Deutsche Autobahnen sind eine Herausforderung für das selbstfahrende Auto

Die deutschen Autobahnen sind für ihr fehlendes Tempolimit weltberühmt. Doch für selbstfahrende Autos wird sie damit zu einer besonderen Herausforderung. Derzeit tüfteln bei fast allen Autobauern die Ingenieure an einer Lösung für autonome Fahrzeuge auf deutschen Autobahnen. Wie die Welt am Sonntag berichtete, muss sich einer anpassen: Das autonome Fahrzeug an die deutsche Autobahn oder umgekehrt, die Autobahnen bekommen ein Tempolimit.

Der neue Audi A8 hat den sogenannten AI-Staupiloten schon an Bord, nur freigeschaltet ist die Technik noch nicht. Für solche Assistenzsysteme, die nicht nur selbst abbremsen und die Spur halten, sondern auch überholen, sind Autobahnabschnitte ohne Tempolimit ein Problem. Das selbstfahrende Fahrzeug muss über Sensoren sehr früh ein mit 250 Stundenkilometer von hinten herannahendes Fahrzeug erkennen, wenn es ein Überholmanöver einleiten will. Und genau an diesem Punkt stößt die Technik an ihre Grenzen. Zwar gibt es einzelne Hochleistungsradarsysteme, die auch solche größere Entfernungen schaffen, aber die nötige Sicherheit fehlt. In der Folge werden die ersten – teilweise autonomen – Fahrzeuge auf deutschen Autobahnen extrem vorsichtig fahren und im Zweifel hinter dem langsameren Lastwagen abbremsen, anstatt ihn zu überholen. Auch ein Audi-Mitarbeiter stellte fest: „Die Möglichkeiten der deutschen Autobahnen führen dazu, dass ein autonomes Fahrzeug eher defensiv fährt.“

Für ein autonom fahrendes Auto ist es deutlich einfacher, sich im dichten Verkehr zu bewegen. Eine scheinbar leere Autobahn verunsichert den Computer sogar. Fehlen andere Fahrzeuge als Referenz, weiß das System eventuell nicht mehr: Liefert der Sensor keine Daten über andere Fahrzeuge, weil tatsächlich keine da sind oder wird der Sensor aus irgendeinem Grunde blockiert oder hat er ein technisches Problem?

Deshalb braucht man eine zweite Technologie, die das Ergebnis absichert. Lasersensoren, sogenannte Lidare, sind die beste Ergänzung zum Radar, allerdings noch sehr teuer. Dennoch halten fast alle Entwickler die Lidare für unverzichtbar für völlig autonomes Fahren. Sie sollen in Situationen, in denen entweder Kameras oder Radar an ihre Grenzen stoßen, dafür sorgen, dass immer mindestens zwei Technologien funktionieren. Hierzu erklärte der Chiphersteller Infinion: „In einer Nebelbank ist beispielsweise die Kamera relativ schnell blind, das Radar funktioniert aber gut. Der Laserscanner schafft zwar nicht die Leistung eines Radarsensors, ist aber in dieser Situation weit besser als eine Kamera.“ Allerdings kostet ein Lidar noch über 1.000 €.

Dennoch ist die Automobilindustrie zuversichtlich, dass sie das autonome Fahren auch auf den deutschen Autobahnen ohne Höchstgeschwindigkeiten in den Griff bekommt. Audi sieht in der Landstraße die größte Herausforderung für automatisiertes Fahren. Autos, die schlimmstenfalls verdeckt von Bäumen im 90 Grad Winkel mit 100 Stundenkilometer aufeinander zurasen, sind ein Alptraum der Fahrzeugautonomie. Eine Lösung dafür ist laut Audi noch nicht in Sicht. Die Landstraße wird die letzte Bastion für menschliche Fahrer sein, so Audi in der Welt.