Gute Chancen für Werkstätten und den Handel mit Gebrauchtwagen

Die Pkw-Neuzulassungen lagen zwischen 2020 und 2022 in einer Größenordnung von 2,9 bis 2,6 Millionen Einheiten. Für 2023 werden auch nur 2,6 Millionen Einheiten erwartet und im Jahr 2030 sieht der VDK nur Neuzulassungen von 2,7 bis 2,9 Millionen Einheiten. Zwischen 2015 und 2019 lagen die jährlichen Neuzulassungen zwischen 3,2 bis 3,6 Millionen Einheiten. Diese hohen Neuzulassungen wird es laut dem ZDK (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe e.V.) in den nächsten Jahren nicht mehr geben.

Die Gründe hierfür sind, dass viele Interessenten eine Autokaufentscheidung aufgrund gestiegener oder neuer finanzieller Belastungen hinauszögern. Die hohe Inflation führt dazu, dass die Ausgaben schneller steigen als das Einkommen, sodass größere Investitionen vom Verbraucher zurückgestellt werden. Neben den gestiegenen Fahrzeugpreisen fehlen bezahlbare Kleinst- und Kleinwagen, weil manche Hersteller ganze Fahrzeugreihen aus ihrem Portfolio gestrichen haben. Dies trifft insbesondere auf batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge zu, so der ZDK.

Laut dem VDA (Verband der Deutschen Automobilindustrie) gingen bei den deutschen Herstellern im April 2023 die Auftragseingänge aus dem Inland um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zurück. In den ersten vier Monaten des Jahres 2023 lag der Auftragsrückgang kumuliert um 30 Prozent unter dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Dieser Nachfrageverlust wird sich in den Neuzulassungszahlen ab Mitte des Jahres niederschlagen. Die Anzahl der neuen Kaufverträge für E-Fahrzeuge ist ebenfalls deutlich zurückgegangen.

Das Car Institut sieht den aktuellen Auftragseingang bei den E-Fahrzeugen deutlich tiefer als in 2022. Laut ZDK geht das Produktangebot der Hersteller an den Bedürfnissen der Privatkunden vorbei, welche sich auch bezahlbare Klein- und Kleinstwagen mit E-Motoren wünschen. Der ZDK befürchtet, dass diese Lücke 2025 noch größer wird, da die aufgerufenen Fahrzeugpreise im Neu- wie im Gebrauchtwagenmarkt so hoch wie nie liegen. Zudem fühlen sich viele Kunden verunsichert, wie die Verkehrs- und Klimapolitik der Zukunft aussieht und damit, welche Entscheidung zur Antriebsart wohl die richtige sein wird.

Auch im gewerblichen Bereich sieht der ZDK zurückgehende Auftragseingänge. Zurzeit werden von den Unternehmen noch notwenige Ersatzinvestitionen getätigt, denen – aufgrund der langen Lieferzeiten in den vergangenen Monaten – nicht nachgekommen werden konnte. In der zweiten Jahreshälfte wird sich zeigen, ob sich die angespannte Kostensituation im gewerblichen Bereich sowie die konjunkturelle Unsicherheit auf die gewerblichen Auftragseingänge niederschlägt.

Zudem wird der Umweltbonus für Gewerbekunden nur noch bis August 2023 gewährt. Derzeit besteht hier noch eine erhöhte Nachfrage nach E-Fahrzeugen. Ab dem 1. September 2023 dürfte die Nachfrage nach E-Fahrzeugen durch gewerbliche Kunden dann schlagartig zurückgehen, so der ZDK weiter.

Aufgrund der bestehenden Aufträge und bis dahin generierten Auftragseingänge, dürften die gewerblichen Neuzulassungen dieses Jahr im Vergleich zum letzten Jahr zulegen. Ab 2024 dürften die nachlassenden Auftragseingänge auch in den Neuzulassungszahlen sichtbar werden.

Der ZDK wagt auch einen Ausblick bis 2030. Die Verteuerung der individuellen Pkw-Mobilität werden die Neuzulassungszahlen im Jahr 2030 nicht mehr auf das Niveau von 2019 steigen lassen. Im Jahr 2030 sieht der ZDK die Neuzulassungen in einer Größenordnung von 2,8 bis 2,9 Millionen Einheiten. Privatkunden werden ihren Pkw länger fahren, alternative Fahrzeugangebote, wie öffentliche Verkehrsmittel, Car-Sharing, Fahrzeugmiete nutzen und die Homeoffice-Regelungen mehr in Anspruch nehmen. Flottenkunden werden aus den gleichen Gründen Kostenoptimierungen vornehmen. Dies gilt auch im gewerblichen Bereich vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsberichterstattung und nachhaltigen Finanzierung, die den Unternehmen auferlegt wird.

Da die Neuzulassungen in den nächsten Jahren nicht mehr über 3 Millionen Einheiten steigen, geht der ZDK davon aus, dass im Jahr 2030 der Pkw-Bestand, der aktuell bei 48,8 Millionen Einheiten liegt, auf über 50 Millionen Einheiten zunehmen wird. Der ZDK führt dies auf folgende Faktoren zurück: Die Kunden fahren ihre Fahrzeuge immer länger und lassen sie vermehrt reparieren, um deren Fahrtüchtigkeit zu erhalten. Die hohen Anschaffungspreise von neuen und gebrauchten Fahrzeugen, wie auch die Unsicherheit in der Verkehrs- und Klimapolitik, schrecken Kunden vom Kauf ab. Deshalb werden die derzeitigen Fahrzeuge lieber erst einmal repariert als verschrottet, um abzuwarten und keine falschen Investitionsentscheidungen in die falsche Antriebstechnik zu treffen. Nach dem Eigenheim bleibt der eigene Pkw die zweithöchste Investition aus Sicht des Privatkunden. Einige Haushalte tendieren dazu, mehrere Fahrzeuge mit verschiedenen Antriebsformen zu besitzen, um den jeweiligen Fahrbedürfnissen gerecht zu werden.

