Der Absatzmarkt Europa war für Russland von großer Bedeutung
Russland hat in der Vergangenheit Gas und Öl in erheblichem Umfang nach Europa exportiert. Diese Märkte sind mit dem Krieg und den entsprechenden Embargomaßnahmen für Russland weitestgehend weggebrochen. In den vergangenen fünf Jahren lagen die Exporte von russischem Gas nach Europa zwischen 175 und 200 Milliarden Kubikmeter. Diese sind zuletzt um rund 40 Milliarden Kubikmeter gesunken. Nach den Berechnungen des Handelsblattes wurden lediglich drei Milliarden Kubikmeter von Russland nach China exportiert. Dies hat einfache geografische Gründe. Die Felder, aus denen Russland das Gas für Europa fördert, befinden sich zum Großteil auf der russischen Jamal Halbinsel im Nordwesten Sibiriens. Diese Felder liegen mehr als 3.000 Kilometer Luftlinie entfernt von der chinesischen Grenze im Südosten Russlands. Es gibt keine Gaspipeline, die quer durchs Land führt und das Gas ins Nachbarland transportieren könnte. Die Hauptverbindungsleitungen für Gas führen nach Europa. Russland beabsichtigt bereits seit 2006 eine Pipeline von der Jamal Halbinsel durch die Mongolei nach Zentralchina zu bauen. Diese Gespräche sind allerdings bisher gescheitert. In der Folge wird in Russland weniger Gas gefördert, mehr eingespeichert und gemäß den Beobachtungen des europäischen Waldbrandinformationssystems soll auch überschüssiges Gas abgefackelt werden.
Auf dem Ölsektor sieht es nicht viel anders aus. Die G7-Staaten hatten sich im Dezember darauf verständigt, russisches Öl nur noch dann auf den Weltmarkt gelangen zu lassen, wenn sie zu einem Preis von maximal 60 Dollar pro Barrel (159 Liter) gehandelt werden. Länder wie Südkorea schlossen sich der Strafmaßnahme an. Die EU boykottiert darüber hinaus den Import von russischem Rohöl. Ausgenommen ist nur jenes Öl, das über die Druschba-Pipeline nach Mitteleuropa strömt. Die Lieferungen aus Russland per Pipeline werden im Januar 2023 laut Argus Report um 38 Prozent auf 395.000 Barrel zurückgehen. Deutschland verzichtet seit Januar 2023 gegenüber dem Dezember 2022 auf 243.000 Barrel aus der russischen Pipeline.117.000 Barrel gehen im Januar 2023 von Russland noch nach Polen. Auch diese Abnahmen werden ab Februar 2023 von Polen eingestellt.
Seit Einführung des Preisdeckels wird russisches Öl mit besonders starken Abschlägen an den Börsen gehandelt. Vor allem Indien und China machen sich die Situation zunutze. Obwohl sie sich dem Preisdeckel nicht angeschlossen haben, ergreifen die beiden Länder die Gelegenheit, sich günstig mit russischem Öl einzudecken. Zwei Häfen sind für die Ausfuhr des russischen Öls besonders bedeutend. Primorsk nördlich von Sankt Petersburg und Kozmino am Japanischen Meer, südlich von Wladiwostok. Gerade das Ural-Öl aus Primorsk war lange Jahre wegen der geographischen Nähe nach Europa verkauft worden. Kozimo war geographisch auf den asiatischen Markt ausgerichtet. Laut dem Informationsdienst Argus Media verkauft Russland das Ural Öl im Januar 2023 für 38 Dollar pro Barrel. Dies entspricht einem Abschlag von mehr als 50 Prozent auf die Nordseesorte Brent. Auch sind die Kapazitäten Indiens und Chinas begrenzt, weiteres russisches Öl aufzunehmen und zu verarbeiten. Aus diesem Grund halten Experten den Rückgang der Ölproduktion in Russland für unausweichlich. Erwartet wird, dass die Ölförderung Russlands von 10,5 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2021 auf neun Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2023 zurückgeht. Damit würde Russlands Anteil an der globalen Ölförderung von 11,4 Prozent auf etwa neun Prozent sinken.