Hersteller senken die Preise für E-Autos – Gebrauchtwagenmarkt gerät unter Druck

Wie das Handelsblatt im Januar berichtete, gehen die Preise bei den E-Fahrzeugen weiter zurück. Die Automobilindustrie fürchtet um den Absatz ihrer Stromautos. Nach dem Ende der staatlichen Förderung in Deutschland, haben gleich mehrere Hersteller zum Jahresbeginn neue Rabattaktionen für E-Fahrzeuge gestartet und bestehende Preisnachlässe verlängert. Auch Tesla hat bei diversen Modellen die Preise um bis zu 15.000 Euro abgesenkt.

VW will aufgrund der geringeren Fördersummen durch den Staat bis Ende März hohe Rabatte auf ihre ID-Modelle gewähren. So liegt der Nachlass für die Baureihen ID.4 und ID.5 im Maximalfall bei mehr als 7.700 Euro, wie das Handelsblatt berichtete. Es zeigt sich, dass mit dem Wegfall der staatlichen Subventionen die Preise für E-Autos sinken und diese Kosten trägt die Automobilindustrie. Der Dacia Spring, der regulär 22.750 Euro kostet, wird mit 9.911 Euro – das sind 42 Prozent – rabattiert, so das Internetportal Carwow. Die FAZ schrieb: „Die Zeit steigender Preise ist im deutschen Markt vorbei.“ Der Wegfall der staatlichen Prämien wirkt aus Verbrauchersicht erstmal positiv – nicht aus der Sicht der Hersteller.

Autoscout hat berechnet, dass 2023 die Preise für gebrauchte E-Autos um 28 Prozent, auf durchschnittlich 31.270 Euro, sanken. „Für gebrauchte E-Autos stellen wir den größten Wertverlust unter allen Antriebsarten fest,“ so Autoscout zur FAZ. Experten und Händler glauben, dass die Rabatte auf E-Autos von Dauer sein könnten und in diesem Markt auch in Europa ein starker Preiskampf aufzieht, wie er in China schon seit einigen Monaten tobt. Die Rabattschlacht zeigt auch weiterreichende Konsequenzen.

Wie Fokus Online berichtete, verabschieden sich einige Händler aus dem Gebrauchtwagenmarkt mit Tesla. Der Düsseldorfer Händler B & K Sportwagen erklärte, dass er in Zukunft keine gebrauchten Fahrzeuge des Herstellers Tesla mehr anbieten wird. Der Grund ist der starke Preisverfall im Wiederverkauf. 2022 verkaufte der Händler noch 40 gebrauchte Teslas. B & K hat zuletzt ein Tesla-Modell S, Baujahr 2017 mit einem Kilometerstand von 40.000 Kilometern, von 50.000 Euro auf 40.000 Euro reduziert. Neu kostet der Wagen 130.000 Euro.

Beim Autohaus Pewe in Benrath sieht die Lage ebenfalls schlecht aus. So machte auch dieser Händler beim jüngsten Verkauf 15.000 Euro Verlust mit einem Tesla und wird in Zukunft keine Teslas mehr anbieten.

Doch nicht nur Autohändler, sondern auch Taxiunternehmen kehren dem E-Autohersteller den Rücken. Im Dezember 2019 stellte Erol Normann sein Unternehmen auf Stromer um und hatte als größtes E-Taxi-Unternehmen in Deutschland auch zahlreiche Teslas in seiner Flotte. Mittlerweile hat Normann wieder zu den Verbrennern gewechselt. Die Teslas haben für ihn eine zu geringe Reichweite, zu lange Ladezeiten und einen schlechten Service.

Der Stellantis Chef Carlos Tavares (der Stellantis Konzern ist Hersteller der Marken Citroen, Peugeot, Opel, Fiat und Chrysler) warnte davor, dass die Preissenkungen, die Tesla durchführt, zu einem „Blutbad“ in der E-Autobranche führen könnten. Dass Tesla die Preise für das Modell Y aktuell in Deutschland um 5.000 Euro senkte, sei laut Stellantis-Boss keine gute Idee. Im Interview mit der Financial Times sagte der Vorstandsvorsitzende des Autokonzerns: „Ich kenne ein Unternehmen, das die Preise brutal gesenkt hat und dessen Rentabilität brutal eingebrochen ist. Wenn man die Preise senkt und dabei die Realität der Kosten außer Acht lässt, ist das ein Wettlauf nach unten, der in einem Blutbad enden wird.“

Tesla kam 2023 nur noch auf eine Rentabilität wie die anderen Hersteller und 2024 könnte es noch härter werden. Der Tesla Chef Elon Musk warnte, anlässlich seiner Jahreszahlenkonferenz Ende Januar 2024, vor den chinesischen Herstellern. Die dortigen Hersteller seien wettbewerbsfähiger als ihre Konkurrenten und dürften auch außerhalb ihres Heimatmarktes Erfolg haben, so Musk. „Wenn keine Handelsbarrieren aufgebaut werden, werden sie die meisten Autobauer in der Welt zerstören. Sie sind extrem gut,“ so Musk.