Der Anteil der jährlichen Besitzumschreibungen von Kraftfahrzeugen unterstreicht diesen Trend. Zwischen 2015 und 2019 wurden jährlich zwischen 7,3 und 7,2 Millionen Fahrzeuge im Besitz umgeschrieben. Im Jahr 2022 sank dieser Anteil auf 5,6 Millionen Einheiten und auch in 2023 werden nur 5,8 Millionen Besitzumschreibungen erwartet. Für das Jahr 2030 sieht der ZDK Besitzumschreibungen in der Größenordnung von 6 Millionen Einheiten. Hierdurch werden die Gebrauchtwagenpreise erst einmal weiter auf höherem Niveau bleiben, wenn auch niedriger als in 2022. Da die gewerblichen Neuzulassungen dieses Jahr im Vergleich zum letzten Jahr steigen, werden im Verhältnis mehr jüngere Gebrauchtfahrzeuge auf den Markt kommen und das Gebrauchtwagenangebot der Kfz-Händler erweitern. Aufgrund der noch bestehenden Nachfrage nach jungen Gebrauchten, der insbesondere im letzten Jahr nicht nachgekommen werden konnte, werden sich die Besitzumschreibungen in 2023 erst einmal leicht erhöhen. Dennoch bleibt das generelle Problem bestehen.

Aufgrund der vergangenen eingeschränkten Verfügbarkeit oder der verzögerten Lieferung von Neufahrzeugen, ist der Gebrauchtfahrzeugmarkt für die nächsten Jahre anhaltend beeinflusst. Jüngere Fahrzeuge fehlten und fehlen, um der Nachfrage entgegen zu kommen. 2030 dürften die Lieferengpässen, die im Neuwagenmarkt entstanden waren, auch im Gebrauchtwagenmarkt überwunden sein und junge Gebrauchtfahrzeuge in höherer Zahl wieder im Markt erhältlich sein, sodass in jedem Fall die Zahl der Besitzumschreibungen bei über 6 Millionen Pkws liegen dürfte. Die statistische Tatsache, dass der Pkw-Bestand bis 2030 auf über 50 Millionen Einheiten ansteigt, führt dazu, dass auch höhere Besitzumschreibungszahlen als in 2022 zu erwarten sind.

Bezüglich der Zukunft der Werkstätten ergibt sich laut ZDK aktuell folgender Trend: Zwischen 2010 und 2019 waren die Werkstätten in der Regel zu 83 Prozent ausgelastet. In Corona-Zeiten sank die Auslastung auf 80 Prozent und erhöhte sich in 2022 wieder auf 84 Prozent. In 2023 rechnet man mit einer Auslastung von 86 Prozent und der ZDK geht davon aus, dass diese auch in den nächsten Jahren auf einem Niveau von 84 bis 86 Prozent verharrt.

Der Anteil der fabrikatsgebundenen Betriebsstätten wird bis 2030 um 10 Prozent zurückgehen. Dies lässt sich auf die Reduzierung der Vertriebsnetze der Hersteller zurückführen. Allerdings werden die verbleibenden Händler mehr Niederlassungen haben. Der Trend, dass die Kfz-Hersteller mit immer weniger Kfz-Händlern kooperieren, wird folglich fortgeschrieben. Im Werkstattgeschäft werden die fabrikatsgebundenen Betriebe kleine Werkstattniederlassungen aus Rentabilitätsgründen schließen.

Fabrikatsunabhängige Betriebe, die von Verbrennungsmotoren älter als vier Jahre (Ablauf der Garantiezeit) leben, werden aufgrund des höheren Fahrzeugbestandes und zunehmendem Fahrzeugalter von der Zunahme der Reparaturarbeiten profitieren. Aufgrund dieser Tatsache geht der ZDK davon aus, dass die Beschäftigtenzahl der Werkstätten mit 435.000 Beschäftigten und knapp 90.000 Auszubildenden bis 2030 nur einen moderaten Rückgang erfahren wird. Da die Anzahl an E-Fahrzeugen im Vergleich zum Verbrennerbestand immer noch gering ist, fallen die verminderten Wartungsarbeiten der E-Fahrzeuge bis 2030 laut ZDK nicht so stark ins Gewicht.

Im Neuwagenverkauf wird von den Herstellern immer mehr das Agenturmodell durchgesetzt. Nur einige Importmarken werden noch im Modell des Vertragshändlers verbleiben. Im Agenturmodell haben die Hersteller die komplette Preisverantwortung bis zum Endkunden. Der Vertragshändler bekommt für jedes verkaufte Auto eine fixe Provision.

Im Gebrauchtwagenverkauf versuchen die Hersteller und Importeure auch verstärkt dieses Geschäft an sich zu ziehen. Dieses ist allerdings wesentlich komplexer und schwieriger, sodass weiterhin das originäre Geschäft des Gebrauchtwagenverkaufs beim Handel verbleiben sollte.