Viele Tesla gehen nach sechs Monaten mit deutschen Subventionen ins Nachbarland, so berichtete Spiegel Online.

Der Staat fördert Elektroautos seit mehreren Jahren sehr großzügig. Jedoch kassieren viele Käufer die Prämie und stoßen die Wagen mit hohem Gewinn rasch wieder ab, oft ins Ausland. Der Spiegel berichtete über das Ausmaß solcher Geschäfte. Bei der staatlichen Förderung von Elektroautos wird in Deutschland offenbar im großen, wenn auch legalen Stil getrickst. Zu diesem Ergebnis kam das Institut Schmidt Automotive Research mit Sitz in Berlin, wie Spiegel Online berichtete. „Der Verlierer ist der deutsche Steuerzahler, der indirekt saubere Luft in Städten außerhalb Deutschlands subventioniert und nicht in Deutschland selbst“, sagt Marktanalyst Matthias Schmidt vom Institut dem Spiegel. Derzeit müssen Autokäufer ein staatlich gefördertes Elektroauto nur mindestens sechs Monate selbst halten. Ein Autohändler wirbt in Anzeigen mit dem Text „Sechs Monate kostenlos Tesla fahren“ und animiert Menschen bei diesem Geschäftsmodell mitzumachen. Schmidts Institut beruft sich auf aktuelle Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts, die diese Entwicklung letztlich unterstreichen. 890.000 voll elektrische Pkws wurden zwischen Januar 2012 und Juli 2022 in Deutschland zugelassen. Betrachtet man jedoch die Anzahl der BEV (Battery Electric Vehicle) im aktuellen Pkw-Gesamtbestand, so waren zum 1. Juli 2022 nur 756.000 Fahrzeuge unterwegs. Also haben rund 130.000 Autos die deutschen Straßen wieder verlassen.

Dieser Rückschluss sei eine Mutmaßung, teilte ein KBA-Sprecher Spiegel Online auf Anfrage mit. Die nicht mehr in den Zulassungsstatistiken aufgeführten Fahrzeuge müssten nicht exportiert, sondern könnten auch außer Betrieb gesetzt oder verunfallt sein, so die Behörde. Dies erscheint angesichts der großen Fahrzeuganzahl allerdings unwahrscheinlich, zudem sind die betroffenen E-Autos maximal zehn Jahre alt.

Derzeit erhalten deutsche Autofahrer eine Prämie von bis zu 9.000 Euro, wenn sie sich ein neues Elektroauto kaufen. So will der Staat die emissionsfreien Fahrzeuge für die breite Masse erschwinglicher machen und die Klimaziele im Verkehrsbereich erreichen. Seit 2016 wird eine staatliche Prämie bei der Anschaffung von E-Autos gezahlt. Bis 2025 soll die Prämie beibehalten werden und ab 2023 langsam abschmelzen. Rund 10 Jahre hat der deutsche Staat zum „Anschub“ der E-Autos beträchtliche Steuergelder aufgewendet, ohne dass dies bisher zum Durchbruch der E-Mobilität verhalf. Die Reichweite der Batterieladung, die hohen Kosten in der Anschaffung und die relativ lange Ladezeiten, wenige Schnelladesäulen und undurchsichtige Abrechnungen beim Nachladen, behindern weiterhin den Absatz dieser Fahrzeuge. Zudem ist die erwartete Verbilligung der Batterieherstellung, die eine Massentauglichkeit ermöglichen sollte, bisher nicht eingetreten.

Der Gesetzgeber wollte in der EU über schärfere CO2-Flottenwerte, die seit 2020 gelten und 2025 nochmal verschärft werden, die Automobilindustrie zur E-Mobilität verpflichten. Mit reinen Verbrennern sind diese Vorgaben nicht darzustellen. Da E-Autos beim CO2-Ausstoß der Kfz-Flotte der Hersteller mit dem Mehrfachen angerechnet werden, haben die Hersteller ein starkes Interesse am Absatz der E-Autos, um die Strafzahlungen zu vermeiden. Dass der Staat gleichzeitig E-Autokunden eine Prämie zahlt und damit den Kfz-Herstellern hilft, den nötigen Flottenmix zu erreichen, ohne dass eine Strafe für die Hersteller fällig wird, stellt das Ganze dann wieder auf den Kopf. Es wäre das Gleiche, wenn man einen Strafzettel für schnelles Fahren wieder ersetzt bekommt, da man nachweisen kann, dass man schneller am Ziel war.

