ADAC und VDA sind dagegen – der Finanzminister auch

Das EU-Parlament hat im Juni entschieden, dass ab 2035 in der EU keine neuen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen mehr zugelassen werden dürfen, die beim Fahren CO2 ausstoßen. Die einzige verfügbare Technik dafür ist das Elektroauto oder grüner Wasserstoff. Diesem Vorschlag stimmten die EU Länder Ende Juni zu. Allerdings hat man einen Türspalt für Verbrenner, die mit E-Fuels betankt werden, offengelassen. Die EU Kommission wurde beauftragt einen zusätzlichen Vorschlag für Verbrenner zu machen, die mit E-Fuels betankt werden. Ein solcher Vorschlag muss dann wieder das langwierige Gesetzgebungsverfahren der EU durchlaufen. Es bleibt also eine Hintertür für E-Fuels, die aber nicht besonders weit offensteht, wie das Handelsblatt anmerkte.

Der ZDH (Zentralverband des Handwerks), VDA (Verband der deutschen Automobilhersteller) und der ADAC warnten ebenfalls vor einem strikten Verbrennungsverbot in der EU ab 2035. Der Tenor: Weltweit werden auch nach 2035 noch viele Verbrenner verkauft, sich bereits heute mit einem verbindlichen Datum aus diesem Markt zu verabschieden, ist zu früh. Der europäische Verband der Automobilzulieferer (CLEPA) rechnet mit Verlusten von bis zu einer halben Million Arbeitsplätze in der EU.

Ursprünglich war auch Deutschland skeptisch gegenüber dem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, aber unter der Ampelkoalition unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag der EU-Kommission, wie Umweltministerin Steffi Lemke im März klarstellte. Allerdings sagte Finanzminister Lindner noch im Juni beim Tag der Industrie: “Ich habe entschieden, dass ich/wir dieser europäischen Rechtssetzung nicht zustimmen werden.“ Lindner verwies auf die nötige Technologieoffenheit. Wenn es ab 2035 ein solches Verbot in der EU gäbe, würde diese Technik in der EU nicht weiterentwickelt. Der Verkehrsminister Wissing erklärte, dass die Entscheidung zum Aus des Verbrennungsmotors nicht unsere Zustimmung findet. Das Aus wäre ein harter Schritt, denn am Verbrenner hängen viele Arbeitsplätze. „Wir wollen, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden, wenn diese nachweisbar mit E-Fuels betankt sind“, so Wissing. Doch am Ende gab es den oben beschriebenen Kompromiss, der faktisch den E-Fuels keine große Chance einräumt doch noch in die Gesetzesvorlage zu kommen, die im nächsten Schritt von der EU ausgearbeitet wird.

Verbrennungsmotoren im Kfz-Bestand werden für Altfahrzeuge auch nach 2035 weiter erlaubt sein. Der deutsche Automobilverband geht davon aus, dass nach 2030 immer noch 33 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotoren auf deutschen Straßen unterwegs sind, wenn es der Bundesregierung tatsächlich gelingt bis 2030 15 Millionen reine E-Pkw im deutschen Kfz-Bestand zu haben. Ende 2022 wird der E-Fahrzeugbestand wahrscheinlich erstmalig die Grenze von einer Million Pkw in Deutschland erreichen. Um die Zahl von 15 Millionen Pkw bis 2030 zu erreichen, müssten ab 2023 bis 2030 knapp 2 Millionen E-Fahrzeuge jährlich in Deutschland zugelassen werden. Das hieße, circa 60 Prozent der jährlichen Pkw-Neuzulassungen müssten reine E-Fahrzeuge sein, aktuell sind es 15 Prozent.

Synthetische und Biokraftstoffe als Beimischung könnten helfen, den Kfz-Bestand CO2-ärmer zu machen, anstatt ausschließlich auf Strom für Pkws zu setzen. Der Strom in Deutschland wird aus heutiger Sicht noch längere Zeit aus Kohle, statt aus dem CO2-ärmeren Erdgas oder gar Wind oder Sonne hergestellt. Auch die Tatsache, dass eine gesicherte und bezahlbare Energieversorgung ohne Back-up-Lösungen für Wind und Sonne durch Kohle-, Gas- oder Atomstrom nicht funktionieren wird, gilt es zu bedenken.