Was das Auto von morgen antreibt?
Das Institut für Fahrzeugkonzepte vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat untersucht, wie sich der Pkw-Markt bis 2040 entwickeln könnte, wenn die Klima-schutzziele (CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2040 in mehreren Stufen auf 45 g CO2/km zu senken) verschärft werden.
Hierbei hat das Institut vom Kunden aus zurückgedacht. Es wurde kein Wunschszenario aufgebaut, wie es vielfach in der Politik geschieht, sondern es wurde untersucht, was sich auf Basis des Kundenverhaltens tatsächlich einstellen könnte.
Jeder Mensch möchte sich seine Flexibilität und damit seine Individualität bei der Fortbewegung von A nach B bewahren. Dies ist ein Ausdruck persönlicher Freiheit und für viele Menschen auch eine tägliche Notwendigkeit, um zur Arbeitsstelle,
zum Einkaufsort oder zu einem Treffen mit anderen Menschen zu kommen. Manche Verbände und Politiker fordern, dass wir diese Individualität und Freiheit zugunsten der Umwelt einschränken sollten.
Die Autoren der Studie zeigen auf, dass die Vorgaben, die die Bundesregierung und die EU im Rahmen des Klimaschutzes und der Effizienzziele setzt, auch zu erreichen sind, ohne dass unsere persönliche Mobilität eine Einschränkung bzw. gar eine Bevormundung erfährt.
Zum einen kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass in Zukunft vielfältige Autotypen dem Kunden zur Verfügung stehen werden. Da die vielfältigen Kundentypen unterschiedliche Anforderungen haben, muss diesem individuellen Anspruch mit den entsprechenden Fahrzeugmodellen Rechnung getragen werden. Die Autoren haben dabei berücksichtigt, dass die Unterhaltungskosten des jeweiligen Fahrzeugtyps als auch der Anschaffungspreis die jeweiligen Kundentypen begrenzen, was deren Fahrzeugauswahl angeht.
Die Autoren haben auch die unterschiedlichsten Antriebskonzepte berücksichtigt, die den Kunden zur Verfügung stehen. Hierzu zählt zum einen der klassische Verbrennungsmotor, der durch Otto- und Dieselkraftstoff angetrieben wird. Als Nächstes zählen hierzu die Erdgasfahrzeuge, die mit CNG angetrieben werden.
Bei den Elektrokonzepten wurde in folgende Fahrzeugantriebsarten unterschieden.
Der Parallelhybrid verfügt über einen Verbrennungsmotor der konventionell, das heißt mit Otto- oder Dieselkraftstoff, betrieben wird. Anfallende überschüssige Ener-gie wird über einen Generator für die Akku-Ladung verwendet. Beim Beschleunigen arbeiten Verbrennungs- und Elektromotor gemeinsam. Bei gleicher Beschleunigung kann also ein kleiner Verbrennungsmotor verwendet werden. Beim Bremsen und beim Schubbetrieb wird ein Teil der Bremsenergie in den Akkumulator zurückgeführt. Hierdurch sind solche Fahrzeuge, insbesondere für Kunden, die sich viel im Stadtverkehr bewegen, interessant. Das bekannteste Beispiel hierfür ist zurzeit der Toyota Prius.
Des Weiteren gibt es den Plug-in-Hybrid, der auch gerne Steckdosenhybrid genannt wird. Bei dieser Variante wird die Batterie zusätzlich über das Stromnetz extern geladen. Diese Fahrzeuge haben eine größere Batterie als ein reiner Hybrid, als Beispiel hierfür kann der Toyota Prius Plug-in herangezogen werden.
Eine dritte Variante ist der Range Extender. Range Extender, übersetzt Reichweitenverlängerer, sind zusätzliche Aggregate, die in einem Elektrofahrzeug die Reichweite des Fahrzeugs erhöhen. In der Regel treibt ein Verbrennungsmotor einen Generator an, der seinerseits die Batterie und den Elektromotor mit Strom versorgt. Das bekannteste Beispiel ist der Opel Ampera.
Des Weiteren gibt es batterieelektrische Fahrzeuge, sogenannte Elektroautos, die ausschließlich über eine Batterie betrieben werden. Hier ist das bekannteste Beispiel der Nissan LEAF.
Eine weitere Variante sind die Brennstoffzellenfahrzeuge, die ebenfalls mit elektri-scher Energie angetrieben werden, allerdings wird deren Energie aus dem Energie-träger Wasserstoff durch eine Brennstoffzelle erzeugt und durch Elektromotoren in Bewegung umgewandelt oder in einer Batterie zwischengespeichert.
