Schnellladestationen brauchen Transformatoren und die haben lange Lieferzeiten

Wer einen Ladepark für Elektroautos zum Stromtanken aufsucht, sieht immer als Erstes ein meterhohes Gebäude. Hierbei handelt es sich um eine Umspannungsstation. In diesem Gebäude befindet sich ein Transformator (Trafo), der die Mittel- in Niederspannung umwandelt und ohne den keine ultraschnelle Ladesäule funktioniert. Gerade diese Ladesäulen, an denen ein Elektroauto in 30 Minuten vollladen kann, werden derzeit in Deutschland stark ausgebaut. So soll vor allem auf langen Strecken den E-Auto-Fahrern die Reichweitenangst genommen werden. Doch wie das Handelsblatt berichtete, sind die dazugehörigen Transformatoren zu einem der größten Hindernisse beim Aufbau von Ladesäulen in Deutschland geworden.

Das Bauelement, das die Schnellladeinfrastruktur ermöglichen soll, verzögert sie enorm. Die Lieferzeiten für neu bestellte Trafos betragen herstellerübergreifend derzeit mindestens ein Jahr. Manche Ladesäulenbetreiber berichten sogar von 14 Monaten Wartezeit. Früher bekam man die Transformatoren in vier bis fünf Monaten. Die 20 Tonnen schweren Transformatoren versorgen normalerweise ganze Industriebetriebe oder Straßenzüge. Nun versorgt ein großer Transformator allein wenige Schnellladesäulen. Denn schon eine 300-Kilowatt-Schnellladesäule hat die 20-fache Leistungsaufnahme eines durchschnittlichen Haushaltes mit 14,5 Kilowatt. Für große Ladeparks, wie den der EnBW am Kamener Kreuz, wird also die Leistung eines ganzen Stadtteils gebraucht.

Durch das bundesweite Deutschlandnetz, bei dem bis 2023 1.000 Schnellladestandorte entstehen sollen, könnten sich die Lieferfristen bei den Trafos noch zusätzlich erhöhen, wie das Handelsblatt schreibt. Für jeden Standort des Deutschlandnetzes – mit durchschnittlich sechs Ladesäulen zu je 400 Kilowatt Leistung – wird mindestens ein großer Transformator mit 2,4 Megawatt benötigt. Das ergibt bei 1.000 Standorten mindestens 1.000 Trafos. Kommen kleinere oder mittlere Trafos zum Einsatz, braucht man pro Standort zwei oder drei der Komponenten.

Batteriegepufferte Ladesäulen könnten Trafos theoretisch überflüssig machen, aber diese sind extrem teuer, denn sie kosten deutlich über 150.000 Euro. Und der Batteriepuffer muss sich zwischen den Ladevorgängen immer wieder aufladen – mittels Stromzufuhr aus dem Niederspannungsnetz. Dadurch kann diese Lösung nicht überall eingesetzt werden. An nachfragestarken Standorten an der Autobahn ergibt ein Trafo daher mehr Sinn. Zudem hält eine Batterie durchschnittlich nur zehn Jahre, bei einem Transformator sind es 25 Jahre oder mehr.

Hinzukommt folgende Tatsache: Jeder Netzbetreiber – davon gibt es 900 in Deutschland – stellt eigene technische Anforderungen an den Trafo, der damit faktisch zur Einzelanfertigung wird. Ladeinfrastrukturbetreiber müssen jeden Transformator individuell ausgestalten und mit dem Netzbetreiber abstimmen. Entsprechen die Trafos nicht den Vorgaben, verweigert der Netzbetreiber die Inbetriebnahme. Die Bedingungen der Netzbetreiber seien umfangreich und komplex, sagt der Ladesäulenbetreiber EnBW. Daraus ergibt sich häufig eine langwierige Abstimmung, die ebenfalls viel Zeit sowie personelle und finanzielle Ressourcen kostet, die für einen noch schnelleren Aufbau der Schnellladeinfrastruktur wiederum fehlen. Mit einheitlichen Anforderungen an den Trafo ließen sich Bürokratie und Kosten reduzieren. Allerdings sagt der Branchenverband BDEW hierzu: „Die unterschiedlichen Anforderungen an die Trafos sind nicht willkürlich festgelegt, sondern sind notwendig aufgrund der unterschiedlichen technischen Gegebenheiten der Netzgebiete.“

Zudem gilt es die Baugenehmigungen für den Ladesäulenaufbau zu beachten, obwohl die Ladesäulen selbst baugenehmigungsfrei sind. Je nach Bundesland und Bauverordnung benötigen Trafos eine eigene Baugenehmigung. Diese zu bekommen, kann leicht über ein Jahr dauern. Wie das Handelsblatt berichtete, gab es auch seltsame Vorgaben von den Behörden. In einem Fall wurde die Auflage gemacht, das Dach des Trafos zu begrünen. Bei einem Aral-Autohof, direkt an einer Autobahnabfahrt im Wald gelegen, sollte das Unternehmen ein Schallschutzgutachten für die Genehmigung des Trafos vorlegen. Manche Ladesäulenbetreiber müssen sogar Hallen anmieten, um Trafos monatelang zwischenzulagern, da Baugenehmigungen und Netzanschlüsse deutlich länger dauern als geplant, so das Handelsblatt.