ED besuchte eine LNG Tankstelle

Im Verkehrssektor wurden in 2017 rund 178 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Bis zum Jahr 2030 soll die Treibhausgas-Emission aus dem Straßenverkehr um 50 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 sinken. Zurzeit weisen diese Emissionen aber eher eine steigende Tendenz auf. Dies liegt maßgeblich an dem steigenden Verkehrsaufkommen beim Personen- und noch mehr an der Zunahme des Güterverkehrs bis 2030. Um das angestrebte Emissionsziel dennoch zu erreichen, bleiben nur die Verbesserung der Effizienz der Motoren und der Einsatz von alternativen Kraftstoffen. Für den Schwerlastverkehr auf Fernstrecken scheidet ein elektrischer Antrieb wegen des hohen Eigengewichts der Batterie – und damit einer eingeschränkten Zuladungsmöglichkeit – für den Warentransport aus. Zudem wären solche E-Lkws um ein Vielfaches teurer als Lkws mit Dieselantrieb.

Aktuell rückt LNG (Liquified Natural Gas = verflüssigtes Erdgas) in den Mittelpunkt des Interesses von Politik und des Transportgewerbes. Das verflüssigte Erdgas (Hauptbestandteil Methan) könnte wesentliche Nachteile von Erdgasantrieben (CNG = Compressed Natural Gas) aufheben – vor allem den der geringeren Reichweite.

Aus diesem Grund haben wir uns einmal eine LNG-Tankstelle in Hamburg angesehen.

Bei LNG handelt es sich um verflüssigtes Erdgas, dessen Hauptbestandteil Methan ist. Aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften, lässt sich Erdgas bei Temperaturen von -160 bis -170 °C so stark verflüssigen, dass das Volumen um das 600-fache geringer ist, als im gasförmigen Zustand. Das bedeutet, dass man durch das Verflüssigen einen Kraftstoff erhält, der eine hohe Energiedichte hat. Durch das Verflüssigen kann man also eine große Menge Gas auf ein geringes Volumen reduzieren. Dadurch lässt es sich leicht in großen Mengen per Schiff über die Weltmeere transportieren und sorgt später für eine höhere Reichweite beim Lkw.

Eine LNG-Tankstelle ist kaum vergleichbar mit einer herkömmlichen Tankstelle. Es handelt sich hierbei um eine kleine Industrieanlage mit einem Platzbedarf von 1.200 m2 und besteht im Wesentlichen aus 6 Komponenten:

1 Tank für LNG mit einem Tankinhalt von ca. 30 Tonnen
1 Tank Stickstoff mit einem Inhalt von ca. 10 Tonnen
1 Wärmetauscher
1 Kryopumpe
1 Befüllvorrichtung mit Monitor für Drucküberwachung und Füllstandanzeige
1 – 2 Zapfsäulen

Aus genehmigungstechnischen Gründen ist der Lagertank für LNG auf eine Kapazität von 30 Tonnen begrenzt. Das entspricht rund 60 Kubikzentimetern LNG. Einmal am Tag muss der Tankwagen an die Station, um für Nachschub zu sorgen. Da es derzeit kaum Zwischenläger gibt, erfolgt die Nachversorgung über sehr weite Strecken. Zurzeit muss das LNG in Rotterdam bezogen werden. Das tägliche Nachfüllen ist unter anderem auch deshalb notwendig, damit das LNG im Lagertank seine tiefe Temperatur behält. Das Befüllen der Lagertanks mit 9 Tonnen LNG dauert gut 2 Stunden. Aus Sicherheitsgründen ist für diesen Zeitraum der gesamte Bereich um den Tankwagen abgesperrt und es kann kein LNG getankt werden. Der Standort der LNG Tankstelle muss daher sehr gut gewählt werden, da ansonsten der übrige Tankverkehr beeinträchtigt wird.

Der in einem gesonderten Tank gelagerte Stickstoff, der ebenfalls einmal die Woche neu befüllt werden muss, dient dazu, die Temperatur des LNG zu regeln. Wird LNG im Lagertank zu warm, kann es mit Stickstoff, der wesentlich kälter ist, wieder gekühlt werden. Das Ganze funktioniert über den Wärmetauscher und die Kryopumpe. Dies ist aus sicherheits- und umwelttechnischen Gründen notwendig, da ansonsten durch Erwärmen ein Überdruck in der Anlage entstehen würde und das gasförmige Methan in die Umwelt abgeblasen werden müsste. Zusätzlich werden durch den Stickstoff Verluste durch Schwund des LNG reduziert. Wie man sich leicht vorstellen kann, sind die Investitionskosten für eine solche Anlage sehr hoch. Sie liegen je nach Ausstattung über 1 Million Euro. Diese komplexen Anlagen müssen auch regelmäßig gewartet werden, damit sie sicher betrieben werden können.