Fahrzeuge, die mit Autogas angetrieben werden, wurden in der Studie nicht berück-sichtigt, da Autogas ein reiner Nachrüstmarkt ist und somit auf die zukünftige Ausgestaltung der Neufahrzeugflotte kaum Berücksichtigung findet. Aus diesem Grund wurde in der Studie der Autogasanteil den Marktanteilen der Benziner weiterhin zugerechnet.
Des Weiteren haben die Autoren unterstellt, dass in Zukunft weitere Verbesserungen bei den Kraftfahrzeugen stattfinden werden. Technologische Verbesserungsmaßnahmen sind Leichtlaufreifen, motorische Verbesserungen wie automatische Zylinderabschaltung, Downsizing bei den Motoren und weitere Leichtbaumaßnahmen, um Gewicht zu reduzieren.
Bei den konventionellen Kraftstoffen wurde in der Studie davon ausgegangen, dass sich die Beimischungsquoten von Biokraftstoffen im Wesentlichen nicht weiter ändern, da die Autoren auch ein Umdenken innerhalb der EU sehen. Das heißt, die heutigen Bioquoten bei Benzin- und Dieselmotoren wurden unverändert gelassen und die damit verbundene CO2-Ausstoßersparnis wurde auch entsprechend für die Zukunft fortgeschrieben.
In dem Basisszenario wurde von den Autoren unterstellt, dass der CO2-Ausstoß laut EU-Verordnung im Jahr 2020 95 g CO2/km und eine denkbare Fortschreibung auf
70 g CO2/km im Jahr 2030 und 45 g CO2/km im Jahr 2040 erfolgt. Es stellte sich deshalb die Frage, sind solche CO2-Vorgaben mit der heutigen Antriebstechnik zu schaffen und wie werden sich die Antriebstechniken bis 2040 in diesem Markt be-haupten bzw. etablieren.
Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die ab dem Jahr 2020 geltenden Ziel-werte beim CO2-Ausstoß überwiegend mit heutiger konventioneller Antriebstechno-logie zu schaffen sind, und dass in dem untersuchten Zeitraum die Hybrid-Fahrzeuge erst ab 2020 einen größeren Marktanteil erzielen. Ab 2030 würden dann die Parallel-Hybridfahrzeuge, und zwar jene, die neben dem konventionellen Kraftstoff noch einen Elektromotor haben, eine größere Bedeutung erlangen, um die Emissionsvorgaben zu erreichen. Je nach dem Fahrprofil des Kunden (Kurzstrecken oder Langstreckfahrer etc.) kämen Fahrzeuge mit verlängerter Reichweite Range-Extender und stromnetzgebundene Plug-in-Hybride allmählich in den Markt.
Erst ab 2040 steigt der Grad der Elektrifizierung weiter an und die Mehrzahl der Neuwagenkäufer entscheidet sich für Range-Extender und Plug-in-Hybride. Diese fortschrittlichen Hybridvarianten sind mit einem Benzin- oder Dieselmotor ausgestat-tet, um die hohen Kundenansprüche zu erfüllen. Daher besitzt im Jahr 2040, so die Studie, noch 85 Prozent der Neufahrzeuge einen Verbrennungsmotor. Gleichzeitig werden 80 Prozent aller Neufahrzeuge auch elektrifiziert sein. Die Fahrzeuge haben dann beide Elemente in sich vereint, Verbrennungs- und Elektroantrieb. Rein batterieelektrische Antriebe, das heißt Elektrofahrzeuge, können hingegen die hohen Fahrleistungen und erforderlichen Reichweiten vieler Kunden nicht realisieren und sind für die Mehrzahl der Kunden zu teuer, so die Studie. Sie stellen Nischenanwendungen für spezielle Zyklen und besonders innovationsfreundliche Kunden dar.
Der in den vergangenen Jahren festzustellende Trend zu Dieselfahrzeugen hält auch im Basisszenario in naher Zukunft weiter an. Bis 2020 so die Studie, wählt die Mehrheit der Kunden bei dem konventionellen Antrieb den effizienteren Dieselmotor.
Da die Anpassungen nur bei Neufahrzeugen erfolgen und jährlich nur 7 Prozent des Gesamtbestandes erneuert werden, verläuft diese Entwicklung des Fuhrparkbestandes entsprechend zeitverzögert. Zwischen 2020 und 2030 wird noch die Mehrzahl der Strecken, die mit dem Kfz zurückgelegt werden, mittels Verbrennungsmotor bewältigt. Selbst im Jahr 2040 werden noch 95 Prozent aller Fahrzeuge mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet sein, wobei allerdings dieser Verbrennungsmotor dann den geringeren Anteil der geleisteten Wegstrecken des Kraftfahrzeugs abdeckt und der größere Teil von den integrierten Elektromotoren geleistet wird.
