Fachleute prognostizieren eine solide Ölversorgung für 2025. Allerdings sind die Auswirkungen der Anfang Januar eingeführten verschärften Sanktionen gegen Russland noch nicht vollständig absehbar.
Im Jahr 2024 schwankte der Preis für Brent-Rohöl zwischen 70 und 90 Dollar pro Barrel. In den letzten drei Monaten fiel er auf 70 bis 75 Dollar, obwohl die OPEC ihre Förderkürzungen mehrfach verlängerte, um eine Stabilisierung zu erreichen. Hauptgrund war eine unerwartet schwache Nachfrage aus China, das aufgrund wirtschaftlicher Probleme seinen Mineralölverbrauch nicht wie prognostiziert steigern konnte. Trotz sinkender Rohölpreise wurde ein Teil der Ersparnisse in Europa durch die Dollaraufwertung gegenüber dem Euro aufgezehrt. Da die Zinsen in Europa schneller sanken als in den USA, investierten Anleger vermehrt in den Dollar, was den Euro schwächte. Anfang 2024 lag der Euro/Dollar-Wechselkurs bei 0,93 Euro und zum Jahresende bei 0,97 Euro, mit einer Tendenz zu einem Eins-zu-Eins-Wechselkurs.
Im Jahr 2024 gerieten die Raffineriemargen weltweit und insbesondere in Deutschland erheblich unter Druck. Zwischen 2022 und 2023 hatten sich die Lieferströme durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine stark verändert, was die Margen zuvor in die Höhe schnellen ließ. Doch 2024 führte ein Überangebot bei Fertigprodukten zu einem Rückgang der Raffineriemargen auf ein normales Niveau. Vor allem Diesel- und Benzinpreise fielen deutlicher als der Rohölpreis, da das Fertigproduktangebot größer war als die Nachfrage. In Deutschland waren die Preise an den Tankstellen im zweiten Halbjahr 2024 deutlich niedriger als im Vorjahr.
Anfang Januar 2025 verschärften die USA die Sanktionen gegen Russland. Insbesondere der Transport von Öl über die sogenannte Schattenflotte wurde stark eingeschränkt: 183 russische Tanker dürfen kein russisches Öl mehr transportieren, ohne dass ihre Abnehmer Sanktionen riskieren. Länder wie China und Indien, die zuvor von günstigen russischen Ölpreisen profitierten, suchen nun verstärkt nach anderen Lieferanten, beispielsweise in Angola oder Brasilien. Im Jahr 2024 transportierte die Schattenflotte täglich 1,5 Millionen Barrel, was 42 Prozent aller russischen Ölexporte ausmachte. Nach Einschätzung des Exil-Energieexperten Milow könnten die Sanktionen etwa 40 bis 50 Prozent der russischen Ölexporte per Seeweg betreffen.
Die Unsicherheit an den Märkten führte im Januar zu einem Anstieg der Brent-Preise auf 80 bis 82 Dollar pro Barrel. Die Marktteilnehmer wissen nicht, ob die Sanktionen gegen die Schattenflotte den Öltransport nur kurzfristig einschränken, bis sich die Abnehmer neu orientiert haben, oder ob es länger dauert und das geringere Transportvolumen auch zu Lieferengpässen in Europa führen wird. Erste Reaktionen zeigen sich bereits: Im Januar stiegen die Frachtraten für Diesel aus den USA nach Europa. An der Börse herrscht die Angst, dass die europäische Dieselproduktion nicht ausreichen könnte, um die eigene Nachfrage zu decken. Im Jahr 2024 exportierte Russland 45 Millionen Tonnen Diesel, von denen ein Teil in die Türkei und nach Brasilien ging. Diese Länder verkauften im Gegenzug ihren heimischen Diesel nach Europa. Aufgrund der verschärften Auflagen für den russischen Export von Rohöl und Fertigprodukten richten sich die Blicke der europäischen Märkte derzeit stärker auf das Fertigprodukt Diesel als auf Benzin oder Rohöl.
Die OPEC+ verfügt über ausreichende Reservekapazitäten, um das ausfallende russische Öl zu kompensieren. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird die weltweite Ölnachfrage 2025 um 1,05 Millionen Barrel pro Tag auf 104 Millionen Barrel steigen. Gleichzeitig wird das Angebot, vor allem aus Südamerika, um 1,8 Millionen Barrel zunehmen.
