In der Nähe von Chinas Hauptstadt Peking sollte das Hauptquartier eines chinesischen Projektpartners von Heizöl auf Erdgas umgestellt werden. Für das Projekt gab es Klimaschutzzertifikate im Wert von 80 Millionen Euro, die sich Mineralölunternehmen in Deutschland für die CO2-Einsparung, die in China stattfinden sollte, anrechnen lassen konnten. Der Ansatz der Klimapolitiker war, dass egal, wo auf der Welt CO2 eingespart wird, es dem Klima hilft und somit das Projekt Klimaschutzzertifikate bekommt, die in Deutschland bei Nichterreichen der Klimavorgabe von der Mineralölbranche eingesetzt werden können. Auf dem Papier ist dies eine saubere Sache, denn, so der Ansatz der Politik, dem Klima ist es egal, ob Treibhausgabe auf deutschen Straßen oder in chinesischen Provinzen eingespart werden. Doch am Ende entpuppte sich bei genauerem Hinsehen dies als Luftnummer oder besser gesagt, dort wo das eigentliche Projekt in China erfolgreich abgeschlossen werden sollte, stand nur ein Hühnerstall. Mittlerweile werden weitere 15 solcher Projekte vom Umweltministerium untersucht. Der Verband der deutschen Biosprithersteller beklagt diesen Zustand schon lange und geht davon aus, dass von 69 Projekten in China 68 fälschlicherweise anerkannt werden. Allerdings weist die FAZ darauf hin, dass diese Fake-Zertifikate im Verkehrssektor noch Peanuts sind, wenn man dies vergleicht, welches Ausmaß der Versuch der Industrieländer einen Teil ihrer Reduktionsziele durch zertifizierte Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern zu erreichen mittlerweile einnimmt. Nach dem FAZ-Bericht ist dieser Versuch bislang kläglich gescheitert und zwar nicht durch Betrug, sondern durch eine katastrophal schlechte Umsetzung. Die Idee eigentlich ist einfach: Ärmere Länder bauen zusätzliche Windräder, statten Kraftwerke mit Luftfiltern aus und forsten Wälder auf. Industrieländer finanzieren die Projekte und lassen sich die CO2-Einsparungen in ihrer eigenen Bilanz gutschreiben. Um die Idee umzusetzen, wurde im Kyoto-Protokoll 1997 der Clean Development Mechanism, kurz CDM, geschaffen. Er wird großflächig genutzt: Die Projekte in armen Ländern, die in den Industriestaaten angerechnet werden können, umfassen nach Angabe des Umweltbundesamtes knapp 2,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente. Das ist dreieinhalbmal so viel, wie Deutschland im vergangenen Jahr ausgestoßen hat. Der Haken daran ist: Die Rechnung geht fürs Klima nur dann auf, wenn die Windräder, Kraftwerke und Wälder wirklich zusätzlich entstehen. Ansonsten rechnen sich die reichen Länder ihre Treibhausgasbilanzen schön, ohne dass sie die Einsparung eines einzigen Gramms CO2 bewirkt haben. Genau das ist offenbar im großen Stil passiert. Schon 2016 bilanzierten deutsche und schwedische Forscher in einem Report, dass bei 85 Prozent der untersuchten Projekte die Wahrscheinlichkeit gering sei „dass die Emissionsreduktionen zusätzlich sind und nicht überschätzt werden.“ Untersucht haben die Forscher fast 1.350 Windkraftprojekte in Indien. Etwa jede dritte Anlage wurde von westlichen Geldgebern mitfinanziert. Hierfür bekamen die Betreiber Zertifikate für jede eingesparte Tonne CO2, die sie an westliche Unternehmen verkaufen. Als zusätzlich gilt ein Ökostromprojekt dann, wenn es für die Betreiber ohne den Verkauf der Zertifikate nicht rentabel wäre. Dann gäbe es ohne die Zertifikate schließlich keinen Anreiz für den Bau. Die Forscher nahmen einen einfachen Weg. Sie fahndeten danach, ob in der Nähe der vom Westen subventionierten Windräder auch Windräder ohne Subventionen entstanden sind und zwar an Standorten, die objektiv schlechter dafür geeignet waren. Ist das der Fall, folgern die Forscher, könne man davon ausgehen, dass die Windräder an den besseren Standorten auch ohne Subventionen aus dem Westen rentabel seien und deshalb auch ohne westliches Geld entstanden wären. Die Forscher wurden auf ihrer Suche massenhaft fündig. Für mehr als jedes zweite geförderte Projekt fanden sie einen anderen nicht subventionierten Windpark aus demselben Bundesstaat und Baujahr der kleiner und weniger ausgelastet war und weiter vom Stromnetz lag. Westliche Unternehmen, die aus diesen Windparks Zertifikate gekauft haben, können zu Hause weiter so viel CO2 ausstoßen wie bisher. Sie tun in ihrer Treibhausgasbilanz aber so, als hätten sie dem Klima geholfen. Ohne die Anrechnung hätten die Unternehmen tatsächlich 28 Millionen Tonnen CO2 einsparen müssen, so das Ergebnis der Forscher. Dies entspricht dem jährlichen Ausstoß von sieben Kohlekraftwerken. Betrachte man alle CDM-Projekte auf der Welt, sei der Schaden um ein Vielfaches höher, in Geld beziffert um mehr als eine Billion Dollar, so das Ergebnis der Studie. Die gute Nachricht ist: Die Weltgemeinschaft hat inzwischen eingesehen, dass es so nicht weitergehen kann. Aktuell können sich keine neuen Projekte für das CDM-Programm bewerben. Die Anrechnung der Projekte im europäischen Emissionshandel ist seit 2020 nicht mehr erlaubt. Allerdings wird an einem Nachfolgeprogramm für das CDM-Programm gearbeitet, in dem die bisherigen Schwächen vermieden werden sollen. Jedoch einigten sich die Staaten auf der Weltklimakonferenz 2021 darauf, einen erheblichen Teil der im CDM-Programm erfassen Emissionen auch in das Nachfolgeprogramm aufzunehmen, so die FAZ. Die Forscher mahnen dabei sehr sorgfältig vorzugehen.
Solche Programme sind eigentlich weltweit nicht zu kontrollieren. Egal, ob bei den Treibhausgasminderungsmaßnahmen mit dem Hühnerstall in China als Beispiel oder den Windanlagen in Indien. Solche Zertifizierungsgeschäfte sehen Betrüger als glatte Einladung und je nachdem in welchem Land sich diese Firmen befinden, wird dies auch noch von staatlicher Seite durch Wegschauen oder Korruption unterstützt. Die Politik sollte eigentlich aus dieser Erfahrung lernen und auf solche Zertifizierungen komplett verzichten.