Chinas E-Auto Konzept könnte gelingen – Aus der Verbrenner war die Strategie

Auf der Automobilmesse in München waren sie zu sehen, die chinesischen E-Autohersteller wie BYD, Nio, Geely und SAIC, um nur einige beispielhaft zu nennen. Chinesische Hersteller haben angekündigt, mit ihren E-Autokapazitäten im europäischen Markt tätig zu werden, da sie enorme Überkapazitäten in der E-Mobilität geschaffen haben. Circa 15 Millionen Elektroautos im Jahr kann China bald produzieren, so die Vermutung von Experten. Dabei sind die heutigen Fabriken schon nicht ausgelastet. Entsprechend groß ist für die chinesischen Hersteller der Druck Käufer im Ausland zu finden.

Auf Druck der französischen Regierung wurde die EU aufgefordert, Handelsinstrumente zum Schutz der europäischen Autoindustrie zu nutzen. Mit einer Antisubventionsuntersuchung will die EU-Kommission von ihrem Recht Gebrauch machen, auf eigene Initiative gegen Marktstörungen, die von chinesischen E-Autoherstellern ausgehen, vorzugehen. Eine förmliche Beschwerde eines europäischen Autoherstellers lag nicht vor. Gerade die deutschen Autohersteller haben auf die Initiative der EU recht zurückhaltend reagiert. Unternehmen wie BMW, Mercedes und VW sind sehr stark vom chinesischen Markt abhängig und fürchten einen Handelskrieg mit China, denn diese werden, wenn die EU Maßnahmen ergreift, auch mit Gegenmaßnahmen reagieren. Der Deutsche Automobilverband VDA mahnte deshalb: „Mögliche Gegenreaktionen aus China müssen ebenfalls berücksichtigt werden.“ BMW tätigt ein Drittel seines Autoabsatzes in China. Jeder zweite 7er BMW, der in Deutschland hergestellt wird, wird in China verkauft. Bei Porsche und Mercedes sieht es bei den Luxusautos im Verbrennerbereich nicht anders aus.

Sollten die Zölle der EU für chinesische Autoimporte von derzeit zehn Prozent auf 15 Prozent angehoben werden, würde dies auch Tesla treffen. Tesla stellt in China die Hälfte seiner Fahrzeuge her und beliefert von China aus den europäischen Markt. In Deutschland wird nur das Modell Y von Tesla hergestellt. Tesla würde bei der Anhebung des Zolls um fünf Prozent mit 500 Millionen Euro belastet. Auch BMW will ab 2024 den elektrischen Mini in China produzieren und nach Europa exportieren.

Die chinesische Staatsführung hat den Aufbau der Elektroautoindustrie zwischen 2016 und 2022 mit rund 57 Milliarden Dollar unterstützt, gemäß Einschätzung der US-Beratungsgesellschaft Alix. Nach deren Berechnung werden 2028 in China 44 Prozent aller Neuzulassungen auf E-Fahrzeuge entfallen. Damit dürfte Peking erreichen, was ihnen mit den komplexen Verbrennermotoren nie gelungen war: Heimische Hersteller zu Weltmarktführern mit den einfacheren E-Motoren zu machen. Gleichzeitig wollte man in den Großstädten, wie zum Beispiel Shanghai eine bessere Luftqualität erreichen, auch wenn die CO2-Bilanz aufgrund des chinesischen Strommix, der in hohem Maße auf Kohle basiert, zu keinen unmittelbaren CO2-Einsparungen in deren Bilanz führt. Zudem haben die Chinesen ihren Emissionshandel so perfektioniert, das E-Autohersteller belohnt und Verbrennererzeuger bestraft werden. Hierdurch konnte Tesla weitere 350 Millionen an Emissionsgutschriften einsammeln, was nur noch von BYD in China übertroffen wurde, während die Verbrennerhersteller dieses mit der Malusregelung bezahlen.

Inzwischen stammen rund 60 Prozent aller Fahrzeuge mit Elektroantrieb weltweit von chinesischen Autobauern. Die hohen staatlichen Förderungen haben dazu geführt, dass hunderte neue Anbieter auf den Markt gekommen sind, um Subventionen abzugreifen. Bei der Untersuchung der EU geht es nicht um Kaufanreize innerhalb Chinas, denn diese gibt es auch in vielen europäischen Ländern für E-Autos. Es geht um Beihilfen, die chinesische Unternehmen bei der Verarbeitung von Rohstoffen der Batteriefertigung und der eigentlichen Autoproduktion erhalten haben. Allerdings weist der Chinaexperte bei der Berliner Denkfabrik Merics darauf hin, dass nur der geringste Teil der Staatshilfen auf direkte Subventionen entfiel. „Viel wichtiger sind Kredite zu außergewöhnlich günstigen Konditionen, die von den Staatsbanken vergeben werden. Lokale Behörden stellen chinesischen Unternehmen zudem oft Land unter Wert zur Verfügung.“ Darüber hinaus würden chinesische Firmen davon profitieren, dass ihnen billiger Stahl aus den nationalen Überkapazitäten zur Verfügung gestellt werde oder sie bevorzugt öffentliche Aufträge erhielten. „Der Aufstieg von BYD ist eng mit dem Taxigewerbe und den Bussen des öffentlichen Nahverkehrs in Shenzhen verknüpft“, betont Merics. Viele der chinesischen E-Autobauer sind bislang nicht profitabel oder erzielen nur sehr geringe Margen.

