Batteriepreise sinken nicht, da die Rohstoffe teurer und knapper werden – zu schwache Lithium-Produktion stellt weltweite E-Autoprognose für 2030 in Frage

Ende 2030 müssen rein rechnerisch zwei Drittel der Neuwagen in Europa voll elektrisch fahren, um die CO2-Vorgaben in der EU zu erreichen. Das Advanced Propulsion Center (APC), ein wissenschaftliches Beraterteam der britischen Regierung, geht davon aus, dass im Jahr 2030 nicht, wie erwartet, 40 Millionen von insgesamt 100 Millionen Pkw, die weltweit jährlich produziert werden, elektrisch sind, sondern nur 25 Millionen Pkw. Der Grund ist recht einfach: Es ist nicht genug Lithium da, um diesen Bedarf zu decken. Laut Schätzungen von Experten fehlen Investitionen in die Lithiumgewinnung von 30 – 50 Milliarden Euro. Die Entwicklung eines Lithiumprojektes dauert fünf bis zehn Jahre. Auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) stellte fest, dass im Jahr 2030 im besten Fall 90.000 Tonnen Lithium und im schlechtesten Fall 300.000 Tonnen pro Jahr zur Herstellung von Autobatterien fehlen werden. Der Engpass wird die Preise von Lithium weiter nach oben treiben.

80 Prozent der Kosten der Batterie, das sogenannte Herzstück eines jeden Elektroautos, entfallen auf Metalle wie Lithium, Nickel oder Kobalt. Deren Preise haben sich allein binnen eines Jahres teils mehr als verdoppelt. Stromfahrzeuge sind in der Herstellung deutlich teurer als Diesel und Benziner und diese Lücke könnte sich weiter vergrößern, so der Batteriezellenhersteller ACC im Handelsblatt. Der Hersteller ist überzeugt, dass die Preise für Batterierohstoffe erst dann sinken werden, wenn weitere Minen mit der Förderung starten. Aber bis diese neuen Abbauprojekte für Nickel und Lithium final umgesetzt sind, vergeht viel Zeit. Das sollte frühestens zwischen 2025 und 2026 der Fall sein.

Hat der Manager recht, werden Elektroautos über die nächsten Jahre hinweg teurer bleiben. Schließlich steht die Batterie für rund 40 Prozent der Kosten des gesamten Fahrzeugs. Der Trend eines stetigen Preisverfalls bei Elektroautobatterien ist 2022 in Folge von Rekordnotierungen für Lithium, Nickel und Kobalt ins Stocken geraten. Im weltweiten Durchschnitt kostete Lithiumkarbonat in Batteriequalität im März, nach Daten des Branchendienstes Benchmark Minerals, rund 60.000 Dollar pro Tonne. Zuletzt lagen die Preise bei 71 – 75.000 Dollar. Gegenüber dem Durchschnitt von Ende 2021 hat sich der Preis mehr als verdoppelt. Besserung sei kurzfristig kaum in Sicht, so Benchmark Minerals. Auch diese erwarten, dass erst ab 2024 oder 2025 im größeren Umfang neue Metallmengen auf den Markt kommen. Bis dahin rechnet der Branchenkenner mit einer deutlichen Knappheit am Lithiummarkt.

Der Preis für Nickel schoss im März kurzzeitig sogar auf über 100.000 Dollar pro Tonne. Seither haben sich die Notierungen zwar wieder normalisiert und bei rund 33.000 Dollar pro Tonne eingependelt. Die Analysten der Investmentbank UBS erwarten allerdings, dass sich der Preis auf diesem – im historischen Vergleich immer noch sehr hohen – Niveau halten wird. Das Angebot an Nickel zählt zu den größten Unsicherheitsfaktoren im Batteriemarkt. Das Vorprodukt Nickelsulfat, das für Batterien erforderlich ist, kann nur aus Klasse-I-Nickel gewonnen werden. Das Analysehaus Roskill erwartet jedoch, dass das Angebot an Klasse-I-Nickel bis 2040 im Schnitt nur um 0,8 Prozent pro Jahr wachsen wird. Das zusätzliche Nickelangebot wäre vorerst keine Entlastung für die angespannte Versorgungslage bei Nickelsulfat. Der Preis für ein Pfund Kobalt stieg binnen 12 Monate von 15,50 US-Dollar auf 31,60 US-Dollar. Bei der aktuellen Entwicklung der Rohstoffe halten sich Batteriehersteller wie ACC mit dem Ausbau neuer Produktionsaktivitäten zurück, wie das Handelsblatt berichtete.

Laut Recherchen des Spiegels sind die Hälfte der weltweiten Kobaltminen und Zweidrittel der Kupferminen in der Hand chinesischer Firmen. Die größten Nickelproduzenten sind Indonesien, Philippinen, Russland, Neukaledonien, Kanada und Australien. Diese sechs Länder stehen für rund 75 Prozent der Nickelproduktion in der Welt. Nickelerz in Europa gibt es in Griechenland, Mazedonien, der Ukraine, Spanien und Finnland. Die größten Lithiumproduzenten sind Chile, Australien, Argentinien, China und USA, wobei die größten Lithiumreserven in Chile und Australien liegen. 74 Prozent der Kobalterzeugung kommen aus der Republik Kongo. Sambia hofft, ein bedeutender Lieferant von Kupfer zu werden. Ein Elektroauto benötigt viermal so viel Kupfer wie ein Auto mit Verbrennungsmotor.

Rohstoffe wie Lithium, Nickel, Kupfer, Kobalt und seltene Erden (eine Gruppe von Metallen) werden benötigt für Batterien, Windräder und Solarzellen. Ohne diese Rohstoffe gibt es keinen Weg fossile Energieträger, wie Gas, Kohle und Öl durch Wind und Sonne abzulösen. Zudem: Eine Stromerzeugung nur aus Wind und Solar ohne Speichermedien, ob in Haushalten mit Wärmepumpen, Kfz-Fahrzeugen oder Solar- oder Windparks, wird nicht funktionieren. Mit Wind und Sonne werden wir von fossilen Energien unabhängiger, aber unabhängig von Rohstoffen werden wir nicht. Hier entstehen neue Abhängigkeiten, die es rechtzeitig zu klären gilt.