Die Ölfirmen in USA produzieren weniger
Saudi-Arabien versucht mit niedrigen Rohölpreisen den Schieferölboom in den USA einzudämmen. Trotz der tiefen Rohölpreise bohren die US-Firmen weiter und die Schieferölproduktion sinkt nur langsam. Die meisten dieser Produzenten können nicht aufhören, denn hohe Schulden müssen bedient werden. Trotz niedriger Preise geht die täglich durch Fracking gewonnene Fördermenge nur um 600.000 Barrel in diesem Jahr und 200.000 Barrel in 2017 zurück. Das ist wenig, bei der täglichen US-Produktion von mehr als neun Millionen Barrel. Laut der Internationalen Energieagentur bleiben deshalb die Ölpreise bis Ende 2017 auf einem niedrigen Niveau.
Experten glauben, dass bei einem Ölpreis von über 60 Dollar, das Fracking von Schieferöl in den USA wieder rasch zunehmen wird. Somit bleibt die Fracking-Industrie in den USA ein Konkurrent für die Scheichs aus Nahost. Der Iran will vier Millionen Barrel Rohöl auf den Weltmärkten absetzen und erst ab einer solchen Menge über eine Mengenbegrenzung mit den anderen OPEC-Mitgliedern sprechen. Der Irak plant ebenfalls mehr Öl auf dem Weltmarkt abzusetzen und mit den Erlösen seine Wirtschaft und das Land wieder fit zu machen. Die Bank Morgan Stanley sieht deshalb das Aufwärtspotential für Öl begrenzt und gibt für 2016 eine Bandbreite von 25 bis 45 Dollar für Rohöl aus.
Das Überangebot an Öl zeigt sich auch in Rotterdam. Lange Schlangen von Tankerschiffen sind hier zu finden. Anfang März lagen 50 Öltanker vor dem Hafen Rotterdams, eine Schlange, so lang, wie seit sieben Jahren nicht mehr. Der Grund war einfach. Da alle Läger in den Region Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen (ARA Raum) weitgehend voll sind, muss das Öl in den Tankern zwischengelagert werden. Und weil der Bedarf an dieser Zwischenlagerung so groß ist, bildet sich eine lange Schlange vor dem Hafen Rotterdams. Die Ölproduzenten ziehen es offenkundig weiter vor, das überreichliche Angebot an Öl zwischenzulagern, statt die Produktion zu kürzen. Allein die schwimmenden Rohölbestände des Iran schätzte die Internationale Energieagentur Anfang März auf 72 Millionen Barrel.
Ein weiterer wichtiger Faktor, warum das Überangebot nicht abnimmt, ist der sogenannte Contango. Das bedeutet: Die Ölpreise für zukünftige Lieferungen an den Börsen liegen höher, je weiter sie vom aktuellen Kontraktmonat entfernt liegen. Also kaufen viele Ölhändler das schwarze Gold zu den Preisen des aktuellen Monatskontraktes mit der Spekulation, das Öl später zu höheren Preisen verkaufen zu können. Dazu aber müssen sie das Öl zwischenlagern. Am 11.02.2016 lag der Contango auf einem Fünfjahreshoch: Ölkontrakte, die vier Monate entfernt vom aktuellen Kontrakt sind, notierten sechs Dollar höher als der aktuelle Kontrakt. Das Allzeithoch beim Contango wurde im Januar 2009 erreicht. Damals waren es 15 Dollar. Derzeit liegen die Lagerbestände in Rotterdam laut Firma Genscape, die auf die Messung von Lagerbeständen spezialisiert ist, bei 53,1 Millionen Barrel. Das ist der höchste Stand zu dieser Jahreszeit seit Beginn der exakten Erhebung dieser Daten in 2013. Das gleiche Bild zeigen die USA, wo ebenfalls die Lagerbestände in Cushing (Oklahoma) auf Allzeithochs liegen.
