thomas Neumann, erklärte auf dem Autosalon in Genf: „Vor einem Jahr dachte ich zum Beispiel noch, unser Corsa und Diesel passen bestens zusammen. Jetzt bin ich nicht mehr so sicher“. Der Opel-Chef sieht den Punkt kommen, an dem die Investitionen in den Dieselmotor zu teuer werden.

Auch der Autoprofessor Dudenhöffer schätzt, dass die Hersteller in den kommenden Jahren einen zweistelligen Milliardenbetrag investieren müssen, um den Diesel an die strengen gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Die Branche befürchtet, dass diese Investitionen nicht über den Preis auf die Kleinwagen abgewälzt werden können. Bei Dieselmotoren müssen wegen des hohen Drucks die Kolben aufwendiger konstruiert werden und die Langlebigkeit des Dieselmotors verlangt einen höheren Materialanspruch, wenn diese Langlebigkeit auch in Zukunft erhalten bleiben soll. Besonders teuer ist die Abgasreinigung, über die in den vergangenen Monaten durch die Manipulationen von VW so viel diskutiert wurde.

Das Handelsblatt bezeichnete einen heutigen Euro-6-Dieselmotor bereits als kleine Chemiefabrik. Bisher hätten die Hersteller bei Klein- und Mittelklassewagen auf das günstigere LNT-System (eine Art Speicher für Stickoxide) gesetzt. Doch das System scheint, so das Handelsblatt, nicht mehr geeignet, um den Anforderungen gerecht zu werden. Auch Volvo hat vor diesem Hintergrund erklärt, dass man die zukünftigen Werte ohne eine Harnstoffeinspritzung (AdBlue) nicht erreicht. Schon ab 2017 dürften die Grenzwerte für Stickoxide nach Beschluss der EU maximal um das 2,1-fache überschritten werden. Diese Regelung stellt die Hersteller vor eine große Herausforderung. Laut der Fachzeitschrift Auto-Motor-Sport würden zurzeit selbst einige Premiummodelle der Hersteller BMW, Audi und Mercedes diese scharfen Grenzwerte noch nicht erreichen.

Doch die Branche steckt in einem Dilemma. Würde die Branche auf den Diesel verzichten, so würde der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Kfz-Flotte (z.B. von Volvo) über 15 Gramm steigen. Die gleiche Problematik haben die anderen Kfz-Hersteller. Auch die Zulieferer, die sich auf den Diesel eingeschossen hatten, würde ein solcher Ausstieg hart treffen. Alleine bei Bosch hängen 50.000 Arbeitsplätze am Dieselgeschäft. In Europa ist zurzeit die Nachfrage der Kunden nach Dieselmotoren, trotz des Dieselbetrugs, ungebrochen. Laut einer Umfrage des herstellernahen Marktforschungsinstituts DAT wollen rund 9 Prozent aller Autokäufer beim nächsten Mal wegen des Skandals auf einen Diesel verzichten. Doch je länger der Skandal zurückliegt, umso eher wird diese Absicht bei den Kunden abnehmen, so die Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Laut Handelsblatt bemühen sich jedoch einige Hersteller schon jetzt, sich von dem Volkswagendesaster abzugrenzen. Zuletzt hat der Peugeot-Citroen-Chef erklärt, dass seine Modelle sauber seien. Tatsächlich setzen die Franzosen bereits heute einen Harnstofffilter für Stickoxide quer durch alle Baureihen ein und liefern damit unter realen Fahrbedingungen gute Werte ab.

Aus diesem Grund setzen immer mehr Hersteller auf alternative Antriebstechnologien, die auf eine Renaissance des Ottomotors schließen lassen könnten. Ottomotoren, kombiniert mit Plug-in-Hybrid, könnten, so das Handelsblatt, schon in wenigen Jahren genauso teuer sein wie ein Diesel. Auch in der Effizienz sind Plug-in-Hybrid-Automotoren dem Dieselmotor nicht unterlegen. Für die Tankstellen könnte dies heißen, dass, wenn ein solcher Umschwung käme, der Ottokraftstoff wieder an Bedeutung gewinnt und der Dieselkraftstoff im Pkw-Geschäft an Bedeutung verliert. Im Lastkraftverkehr werden die Dieselmotoren ihre Bedeutung behalten. Hier könnte flüssiges Erdgas (LNG) ein Alternativprodukt werden, um die Motoren der Lastkraftwagen umweltfreundlicher zu befeuern.