Die Betankung des Lkw erfolgt über zwei spezielle, parallel aufgestellte Zapfsäulen. Zwei Zapfsäulen sind deshalb sinnvoll, weil der Vorgang des Betankens relativ lange dauert und leicht Wartezeiten entstehen. Außerdem gibt es bei den Lkw-Herstellern keine Einigkeit darüber, auf welcher Seite die LNG-Tanks angebracht werden. Manche Lkw haben zwei Tanks, so dass sie über zwei Säulen gleichzeitig befüllt werden können.

Der Tankvorgang beginnt damit, dass man das Fahrzeug exakt positionieren muss, damit die Anschlussschläuche leicht und sicher angebracht werden können. Aus Sicherheitsgründen muss der Fahrer immer kältefeste Handschuhe, lange Kleidung, ein Visier und nicht leitfähige Schuhe tragen. Bevor er dann den Schlauch anschließen kann, muss er die Anschlusskupplungen am Fahrzeugtank und am Füllstand penibel mit Druckluft reinigen. Dazu befindet sich an der Säule eine entsprechende Druckluftpistole. Der Reinigungsvorgang der Anschlussstücke dauert je nach Verschmutzungsgrad bis zu 5 Minuten.

Danach wird der Füllschlauch mit dem Tank des Fahrzeugs verbunden und der Tankvorgang über die Säule gestartet. Da der Tank des Fahrzeuges in der Regel leer ist und das LNG eine höhere Temperatur aufweist als beim Befüllen, liegt der Druck im Fahrzeugtank bei etwa 10-12 bar. Die Säule selbst befüllt mit einem Druck von rund 6,8 bar. Da die Betankung bei einem solchen Druckunterschied nicht möglich ist, wird über die Säule ein Druckausgleich durchgeführt. Dazu saugt die Säule einen gewissen Teil des Gases aus dem LKW-Tank ab und lagert diesen in der Säule zwischen. Nach dem Betanken wird diese Menge wieder in den Fahrzeugtank zurückgegeben. Für eine durchschnittliche Betankung von 150 Kilogramm LNG werden etwa 15 Minuten benötigt. Insgesamt dauert der gesamte Tankvorgang des LKWs mit dem Vorrüsten und Druckausgleich circa 25 Minuten.

Da es zurzeit noch wenige LNG Tankstellen gibt und der Tankvorgang recht lange dauert, kommt es zu langen Wartezeiten für den Fahrer. Extreme Wartezeiten von bis zu 2 Stunden bedeuten, dass geplante Touren nicht pünktlich ausgeführt werden können. Hinzu kommt, dass zwei- bis dreimal häufiger getankt werden muss, als mit einem Diesel, um die gleiche Reichweite abzudecken. Die Anschaffung und der Einsatz eines LNG-Lkw muss also gut geplant werden.

Je nach Einsatzbereich kann sich ein LNG-Fahrzeug jedoch für den Spediteur durchaus lohnen. Mehr als 80.000 Kilometer im Jahr muss ein LNG-Truck am besten auf langen Strecken rollen, damit sich die höheren Anschaffungskosten und die längeren und häufigeren Tankvorgänge für den Spediteur amortisieren. Gegenüber einer herkömmlichen Zugmaschine ist ein LNG-Antrieb ca. 30.000 – 40.000 Euro teurer. Allerdings funktioniert auch dieser Markt nur durch Förderungen vom Staat. So wird der Kaufpreis subventioniert und LNG-Fahrzeuge sind in der KFZ-Steuer begünstigt. Zudem sind LNG-Fahrzeuge bis 2023 von der Maut befreit. Ob diese Vergünstigungen längerfristig bleiben, wird die jeweilige Regierung neu entscheiden. Zudem werden die LNG-Mengen auf die Treibhausgasminderungsquote des Mineralölunternehmens angerechnet.

Laut einer Studie der deutschen Energie-Agentur wird LNG mittelfristig als die einzige wettbewerbsfähige Option zur Reduzierung der Ölabhängigkeit und der Treibhausgasemissionen im Schwerlastverkehr gesehen. Von allen alternativen Lkw-Kraftstoffen verursacht es die geringsten Treibhausgasvermeidungskosten. Dies gilt insbesondere, wenn LNG aus Bio-Methan hergestellt wird. Bio-LNG hat gegenüber dem LNG aus Erdgas den entscheidenden Vorteil, dass es erneuerbar ist und so deutlich mehr Treibhausgasemissionen vermeidet (höhere Anrechenbarkeit auf die zu erfüllende Bioquote).

Noch ist LNG für den Schwerlastverkehr ein Nischenprodukt, dessen Erfolg aktuell auf staatlichen Zuschüssen bzw. Steuer und Mautersparnissen beruht und der Bereitschaft der Mineralölgesellschaften hohe Investitionen zu tragen und wirtschaftliche Risiken einzugehen. Wenn von staatlicher Seite die Begünstigungen abgebaut würden, würde der Markt schnell wieder anders aussehen.

Derzeit sind in Deutschland circa 1.000 LNG-Fahrzeuge angemeldet. Bis Ende 2020 soll es in Deutschland circa 20 LNG-Tankstellen an verkehrstechnisch günstigen Standorten geben, die den derzeitigen Markt abdecken.