Selbst wenn die ölfördernden Länder das Problem mit den Produktionsüberschüssen gelöst bekommen, wird ein Lagerüberschuss von mehr als einer Milliarde Barrel die Preise drücken, so die Internationale Energieagentur. Die Bestände, die seit 2014 kontinuierlich aufgebaut wurden, werden bis Ende 2017 weiter wachsen, so die Prognose. Eine ähnliche Situation hatten wir schon einmal 1998 bzw. 1999. Im Zuge der asiatischen Finanzkrise brach die Nachfrage nach Öl ein. Die Rohölnotierungen fielen weiter, obwohl die OPEC-Länder im März und Juni 1998 ihre Förderung drosselten. Im darauffolgenden Dezember fielen die Preise in London unter zehn Dollar pro Barrel. Erst als Anfang 1999 die Lagerbestände in den entwickelten Ländern zurückgingen fasste die Erholung Fuß.
Zwischen Ende 2014 – als sich die Lagerbestände in der entwickelten Welt in etwa auf Durchschnittsniveau befanden – und dem Ende diesen Jahres, werden die weltweiten Lager, wie Daten der Internationalen Energieagentur zeigen, um rund 1,1 Milliarden Barrel angeschwollen sein.
Das eine ist die Angebotsseite. Hier gibt es zurzeit zu viele Rohölproduzenten, die ihr Öl unbedingt verkaufen wollen und müssen. Und es gibt die Frackingquellen in den USA, die je nach Ölpreis wieder kräftiger sprudeln können.
Es gilt jedoch auch die Nachfrageseite im Auge zu halten. Zurzeit ist die Nachfrage aus China schwach und auch ein Land wie Brasilien befindet sich in einer Rezession. Viele Augen der Ölproduzenten richten sich auf Indien, denn hier hofft man in den nächsten Jahren auf einen stärkeren Anstieg der Nachfrage. Indien hat bei der Motorisierung seiner Bevölkerung einen starken Nachholbedarf. Doch Indiens Wirtschaft nimmt nicht die Fahrt auf, die man sich erhofft hatte.
Fakt ist, dass Öl zurzeit ausreichend vorhanden ist und sich irgendwann auch wieder ein höherer Ölpreis darstellen wird. Dennoch bleiben die Frackingölhersteller in den USA ein starkes Regulativ für den Ölpreis. Wenn die OPEC weniger produzieren würde und die Preise ansteigen, steigen die Fördermengen unweigerlich auch in den USA wieder an. Dies würde dann die OPEC erneut zwingen, über Mengenreduzierungen nachzudenken.
Aus diesen Gründen ist es verständlich, dass Saudi-Arabien, dem in der Vergangenheit innerhalb der OPEC im Wesentlichen die Rolle zufiel, die Mengen zu reduzieren, diesen Part der Mengenanpassungen nicht mehr übernehmen will.
Allerdings hat Saudi-Arabien auch ein Problem. 62 Prozent der Staatseinnahmen kommen aus dem Verkauf des Öls. Die Ratingagenturen haben bereits mit Abstufungen gedroht. Saudi-Arabien prüft, die größte Ölgesellschaft der Welt Aramco an die Börse zu bringen, um sich weiteres Geld zu beschaffen. Laut der Ratingagentur Moodys sind die Devisenreserven Saudi-Arabiens in den letzten 18 Monaten um 130 Milliarden zurückgegangen. Der saudische Ölminister Ali al-Naimi sah vor zwei Jahren den fairen Ölpreis bei 100 $ pro Barrel. Nun sieht er diesen Preis bei 50$. In OPEC-Kreisen werden 60$ für zu hoch gehalten, weil dann die Shale Produktion in den USA wieder rasch ansteigt. Jedoch seien 40$ zu gering für die Ausgabenbudgets der Förderländer.
Dennoch steht Saudi-Arabien im Gegensatz zu dem OPEC-Mitglied Venezuela noch gut da. Venezuela muss dieses Jahr 10 Milliarden Anleihen an seine Gläubiger zurückzahlen, was aufgrund der geringen Öleinnahmen nicht leichtfallen wird.