Wem gehören die Daten?

Sich individuell mit dem Auto fortzubewegen, ist für uns Menschen ein großes Stück Freiheit. Wir entscheiden, wann und wo wir hinfahren und ob wir dies allein oder mit der Familie oder Freunden tun. Wir fahren los und fühlen uns unabhängig und frei. Doch sind wir das wirklich? Längst wissen Autos so gut wie alles über ihre Nutzer. Sie erkennen, wo wir unterwegs sind, wie schnell wir sind, wie stark wir Gas geben, und der Sleep Lidsensor sieht, wenn wir müde werden. Bis zu 80 Messsysteme und Minicomputer werden heute schon in ganz normale Autos eingebaut. Mit diesen Daten kann viel Positives erreicht werden. In erster Linie sollen sie den Fahrzeugführer und seine Passagiere mit Daten unterstützen und hierdurch schützen.

Doch leider passiert auch anderes. Der heutige Ford-Europa-Chef hatte einmal auf einer Podiumsdiskussion Folgendes gesagt: „Wir kennen jeden Autofahrer, der die Verkehrsregeln bricht. Und weil GPS in den Autos ist, wissen wir wo und wie jemand das tut.“ Allerdings folgte nach einem Shitstorm ein rasches Dementi dieser Aussage.

Die deutschen Autohersteller sagen, dass die Daten nur Momentaufnahmen seien und nicht dauerhaft gespeichert würden. Mit den vorhandenen Daten ist jeder normale Autofahrer, zumindest theoretisch, recht gläsern. So könnte der Datenspeicher Auskunft über den Fahrstil des Autofahrers geben. Werkstätten könnten Fahrzeuge via Borddisplay vorzeitig zur Wartung in die Werkstatt rufen. Dass eine Fernabschaltung möglich ist, zeigt auch folgendes Beispiel: Renault kann seine Elektrofahrzeuge schon heute auf Knopfdruck stilllegen, wenn der Fahrer seine Leasinggebühr für den Akku nicht bezahlt hat.

Die Düsseldorfer Sparkassen-Direktversicherung bietet seit Ende 2013 eine Telematikbox für das Auto an, die den Fahrstil aufzeichnet. Der defensive Autofahrer kann einen Rabatt von bis zu 5 Prozent erhalten.

Die tschechische VW-Tochter Skoda ermöglicht ihrer Kundschaft, die erhobenen Fahrdaten mit anderen Nutzern zu teilen. Für das Modell Fabia wurde ein „Drive-Portal“ geschaffen. Eine zuvor auf das Smartphone geladene App ermittelt die rele-vanten Fahrwerte und sendet diese an das Portal, wo sie von anderen Fabia-Fahrern eingesehen werden können.

Längst hat auch Google, der größte aller Datensammler, die Chancen der fortschrei-tenden Automobilrevolution für sich entdeckt. Google stellte auf der diesjährigen Computermesse auch ein selbstfahrendes Auto vor. Autos, die keinen Fahrer mehr brauchen, brauchen jede Menge Daten, um sich sicher im Verkehr zu bewegen. Ohne das detaillierte Wissen, wer wo wie unterwegs ist, würden die Fahrzeuge nicht selbstständig fahren. Wenn Autos mit der Umwelt elektronisch kommunizieren und ständig Positionsdaten senden, werden diese Daten letztlich auf irgendwelchen Servern verwaltet und gespeichert.

Dass dies möglich ist, zeigte Audi. Sie ließen einen Audi A7 mit dem Spitznamen „Jack“ unbemannt 900 km aus dem Silicon Valley nach Las Vegas zur Technik-Messe CES rollen. Jack hat niemanden mehr, der ihn lenkt, der Gas gibt oder bremst. Auch der Mercedes F015 zeigte als Prototyp in Las Vegas, dass er schon alleine fahren kann. Die Frage, wem die beim Bewegen eines Fahrzeugs gewonne-nen Daten gehören, wer sie nutzen oder gar weitergeben darf, ist schwer zu beant-worten. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, klar zu definieren, welche Daten der All-gemeinheit dienen, welche Daten den Kfz-Herstellern und welche Daten dem Fahr-zeugführer. Auch gilt es, über den Datenschutz zu regeln, ob diese Daten überhaupt oder wenn ja, wo und wie lange gespeichert werden dürften. Wenn die Automobilindustrie die zunehmende EDV-technische Vernetzung des Automobils bis hin zum autonomen Fahren bei den Fahrzeugnutzern durchsetzen will, so ist die Automobilindustrie gut beraten, die Kunden mit auf die Reise zu nehmen. Ansonsten gilt das Versprechen des Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG, Dieter Zetsche: „Wir werden den Zugang zu unseren Kunden nie verkaufen!“