Der amerikanische Präsident Trump hat am 21. Januar 2025 eine Notstandsverordnung verabschiedet, die den Öl- und Gasgesellschaften die Förderung in den USA erleichtern soll. Die Ölgesellschaften aus den USA werden ihre Förderung in der Heimat jedoch nur erhöhen, wenn sie auch einen größeren Absatzmarkt für eine höhere Produktion sehen und der Rohölpreis über 60 Dollar je Barrel bleibt. Die US-Ölgesellschaften benötigen einen Rohölpreis von über 60 Dollar, um mit Gewinn am Bohrloch arbeiten zu können. Das Versprechen von Trump, die Energiekosten um 50 Prozent zu senken, erfordert deutlich niedrigere Rohölpreise, als sich die US-Konzerne unter den derzeitigen Bedingungen leisten können. Zudem droht Trump Kanada mit einem Zoll von 25 Prozent auf verschiedene Waren. Kanada erwägt im Gegenzug, kein kanadisches Öl mehr in die USA zu liefern, was die Lieferströme gänzlich verändern und den Ölpreis in den USA eher belasten als entlasten würde. Die Börsen reagierten in der vierten Kalenderwoche zunächst mit einem leichten Preisrückgang des Brentölpreises auf 79 Dollar, bleiben aber unsicher über die tatsächlichen Folgen.
Laut der OPEC wird die weltweite Ölnachfrage 2025 durch ein globales Wirtschaftswachstum von 3,1 Prozent auf 106,6 Millionen Barrel pro Tag steigen. Die Reservekapazitäten der OPEC belaufen sich auf etwa fünf Millionen Barrel täglich, genug, um mögliche Lieferausfälle zu kompensieren. Dennoch hielt die OPEC Ende 2024 an Förderkürzungen fest, um einen Preisverfall durch Überangebot zu vermeiden. Sollten weitere US-Mengen auf den Markt gelangen, könnte dies die Balance der Nachfrage beeinflussen. Ziel der aktuellen Sanktionen bleibt es, Russlands Einnahmen aus Öl- und Gasexporten zu reduzieren, ohne die weltweite Preisstabilität zu gefährden.
Es bleibt spannend welche tatsächlichen Verfügbarkeiten an Rohöl und bei den Fertigprodukten sich in 2025 ergeben werden. Wie geht es mit dem Russlandembargo weiter, was passiert bei der US Produktion und was mit kanadischem Rohöl? Und vor allem: Wie reagiert die OPEC, falls zusätzliches Öl aus den USA auf die Weltmärkte drängen sollte.
Je nach Einschätzung der Versorgungslage an den Märkten wird der Rohölpreis auch 2025 zwischen 60 und 85 Dollar für die Brent-Ware schwanken. Im Durchschnitt wird ein Preis von etwa 75 Dollar erwartet. Der Euro/Dollar-Wechselkurs wird sich wahrscheinlich auf einen Eins-zu-Eins-Kurs zubewegen. Der stärkere Dollar wird den Rohölpreis für uns Europäer um zwei bis drei Cent verteuern. Es gilt die Formel: Wenn der Rohölpreis um 10 Dollar steigt oder fällt, schwankt der Tankstellenpreis – inklusive der darin enthaltenen Mehrwertsteuer – um rund sieben Cent.
In Deutschland wurden zum 1. Januar 2025 die Tankstellenpreise durch eine erneute Anhebung der CO2-Abgabe verteuert. Hinzu kommt, dass die weiter verschärften Treibhausgasminderungsmaßnahmen ebenfalls die Tankstellenpreise nach oben treiben. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen staatlichen Belastungen und bei einem Rohölpreis von 60 bis 85 Dollar sowie einem Euro/Dollar-Wechselkurs von Eins zu Eins sollte der Dieselpreis 2025 zwischen 1,50 und 1,65 Euro und der E5-Preis zwischen 1,60 und 1,80 Euro schwanken.
Die Dieselpreise könnten steigen, falls die Sanktionen gegen die Schattenflotte die Versorgung in Europa nachhaltig beeinträchtigen. Insgesamt wird jedoch erwartet, dass die Tankstellenpreise 2025 im Durchschnitt stabil bleiben und das Niveau von 2024 erreichen. Verglichen mit den extrem hohen Preisen aus dem Jahr 2022, die durch den Ukrainekrieg ausgelöst wurden, sind die Preise in den Jahren 2023 und 2024 bereits deutlich gesunken. Ohne die hohen CO2-Abgaben und Treibhausgasminderungsauflagen könnten die Preise rund 20 Cent günstiger sein und damit das Niveau von 2021 erreichen.