Die EU-Kommission diskutiert weitere Verschärfungen bei den Abgastests für Pkws

Nach dem Abgasskandal um VW wollen Politiker neue, mehr an der Praxis orientierte Abgastests. Es ist eine bekannte Tatsache, dass der Schadstoffausstoß im Verkehr höher ist als unter Laborbedingungen. Leicht abzulesen an den Verbrauchsangaben der Hersteller und der eigenen Erfahrung mit dem Verbrauch eines neuen Fahrzeuges. Realitätsnahe Emissionstests sollten, so die Politik, Abhilfe schaffen, sodass beide Werte weniger voneinander abweichen. Im Oktober 2015 hatten sich die Experten von EU-Kommission und EU-Staaten auf Vorgaben für die Tests von Pkws unter realen Fahrbedingungen geeinigt. Der Rahmen für die Grenzwerte fiel jedoch großzügiger aus als von Brüssel geplant. Vor allem die Bundesregierung und deutsche Autohersteller hatten auf eine Abschwächung gedrängt.

Der derzeitige Grenzwert für Stickoxidemissionen liegt bei 80 Milligramm pro Kilometer. Für eine Übergangsphase von etwa zwei Jahren hatte die Kommission für den Test unter Realbedingungen Abweichungen in Höhe eines Faktors von 1,6 tolerieren wollen, also 128 Milligramm. Tatsächlich haben sich die technischen Experten der Mitgliedsstaaten aber auf einen Faktor von 2,1 für neue Fahrzeugmodelle ab 2017 geeinigt. Das heißt, es sind bis zu 168 Milligramm erlaubt. Ab 2020 ist ein Aufschlag für die Messungsgenauigkeit von nur noch 0,5 erlaubt. Diese Anforderungen sieht der Verband der Automobilindustrie (VdA) schon als äußerst ehrgeizig. Welche Werte letztlich kommen, bleibt abzuwarten, da die Verhandlungen innerhalb der EU noch laufen. Doch die Hersteller warten nicht ab und wollen vorher reagieren.

Der Opel-Chef, Karl Thomas Neumann, erklärte: „Für mich ist klar, dass die derzeitige Dieseldiskussion eine Zäsur bedeutet. Die Welt ist nicht mehr wie zuvor und wir können das nicht ignorieren.“ Aus diesem Grund will Opel bei neuen Dieselmotoren nicht nur die gesetzlich vorgeschriebenen Verbrauchsangaben nach dem Standardzyklus NEFZ angeben, sondern auch die Werte des realistischeren WLTP-Zyklus. Künftig will Opel verstärkt auf Harnstoffkatalysatoren (AdBlue-Technik) setzen, um Diesel sauberer zu machen. Die AdBlue-Technik gilt als effektiv, aber teuer. Bisher wurde sie deshalb nur in großen Opelmodellen eingesetzt, wie beim Insignia, dem Cascada und dem Zafira. Welche Baureihen in Zukunft noch hinzukommen, hat Opel noch nicht erklärt. Die teure Abgasreinigung wird kleinere Diesel preislich unattraktiv machen. Opel bietet schon heute für die Kleinwagen Karl und Adam keine Dieselvariante an. Ob der Corsa in 10 Jahren noch als Diesel erhältlich sein wird, konnte Opel nicht sagen.

Toyota verabschiedet sich schrittweise vom Dieselantrieb und hat angekündigt, künftig keine neuen Dieselmotoren mehr zu entwickeln. Der Autoexperte Stefan Bratzel sagt hierzu: „Wir erleben hier einen globalen Trend in der Automobilindustrie. Die Entwicklung von Dieselmotoren ist ohnehin teurer als die von Benzinern. Wenn jetzt nach den Manipulationen von Volkswagen die Testfahrten verschärft werden, wird die Abgasreinigung aufwändiger, dann rechnet sich der Diesel häufig nicht mehr“, so der Automobilexperte. Stefan Bratzel glaubt, dass der Selbstzünder den Höhepunkt als Antriebsart überschritten hat. Toyota will bis 2050 die CO2-Flottenemissionen der Neuwagen um 90 Prozent gegenüber 2010 senken. Dieselmotoren sind zwar effizienter als Benziner, sie stoßen bei gleicher Laufleistung weniger CO2 aus, aber da sie Stickoxide in die Luft abgeben, werden sie als „schmutzige Autos“ gesehen, die für den Menschen ein Gesundheitsrisiko darstellen.

Aus diesem Grund setzt Toyota verstärkt auf Hybrid-Modelle und auf Autos mit Brennstoffzellenantrieb. 2020 will Toyota 30.000 Brennstoffzellenautos weltweit verkaufen. Einige Dieselmotoren baut Toyota schon jetzt nicht mehr. Derzeit läuft noch ein Diesel mit 1,4 Litern Hubraum vom Toyota-Band. Die 1,6 Liter- und 2,0 Liter-Dieselmotoren werden von Toyota beim Konkurrenten BMW gekauft und in die Toyota-Modelle eingebaut. Ausnahmen sieht Toyota in größeren Hubraumklassen für Pickups oder schwere SUVs.

Den Japanern fällt der Abschied vom Diesel leicht, denn in den Stammmärkten der japanischen Hersteller – Asien und Amerika (Nord wie Süd) – spielt der Diesel kaum eine Rolle. Die teure Entwicklung von Dieselmotoren lohnt sich für die Japaner nicht, und dies gilt im Grundsatz auch für die amerikanischen Autobauer. Diese bauen weiterhin Autos mit Dieselvarianten, aber dies gilt im Fall von Ford und Opel nur für den europäischen Markt. Hier wird sich der Dieselantrieb, so Stefan Bratzel, noch einige Zeit halten, denn ohne Diesel können insbesondere die deutschen Hersteller die von der EU verordneten CO2-Grenzwerte ab 2021 nicht einhalten. Mercedes, BMW, aber auch Volkswagen mit seinen Premiumtöchtern Porsche und Audi, sind schon deshalb auf den verbrauchsarmen Diesel angewiesen, weil sie stark motorisierte Fahrzeuge bauen, die überdurchschnittlich viel CO2 ausstoßen.

Auf der anderen Seite wird die Automobilindustrie immer globaler. Da der Diesel auf den größten Absatzmärkten der Welt, den USA und China sowie in den Märkten von Südamerika oder den anderen Schwellenländern keine Rolle spielt, wird der fehlende Absatzmarkt zunehmend zum Entwicklungshemmnis für den Dieselmotor.

Schade, denn gerade für den Dieselmotor gibt es interessante Mischungen aus
Diesel auf Mineralölbasis und Diesel aus nachhaltigen Bioprodukten wie HVO, die eine exzellente Oktanzahl und damit eine tolle Motorleistung sowie eine gute CO2-und Stickoxidbilanz aufweisen würden.