Autokonzerne setzen jetzt auf Erdgas

VW und andere Autobauer denken darüber nach, Erdgas stärker in den Fokus des Kunden zu stellen. Erdgas soll den Konzernen helfen, den von der EU ab 2020 geforderten CO2-Ausstoß ihrer Fahrzeugflotten zu verbessern.

Im Jahr 2012 sind 6.300 erdgasbetriebene Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Erdgas ist, wenn man sich die letzten 10 Jahre ansieht, mit Sicherheit keine Erfolgsstory. Da sieht die Bilanz bei Autogas mit 580.000 Pkws schon besser aus. Doch dürfte das Ziel der LPG- Branche, 1 Million Autogasfahrzeuge bis 2015 auf deutsche Straßen zu bringen, wohl auch nicht erreicht werden.

Insbesondere der VW-Konzern setzt auf die erdgasbetriebene Mobilität. VW hat sogar erstmalig Fernsehwerbespots geschaltet, um den VW Up mit Erdgasantrieb in den Verkaufszahlen nach vorne zu bringen. VW plant, bis Ende 2013 seinen Kunden 16 VW-Modelle unter anderem den Golf mit Erdgasantrieb im Fahrzeugsortiment anzubieten. Auch die Konzerntochter Audi soll bis zum Jahresende 2013 mit einem A3 ein erdgasbetriebenes sportliches Fahrzeugmodell anbieten. 10 Prozent Absatzanteil sind für diesen Fahrzeugtyp geplant.

Warum setzt VW jetzt auf Erdgas?

VW setzt auf Erdgas, welches aus Biomethan (SNG) gewonnen werden sollte, um den CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte zu verbessern. Dieses wirkt sich positiv auf die CO2-Bilanz der von VW produzierten Fahrzeugflotte aus. Von der Erzeugung bis zum Verbrauch entstehen Treibhausgasemissionen von 5 Gramm CO2-Äquivalent je Kilometer, wenn zu 100 Prozent Biomethan eingesetzt wird. Folglich müsste die Landwirtschaft noch mehr Biomethan erzeugen, was dann wieder zu der Diskussion „Tank oder Teller“ führt.

2012 wurde in Zörbig die erste größere Anlage in Betrieb genommen, die jährlich aus
20.000 Tonnen Stroh Biomethan erzeugen kann, also keine sehr großen Mengen. Diese Biomethan-Mengen werden dann in das Erdgasnetz eingespeist. Folglich wird Biomethan mit dem normalen Erdgas vermischt und kann nur rechnerisch dem Kfz-Verbrauch zugerechnet werden.

Die EU sieht vor, dass der CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotten bis 2020 auf 95 Gramm CO2-Äquivalent je Kilometer abgesenkt werden soll. Ursprünglich hatten die Automobilproduzenten die Hoffnung, dass sie dieses mit Hilfe der Elektromotoren oder auch Hybridantrieben erreichen könnten. Doch bei der Elektromobilität ist die Euphorie gewichen und in der Automobilindustrie glaubt niemand wirklich mehr daran, dass im Jahr 2020 eine Million elektrobetriebener Fahrzeuge – inklusive Hybridmotoren – in Deutschland zugelassen sein werden. Folglich sucht die Automobilindustrie nach Alternativen, die ihr helfen, den CO2-Ausstoß in der Fahrzeugflotte auf das von der EU gewünschte Niveau im Jahr 2020 zu bringen. Gerade den deutschen Herstellern mit ihrem Schwerpunkt im Mittel- und Oberklassesegment wird es schwerfallen, diese Ziele zu erreichen. Deshalb soll jetzt das Erdgasauto forciert werden.

Doch auch bei der Erdgastechnologie ist noch viel Skepsis angesagt. Zurzeit sind die erdgasbetriebenen Fahrzeuge im Preis noch 3.000 bis 5.000 € höher als die Benzinmodelle. Auch weiß niemand, wie es zurzeit mit der Steuerermäßigung für Erdgas über das Jahr 2018 hinaus weitergeht. Erst in der nächsten Legislaturperiode wird die nachfolgende Bundesregierung die Weichen hierfür stellen. Wenn die Anzahl der erdgasbetriebenen Fahrzeuge zu rasch steigen würde, dann kann der Finanzminister auf die fehlenden Energiesteuereinnahmen – bei der chronischen Finanznot des Staates – dauerhaft nicht verzichten. Das Erdgasnetz in Deutschland umfasst zurzeit knapp 1.000 Tankstellen, wovon einige auch nur in Hinterhöfen angesiedelt sind und nicht an verkehrsintensiven Standorten liegen. Für Autogas gibt es rund 6.500 Tankstellen und für Kraftstoff wie Benzin und Diesel 14.000 Tankstellen.