In Europa rechnet das Center of Automotive Management (CAM), trotz der Rabatte für Stromautos, kaum noch mit Wachstum in diesem Jahr. In Deutschland dürfte die Zahl der E-Neuzulassungen laut CAM-Institut in 2024 um 50.000 bis 100.000 Neuzulassungen sinken, das wären dann nur 420.000 bis 470.000 neue Stromer in 2024.

Auch die Autovermieter haben reagiert. Hertz will 20.000 E-Autos – und dies entspricht einem Drittel seiner Elektrofahrzeugflotte – abschaffen. Hertz begründet die Entscheidung mit einer schwächer als erwarteten Nachfrage seiner Kunden nach Elektroautos sowie mit höheren Reparaturkosten. Auch die erheblichen Preissenkungen für Elektroautos von Tesla machen Hertz zu schaffen, da hierdurch die Wiederverkaufswerte der Fahrzeuge schneller sinken als erwartet. Im Zuge des Verkaufs der E-Flotte wird Hertz eine Abschreibung von 245 Millionen Dollar auf diese Elektrofahrzeuge vornehmen. Im Hinblick auf die hohen Reparaturkosten, sagte Hertz der New York Times, seien Elektroautos in mehr Unfälle verwickelt. Kunden hätten weniger Erfahrung mit solchen Fahrzeugen und sind zum Beispiel nicht an deren schnelle Beschleunigung gewohnt.

Auch Ferdinand Dudenhöfer vom Bochumer Center Automotive Research stellte fest: „Es baut sich eine Welle gegen das Elektroauto auf, wenn Vermieter, Leasinggesellschaften, Händler und schließlich auch Gebrauchtwagenkäufer verunsichert werden.“ Wie „heiße Kartoffeln“ würden gebrauchte E-Fahrzeuge in der Verwertungskette weitergereicht, was zu Verlusten führen müsse. Die Käufer fassen das Elektroauto nur noch mit sehr spitzen Fingern an, sagt Dudenhöfer. Wenn nun beispielsweise VW hohe Preiskürzungen beim Modell ID.4 mitteile, seien die Restwerte der E-Autos zusätzlich unter Druck. Ein ID.3 ist in China schon für 15.000 Euro zu haben, in Deutschland kostet er – inklusive aller Rabatte – das Doppelte. Zum Preis des ID.3 bekommt man in China schon fast den ID.6, einen SUV von VW, der nur in China abgesetzt werden soll. Ein findiger Händler aus Berlin versuchte, diese günstig importierten Autos in Deutschland loszuschlagen. VW ließ per Gerichtsbeschluss die Fahrzeuge beschlagnahmen. VW fürchtet, dass die billigen E-Autopreise über Importe zurück nach Europa schwappen könnten.

Eine weitere Studie zeigt, dass für viele Autofahrer in Deutschland der Preis das entscheidende Kriterium beim Kauf eines Kraftfahrzeuges ist. 13 Prozent der Befragten sagten, dass sie beim nächsten Autokauf ein Batterieauto bevorzugen würden. Im Vorjahr waren es noch 14 Prozent gewesen. Die Kaufabsichten für einen Benziner oder Diesel stiegen von 45 auf 49 Prozent. 55 Prozent der Befragten nannten den Preis als wichtigstes Kriterium bei der Wahl des nächsten Autos. Ebenfalls 55 Prozent nannten ein Preislimit von unter 30.000 Euro und ein Viertel der Befragten nannten einen Bereich zwischen 30.000 und 50.000 Euro. Für den Hochlauf der E-Fahrzeuge müssten schnell bezahlbare Fahrzeuge für den Massenmarkt her. In dem vom Konsumenten gewünschten Preisbereich wird es den europäischen Herstellern schwerfallen E-Fahrzeuge anzubieten, mit denen sie auch noch Geld verdienen.