Der Erdgasantrieb wird auf Basis der Untersuchung dieser Autoren auch im Jahr 2040 keine nennenswerte Marktbedeutung haben. Bei der Brennstoffzelle sehen die Autoren keine nachhaltige Problemlösung, sodass aus Kostengründen auch dieser Bereich als Antriebsart keine nennenswerte Funktion übernimmt.
Des Weiteren weisen die Autoren darauf hin, dass die Steuereinnahmen aus der Energie- und der Mehrwertsteuer, die im Rahmen des Straßenverkehrs anfallen, beträchtlich zusammenschrumpfen. Hierbei wurde unterstellt, dass für den Benzin- und Dieselverbrauch keine Steuererhöhung stattfindet. Gleichzeitig wurde unterstellt, dass keine neuen Energiesteuern auf den genutzten Strom im Fahrzeug erhoben werden. In diesem Fall würden die Steuereinnahmen, die heute die Pkw-Fahrer leisten, bis zum Jahr 2040 um rund 50 Prozent sinken. Laut dieser Studie entspricht dies einem kumulierten Wert zwischen 2010 und 2040 von 300 Milliarden Euro. Das heißt, pro Jahr würden dem Fiskus 10 Milliarden Steuereinnahmen fehlen.
Die Kosten für die Fahrzeughalter werden ebenfalls steigen. Das ist im Wesentlichen den hohen Anschaffungskosten geschuldet. Die Kraftfahrzeuge werden, je nach Fahrzeugklasse, um 3.000 bis 8.000 Euro teurer, da komplexere Techniken in den Fahrzeugen verbaut werden. Für die Mehrzahl der Kunden kann der höhere Anschaffungspreis durch Einsparungen bei Energiekosten durch Effizienz oder Energieträgerwechsel nicht vollständig kompensiert werden, so die Autoren. (Anmerkung des ED-Partners: Bisher hat noch kein Politiker erklärt, wie der Ausfall der Energiesteuern bei einem rückläufigen Mineralölkonsum durch andere Steuern kompensiert werden soll.)
Mit Sicherheit kann der Leser an solchen Studien zweifeln, da sie sehr langfristig angelegt sind. Wenn man sich jedoch den Zeithorizont bis 2030 ansieht, dann basiert die Studie auf Fakten die heute schon bekannt sind. Die Motorentechniken und Effizienzpotenziale von den Motoren, die in den nächsten 5 bis 6 Jahren in den Markt kommen, sind weitestgehend bekannt. Selbst die nächste Antriebsgeneration, die nach dem Jahr 2020 an Bedeutung gewinnen wird, ist heute bereits absehbar und in den Laboren der Autohersteller schon entwickelt. Folglich sind die Berechnungen bis zum Jahr 2030, und dies ist ein Zeitraum von 15 Jahren, relativ verlässlich planbar.
Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass jährlich nur 7 Prozent aller Fahrzeuge im Markt gegen Neuwagen ausgetauscht werden. Das heißt, es braucht schon 14 Jah-re, um den heutigen Fahrzeugbestand komplett zu tauschen. Oder anders ausge-drückt, selbst wenn radikal neue Techniken, die zudem auch bezahlbar sind, plötzlich zur Verfügung stünden, braucht es einen entsprechend langen Zeitraum, bis diese Techniken im gesamten Fahrzeugbestand in der BRD umgesetzt wären. Auch stehen wir Menschen neuen Techniken, wenn es um das Auto geht, erst einmal skeptisch gegenüber. Dann zählt auch nicht der Spritverbrauch oder die Umweltverträglichkeit – siehe E10 -, sondern wir Menschen setzen erst einmal lieber auf Altbewährtes bis andere das Neue erprobt haben.
Eine von Aral durchgeführte Verbraucherbefragung ergab, dass für nur 24 Prozent aller Neuwagenkäufer die Umweltfreundlichkeit des Kfz ein wichtiges Kaufkriterium ist.
Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass der Verbrennungsmotor kombiniert mit Elektromotoren und auch durch die Fortentwicklung des Fahrzeugbaus es schafft, ambitionierten CO2-Anforderungen, die von Seiten der EU oder Bundesregierung gestellt werden könnten, letztlich gerecht zu werden.
In den letzten Jahren hat sich klar herausgestellt, dass die Ölreserven weltweit ge-wachsen sind, obwohl der weltweite Ölverbrauch zugenommen hat. Das heißt, Öl ist ausreichend vorhanden. Wenn auf der anderen Seite jetzt der CO2-Ausstoß des Verbrennungsmotors sinkt und somit der CO2-Ausstoß in den nächsten 25 Jahren um weitere 70 Prozent reduziert wird, dann wäre dies ein weiterer großer Erfolg.