Die Erdgaserzeuger ihrerseits hoffen, im Schwerlastverkehr mit LNG (Liquefied-Natural-Gas) als Kraftstofflieferant zum Zuge zu kommen. Die Mehrkosten, die sich auf rund 32.000 Euro pro Lkw belaufen, würden sich – so die Branche – recht schnell amortisieren. Dies würde auch gelten, sofern die Steuerermäßigung nach 2018 wegfällt. Allerdings gilt es noch einige Hürden zu nehmen, denn es ist noch kein Zulassungsverfahren für die Erdgas-Fahrzeuge in Deutschland etabliert. Das Gleiche gilt für die Tanks bei den LNG-Tankstellen. Auch diese haben noch keine Zulassung bzw. sind noch nicht richtig definiert.

Es wird über die Möglichkeit nachgedacht, LNG mit CNG (Compressed natural Gas) als sogenanntes L-CNG zu etablieren. In diesem Fall würde bei der Betankung Erdgas in flüssiges Gas umgewandelt.

Da in Europa die Lkws länderübergreifend unterwegs sind, wäre es sinnvoll, wenn sich die europäischen Länder auf einen Standard für LNG-Tankstellen und Lkws einigen. Ansonsten entsteht ein Flickenteppich, der viel Geld kostet bis er zu einem Standardteppich wird.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Erdgasstrategie tatsächlich entwickelt. Zunächst müssen die sicherheitstechnischen und sonstigen technischen Anforderungen erst einmal standardisiert und vereinheitlich werden.

Im Bereich der Elektromobilität haben wir schon gesehen, wie viele Schwierigkeiten zu überwinden waren und am Ende sind die Probleme wie Batterietechnik und Batteriegewicht sowie die Reichweite bis heute nicht gelöst worden. Der Autoverleiher
Erich Sixt erklärte, dass sein Unternehmen erst wieder E-Autos anbietet, wenn die Reichweite wirklich 150 km beträgt und dies auch dann, wenn die Klimaanlage an ist. Über die Aufbruchsstimmung hinaus, gab es letztlich kein nennenswertes Ergebnis. Mal sehen, wie es mit Erdgasstimmung weitergeht. Übrigens: Auch die Erdgasautos hat Sixt schon wieder aus dem Sortiment genommen.

Begriffsdefinitionen zum Thema Gas:

LPG: Liquefied Petroleum Gas
Flüssiggas, das als Brenngas oder Autogas verwendet wird, ist ein Gemisch aus Propan und Butan. Beide Produkte entstehen bei der Verarbeitung von Mineralölen in der Raffinerie.

CNG: Compressed natural Gas
Dies ist komprimiertes Erdgas, welches den Transport vereinfachen soll. Durch das Komprimieren wird Erdgas auf 1 Prozent seines Volumens reduziert und kann damit auch in Fahrzeugbehältern, allerdings bei einem Druck von 200 bis 248 Bar, gelagert werden.

LNG: Liquefied natural Gas
In diesem Fall wird Erdgas durch Kompression und/oder durch Kühlung auf minus 160 Grad, verflüssigt. Dies geschieht in der Regel nur für den Transport in Tankschiffen, um eine Alternative zur Pipeline zu haben.

GTL: Gas-to-Liquids
Bei diesem Verfahren wird Erdgas durch Zufuhr von Sauerstoff und Wasserdampf zu Kohlenwasserstoffen umgewandelt. Anschließend werden die Kohlenwasserstoffe im Hydrocracker aufgebrochen und in hochwertige Produkte – in der Regel für Dieselmotoren – umgewandelt. Diese farb- und geruchslose Flüssigkeit ist völlig schwefelfrei und erhält keinen Stickstoff. Große Raffinerien, die aus Erdgas GTL herstellen, stehen in Malaysia, Katar und Südafrika.

SNG: Synthetic Natural Gas
Biomethan entsteht aus einer Vergasung von Biomasse.