Fakten, Trends und Perspektiven bis 2040 Diesel oder alternative Antriebe, womit fahren LKW und Busse von morgen
Shell hat seine Nutzfahrzeugstudie überarbeitet und diese im Juni 2016 mit folgenden wesentlichen Erkenntnissen der Öffentlichkeit vorgestellt:
Der Boom des Güterverkehrs in Deutschland wird weiter zunehmen. Der Nutzfahrzeugbestand (Lkws und Klein-Lkws) wird mittelfristig um mehr als 20 Prozent auf 3,5 Millionen Fahrzeuge wachsen. Dabei gewinnen elektrische Antriebe bei leichten Nutzfahrzeugen und Bussen sowie Gas (LNG) bei schweren Fernverkehr-LKW an Bedeutung. Dennoch werden LKW und Busse keinen ausreichenden Beitrag zu den aktuellen Energie- und Umweltzielen der Bundesregierung leisten können.
Shell hat zwei Szenarien beschrieben. Im Trendszenario wird die jüngste Vergangenheit fortgeschrieben. Im Alternativszenario wird von einem größeren technischen Fortschritt ausgegangen, der sehr ambitionierten Rahmenbedingungen seitens der Politik zugrunde legt.
Shell kommt zu dem Ergebnis, dass der Güterverkehr weiter internationalisiert und über immer größere Transportweiten erfolgt. Immer mehr hochwertige Güter, wie Maschinen und Fahrzeuge, müssen von verschiedenen Standorten oftmals zur Endproduktion transportiert werden. Auch die Fahrten von Kurier- und Expressgütern werden zunehmen. Je mehr wir Menschen Waren nach Hause bestellen und je schneller dies nach den Wünschen jedes einzelnen Individuums erfolgen muss, desto mehr Einzelfahrten werden hierfür erforderlich.
Shell erwartet, dass von 2014 bis 2040 das Güterverkehrsaufkommen von 4,1 auf 4,8 Milliarden Tonnen wachsen wird. Lkws werden hiervon 3,9 Milliarden Tonnen transportieren. Bezogen auf die Tonnen pro Kilometer wird sich bis 2040 die Güterverkehrsleistung verdoppeln.
Hierzu nochmals ein paar andere Fakten aus der Vergangenheit: Der Gesamtbestand an Nutzfahrzeugen hat sich in Deutschland seit 1990 von 1,5 Millionen auf knapp 3 Millionen erhöht. Dabei hatten leichte Nutzfahrzeuge die größte Dynamik. Ihr Bestand hat sich in diesem Zeitraum mehr als verdreifacht. Bei den leichten Nutzfahrzeugen dominiert die Dieseltechnik mit 95 Prozent als Antriebsart. Bei den schweren Lkws deckt der Dieselantrieb 99 Prozent aller Fahrzeuge ab.
Eine Alternative für Nutzfahrzeuge sind in letzter Zeit Erdgasantriebe geworden. Zum einen werden Lkws mit komprimiertem Erdgas (CNG) angeboten und betrieben. International hat sich verflüssigtes Erdgas (LNG), ob in Amerika, Japan oder China bereits einen gewissen Marktanteil erobert.
Bei den kleinen Nutzfahrzeugen, die ähnlich wie Pkws sind, sieht man in der Kombination aus Elektromobilität, das heißt Hybrid- oder Plug-in-Motoren mit konventionellen Benzinmotoren, ebenfalls Anwendungsgebiete.
Shell hat in ihrem Alternativ-Szenario, welches von radikalen Veränderungen ausgeht, errechnet, dass in einem solchen Fall rund ein Drittel der leichten Nutzfahrzeuge im Jahr 2040 elektrisch fahren könnten und 45 Prozent der schweren Lkws in 2040 mit LNG betrieben würden.
In dem konservativeren Modell, dem sogenannten Trend-Szenario, entwickelt sich der Anteil dieser Fahrzeuge wesentlich langsamer.
Die Zahl der jährlichen Lkw-Neuzulassungen wird über alle Nutzfahrzeugklassen zulegen – von heute 290.000 Fahrzeugen pro Jahr auf 344.000 Fahrzeuge pro Jahr in 2040. Trotz immer effizienterer Lkws und alternativer Antriebe wird diese Entwicklung die Nachfrage nach Diesel weiterhin befeuern.
Die Studie zeigt zudem ein Dilemma auf. Fahrzeugsegmente, in denen neue energiesparende Antriebstechniken eingeführt werden, absolvieren in der Regel nur geringe Fahrleistungen und haben somit nur einen geringen Durchschnittsverbrauch. Im Straßengüterverkehr mit hohen und wachsenden Fahrzeugfahrleistungen erfüllen alternative Antriebe die Anwendungsanforderungen auf absehbare Zeiten noch nicht.
Obwohl die Lkw-Fahrleistung bis zum Jahr 2040 um 39 Prozent steigt, wird der Energiebedarf für diese Nutzfahrzeuge bis 2040 um bis zu 13 Prozent sinken. Das heißt, die Volkswirtschaft ist in der Lage, mehr zu transportieren und dafür weniger Energie aufzuwenden als heute. Obwohl die von Lkws verursachten CO2-Emissionen bis 2040 um 20 Prozent sinken werden, wird der Transportsektor die für 2040 angestrebten CO2-Ziele nicht erreichen.
Anders als bei den Pkws, bei denen in den nächsten Jahren die Jahresfahrleistung weiter sinkt, weil immer mehr Haushalte immer mehr Fahrzeuge haben, wird bei den Lkws nicht nur der Bestand, sondern auch deren jährliche Fahrleistung weiter zunehmen. Das Wachstum des Lkw-Verkehrs betrifft dabei zum großen Teil das Fernstraßennetz.
Da Deutschland in Zentraleuropa liegt und somit ein Transitland ist, wäre es wichtig, dass das deutsche Fernstraßennetz, aber auch die Bundesstraßen, die hierfür erforderlich sind, dem wachsenden Güterverkehr mit einem entsprechenden Zubau Rechnung tragen können. Eine funktionierende Volkswirtschaft braucht einen fließenden Verkehr, damit es an den Produktions- und Handelsstandorten oder auch bei den Verbrauchern zu Hause zu keinen Leerständen kommt. Leerstände in der Produktion führen zur Produktionseinschränkung und zu ungeplanten Produktionspausen mit entsprechenden Kosten. Deshalb hat die Bundesregierung den Ausbau diverser Verkehrswege bis 2030 aufgelegt, die hoffentlich zügig realisiert werden, was bei deutschen Großprojekten in der Praxis leider immer seltener gelingt.
Wie Shell darlegt, ist dies keine Prognose, die mit einer Genauigkeit von x Prozent eintritt. Shell geht es darum, Szenarien aufzuzeichnen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Unterstützung hat Shell bei dieser Studie von dem Institut für Verkehrsforschung im deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt bekommen. Dies soll unterstreichen, dass hier keine Wunschprognosen der Ölindustrie aufgezeigt werden, sondern dass klare Trendforschung betrieben wird, die in der einen oder anderen Form bereits in naher Zukunft, und Shell wagt nur einen Blick für die nächsten 25 Jahre, Realität wird.