Das Kalkül, das die chinesische Regierung mit Subventionierungen des E-Motors vor zehn Jahren einführte, scheint aufzugehen. Die europäischen Hersteller sitzen in der E-Motorfalle, da ihre hohe Kompetenz und ihr Alleinstellungsmerkmal bei den Verbrennern bei E-Motoren nicht mehr greift. In China wird Volkswagen in diesem Jahr womöglich so wenig E-Autos verkaufen wie noch nie und das in einem Markt, der rasant wächst. Das deutsche Elektroschlusslicht in absoluten Zahlen bildet Mercedes mit etwa 10.000 zugelassenen Elektroautos in China im ersten Halbjahr. Das Geld verdienen Hersteller wie Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen (mit ihrer Premiummarken Audi und Porsche) in China mit ihren Verbrennern. Diese sind nach wie vor bei der Oberschicht auch als Verbrenner sehr beliebt.

Doch ganz so einfach ist es für die chinesischen Hersteller nicht. Es gibt zu viele chinesische Autohersteller mit einer zu hohen Zahl an Marken. Schätzungen reichen von 100 bis mehreren 100 Unternehmen, die sich einen beinharten Wettbewerb im E-Sektor liefern. Der Kampf in China tobt bei den Elektroautos vor allem um den Massenmarkt. BYD ist der unumstrittene Marktführer, gefolgt von Tesla. Sonst ist kaum ein Elektrohersteller in China profitabel. Jochen Siebert, ein anerkannter Berater in Chinas Automobilindustrie vergleicht die Situation mit der in Deutschland in den 50er-Jahren. „Damals hatte jede mittlere Stadt in Deutschland ihren eigenen Hersteller. Bis Anfang der 60er-Jahre blieben davon vielleicht zehn übrig.“ Er rechnet mit einem ähnlichen Verdrängungswettbewerb unter Chinas Autoherstellern. „Das ist kein Preiskampf, das ist ein Preiskrieg. Der ist absolut tödlich und dauert so lange bis genügend Wettbewerber ausgeschieden sind.“

Hinter vielen der Hersteller stehen aber auch Lokalregierungen. Häufig handelt es sich um Gemeinschaftsunternehmen mit westlichen oder chinesischen Konzernen, denn die Unternehmen sind wichtige Steuerquellen und Arbeitgeber für ihre Regionen und sie bringen Prestige. Aus diesem Grund zweifeln auch manche Beobachter, ob es wirklich zu einer Insolvenzwelle kommt. Die Lokalregierungen werden ihre Hersteller stützen und schützen, so Junyi Zhang, Autofachmann der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Viele Lokalregierungen sind jedoch hoch verschuldet, „deren Taschen sind nicht so tief“, sagt Zhang „ein Jahr lang schaffen sie das vielleicht, länger nicht“. Einige der europäische oder japanische Hersteller halten sich auch aus dem chinesischen E-Markt heraus. Dies gilt für den europäischen Hersteller Stellantis und Renault und die japanischen Hersteller wie Suzuki und Mitsubishi und mit Einschränkungen auch für Ford. Auch die koreanischen Hersteller warten ab. Sie setzen darauf, dass die chinesischen Elektroautohersteller ihr Geld schnell verbrennen. Deshalb bleibt erst einmal abzuwarten, wie der chinesische Preiskampf und die Marktbereinigung in diesem Markt ausgehen.

Allerdings sind die europäischen Hersteller in einer anderen Rolle als die amerikanischen. Die amerikanischen Verbrennerhersteller haben sich kaum in China engagiert. Anders sieht es in Europa und insbesondere bei den deutschen Herstellern aus, die gerade im vergangenen Jahrzehnt mit ihren Verbrennern sehr stark vom wachsenden Automobilmarkt in China profitierten. Dieser Markt bricht jetzt weg und dies war die Strategie der chinesischen Staatsregierung als sie den Aufbau der E-Motoren Industrie 2016 forcierte. Die CO2-Bilanz war nicht der primäre Focus. Vielmehr sah man, dass die chinesischen Autobauer den Anschluss an die hochentwickelten Verbrenner aus Europa, Korea, Japan oder USA nicht schaffen würden und dass die E-Motoren leichter zu entwickeln sind.

Wir wären in Europa gut beraten gewesen, mehr auf das Beiblenden von Biodiesel wie HVO (aus Abfallstoffen) zu setzen, um die Klimabilanz des Verbrenners zu verbessern und diese Technik am Leben zu halten. Da mittels Biosprits nur (!) 20 bis 30 Prozent an Emissionen einzusparen wären, je nach Beimischungsgrad, war dies den Politikern zu wenig, obwohl diese 20 bis 30 Prozent sich direkt auf den gesamten Kfz-Bestand auswirken würden. Deshalb setzten wir auch in Europa alles auf die Karte E-Motor, mit fatalen Folgen, die wir jetzt leider wirtschaftlich spüren werden. Das Verbrennerverbot der EU 2035 ist für die chinesischen E-Hersteller wie ein Elfmeter ohne Tormann.