Der Rohölpreis fällt – leider auch der €

Niedrige Rohölpreise sorgen für günstige Kraftstoffversorgung zur Reisezeit

Im zweiten Jahr in Folge sind die Kraftstoffpreise im Jahresdurchschnitt deutlich tiefer als im Vorjahr. Gerade die niedrigen Kraftstoffpreise sowie die gesunkenen Nahrungsmittelpreise sorgen für eine sehr niedrige Inflation im Euroraum und eine hohe Kaufkraft in Deutschland.

Doch diese niedrige Inflation ist der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Dorn im Auge. Deshalb versucht die EZB, den Euro auf Talfahrt zu schicken. Hierdurch wür-den die Importe wie Öl oder Fertigprodukte aus Öl im europäischen Markt wieder teurer, während der Absatz von Produkten aus dem Euroraum im Dollarraum billiger würde. Die EZB hat Angst vor einer Deflation, das heißt kontinuierlich sinkenden Preisen. Einige nicht reformwillige Euroländer wollen mit einem billigen Euro ihre Wirtschaft wieder ankurbeln und hoffen dadurch, notwendige Reformen zu vermei-den.

Wäre der Euro-Dollar-Wechselkurs zurzeit auf der Höhe von Anfang 2014, so wären die Kraftstoffpreise in Deutschland in den letzten Wochen noch fünf Cent günstiger gewesen.

Da die Welt zurzeit mit Öl und Gas mehr als ausreichend versorgt ist, sind die Roh-ölpreise unter 100 Dollar gefallen. Zudem gibt es Anzeichen für eine schwächelnde Weltkonjunktur, sodass die Nachfrage nach Öl weltweit nachlassen könnte. Zurzeit geht die Internationale Energieagentur (IEA), aber auch die OECD davon aus, dass, wenn keine größeren politischen Krisen irgendwo in der Welt ausbrechen, der Roh-ölpreis auch im Jahr 2015 auf dem diesjährigen Preisniveau bleibt – eventuell sogar leicht darunter. Die OPEC-Staaten scheinen auch mit einem Preis von 90-100 Dollar zurechtzukommen. Erst ab einem Preis von unter 90 Dollar rechnen Analysten mit einer Senkung der OPEC-Förderung.

Die viel spannendere Frage ist zurzeit, wohin geht der Euro?

Die mutigste Prognose haben zurzeit die Deutsche Bank und Goldmann Sachs ausgesprochen. Diese sehen in den nächsten zwei Jahren den Euro-Dollar-Wechselkurs bei 0,95 € bzw. 1 € pro Dollar. Dies wären 25 Cent weniger als Anfang Oktober 2014. Die Mehrzahl der Geldhäuser geht zurzeit davon aus, dass der Euro bereits in 2015 im Verhältnis zum Dollar auf 1,15 €, eventuell 1,10 €, sinkt.

Selbst wenn der aktuell günstige Rohölpreis bliebe, würde allein aus dieser Tatsache heraus der Preis an der Tankstelle inklusive Mehrwertsteuer in 2015 um 7 Cent je Liter zunehmen. Bei einer Währungsparität in 2017 von 1:1 zwischen Euro und Dollar würden die heutigen Tankstellenpreise um 15-16 Cent je Liter inklusive Mehrwertsteuer zunehmen. E5 würde wieder 1,70 € kosten und der Diesel 1,50 €. Wohlgemerkt, hierbei wurde unterstellt, dass der Rohölpreis auf dem günstigen Niveau von Anfang Oktober 2014 von 95 Dollar bleibt. Wenn der Rohölpreis bis 2017auch steigen würde, wären die Effekte noch wesentlicher höher.

Es spricht einiges dafür, dass das Szenario eines abwertenden Euros eintritt. Die Zinsen im Euroland sind für manche Banken und Firmen schon negativ. In den USA rechnet man damit, dass wenn die Arbeitslosigkeit wieder unter 6 Prozent ist, die amerikanische Bundesbank spätestens in 2015 die Zinsen anhebt. Wenn in den USA mehr Zinsen als in Europa gezahlt werden und der Anleger noch zusätzlich einen stärkeren Dollar gegenüber dem Euro erwartet, könnten 500 Milliarden bis 1 Billion Euro in den Dollarraum abwandern. Zu dieser Einschätzung kommen die Währungsexperten der Deutschen Bank.

Es wird spannend, ob die EZB mit ihren Maßnahmen den Euro gedrückt bekommt.
Ob die Märkte dies auch so sehen, bleibt abzuwarten.

Zudem kann der Schuss auch nach hinten losgehen. Wenn in Deutschland die Energiepreise wieder kräftig steigen, denn neben Öl wird auch Gas und Kohle in Dollar bezahlt, dann wird dem deutschen Markt Kaufkraft entzogen. In der Folge wird der Verbraucher seinen Konsum nach Dienstleitungen oder Produkten zurückfahren, denn große Teile seiner Kaufkraft gehen für Öl, Gas und Kohle in andere Länder.

Die Mineralölbranche ist deshalb gut beraten, in den nächsten Monaten nicht nur den Rohölpreis, sondern auch den Dollarkurs im Blick zu behalten. Wenn dann die Tankstellenpreise wieder steigen, wird die Politik schnell nach den Sündigen an der Tankstelle suchen und recht bald vergessen, dass sie selbst den schwachen Euro wollte.