Immer wieder wird die Frage gestellt, was ein fairer Marktpreis für Rohöl ist. Stellt man die Frage nach einem angemessenen Ölpreis, so erhält man, je nachdem wen man fragt, sehr unterschiedliche Antworten. Naturgemäß möchten die Produzenten einen möglichst hohen Preis erzielen, während die Verbraucher so wenig wie möglich für Öl aufwenden wollen.

Die Fracking-Unternehmen in den USA orientieren sich an ihrem Break-Even Preis. Liegt der Rohölpreis darüber, werden Gewinne erzielt und die Produktion wird hochgefahren. Liegt der Preis darunter, macht es wirtschaftlich keinen Sinn Rohöl zu fördern und die Anlagen werden abgeschaltet.

Im Gegensatz dazu spielt bei den OPEC Staaten die Break-Even-Preisschwelle eine untergeordnete Rolle. Die Produktion in diesen Ländern ist oftmals recht günstig, sodass der aktuell gehandelte Rohölpreis meistens über dem Break-Even-Point liegt. Für die OPEC ist jedoch eine weitere Preisschwelle von großer Bedeutung. Das ist der Preis, den diese Staaten erreichen müssen, um einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu erzielen. Die OPEC Staaten interessiert also nicht nur ihr Break-Even- Preis, sondern sie haben darüber hinaus eine zweite Preisschwelle, die sie überspringen müssen. Der Unterschied zu den Fracking-Unternehmen kommt daher, dass diese hauptsächlich privater Natur sind, während die Ölfirmen in den OPEC Staaten sich meistens in staatlicher Hand befinden. Gewinne aus den Ölfirmen, werden in die Staatskassen umgeleitet.

Je höher die Kosten des Staatsapparates, desto höher der angepeilte Ölpreis, insbesondere dann, wenn dem niedrigeren Ölpreis auch eine geringere Förderung gegenübersteht. Je nach Höhe der jeweiligen Produktionsmenge ergibt sich für das jeweilige OPEC-Land ein unterschiedliches Preisniveau. Die Besten kommen mit knapp 50 Dollar zurecht, während Länder im mittleren Bereich mit 60 bis 70 Dollar klarkommen. Einige Länder brauchen jedoch auch einen Ölpreis, der deutlich über 100 Dollar liegt. Wegen der hohen Staatsschulden und einer sinkenden Förderung, benötigt Venezuela mittlerweile sogar einen Ölpreis von 121 Dollar, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Noch schlimmer ist es in Libyen, dessen Ölproduktion mit 0,3 Millionen Barrel pro Tag nur einen Bruchteil des ursprünglichen Potenzials ausmacht. Vor dem Sturz Gaddafis lag die Produktionskapazität bei etwa 1,5 bis 1,6 Millionen Barrel pro Tag. Aufgrund des niedrigen Produktionsniveaus bräuchte das Land mittlerweile einen Preis von etwa 195 Dollar. Wenn Libyen an seine alten Produktionsmengen anknüpfen würde, dann käme das Land auch mit einem Ölpreis von 50 Dollar zurecht.

Auch in Nigeria ist die Produktionskapazität durch Anschläge auf Öl-Pipelines eingeschränkt wodurch ein ausgeglichener Staatshaushalt für Nigeria mit der jetzigen Produktionsmenge nur zu erreichen ist, wenn der Preis bei 104 Dollar liegen würde.

Nachstehend die notwendigen Ölpreise, die die OPEC-Staaten, bezogen auf den Monat Mai 2016, benötigen, um ihren Haushalt zu finanzieren.