Auch das Center of Automotive Management (CAM) berichtete, dass der Verdacht bestehe, dass ein erheblicher Teil der neu zugelassenen Elektroautos wenige Monate nachdem die Fördergelder geflossen sind, ins Ausland weiterverkauft würden. Diese legalen Tricks kosteten die Steuerzahler dreistellige Millionenbeträge, so das CAM-Institut.

Ähnliche Verlagerungen von Elektroautos seien inzwischen auch aus der Schweiz gemeldet worden, sagte CAM-Direktor Stefan Bratzel dem Spiegel Online. Von dort gebe es sogar Hinweise, dass manche Prämien-Profiteure ganz dreist nicht einmal die Sechsmonatsfrist abwarteten, bevor sie das Fahrzeug von Deutschland ins Ausland verkauften. „Die Praktiken führen europaweit zu einer Verzerrung und möglicherweise gibt es eine höhere Dunkelziffer“, so Bratzel. Viele Händler hätten sich sogar auf den Export junger elektrischer Gebrauchter spezialisiert, um Mitnahmeeffekte zu erzielen. Dabei spielt nicht nur die Kaufprämie eine Rolle.

Aufgrund von Lieferengpässen zahlen Gebrauchtwagenkäufer derzeit generell hohe Preise, um schnell an einen Wagen zu kommen. Auch steuerliche Unterschiede zwischen einzelnen Staaten machen Geschäfte über die Grenze attraktiv. Besonders lukrativ ist der Weiterverkauf nach Dänemark. Gerade Premiummodelle wie Tesla sind dort extrem teuer, weil Neuwagenkäufer in dem Nachbarland eine sogenannte Luxussteuer für die Anschaffung zahlen müssen. Dies kann bei Premiummodellen unter Umständen höher ausfallen als der Listenpreis des Fahrzeugs. „Dies macht den Import von gebrauchten Premiummodellen für dänische Käufer so attraktiv“, so Marktanalyst Matthias Schmidt zu Spiegel Online. Diese könnten so die hohen Anschaffungssteuern und eine extrem hohe Zulassungssteuer umgehen, die dem Betrag eines gleichwertigen Fahrzeugs desselben Alters entspreche.

Besonders begehrt sind nach Recherchen vom Schmidt Automotive Research junge gebrauchte Tesla aus Deutschland. „Nach unseren Recherchen, für die wir Daten des KBA herangezogen haben, hat Tesla bis zum 1. Juli insgesamt 98.000 Fahrzeuge auf deutschen Straßen neu zugelassen“, so Schmidt. Die Gesamtzahl der Tesla-Fahrzeuge im Pkw-Gesamtbestand bis zum 1. Juli 2022 lag aber nur bei 77.000. Das bedeutet, dass fast jeder vierte Tesla, der in Deutschland erstmals zugelassen wurde, den Markt wieder verlassen hat, so das Automotive Research Institut. Dem Institut zufolge, beträgt die Trickserei mit den Fördergeldern auch Modelle anderer Hersteller, etwa von Porsche. „Eine Lösung könnte in jedem Fall sein, die Mindesthaltedauer eines Fahrzeugs auf deutschen Straßen auf vielleicht fünf Jahre zu verlängern, bevor es exportiert werden kann“, so Schmidt.

Aus der Bundesregierung ist zu hören, dass zum 01.01.2023 mit einer Verdopplung der Mindesthaltedauer auf ein Jahr zu rechnen ist. Schon im Februar 2022 hatte das Bundeswirtschaftsministerium angekündigt, gegen den massenhaften Missbrauch der Elektroautoförderung vorzugehen. „Es ist nicht Sinn der Förderung, dass geförderte Autos nach Ablauf der Mindesthaltedauer regelmäßig ins europäische Ausland weiterverkauft werden und dies zu einem Geschäftsmodell für Händler und Käufer wird“, so damals das Ministerium.

Bevor die Bundesregierung die neue Richtlinie mit einer Haltedauer von einem Jahr erlässt, muss die Europäische Kommission dies zunächst prüfen und der Richtlinie zustimmen.

In den ersten 9 Monaten wurden in Deutschland 271.000 Kfz-Einheiten – dies waren 14,5 Prozent aller Zulassungen – als E-Fahrzeuge angemeldet. Wie viele dieser Fahrzeuge Deutschland bereits wieder verlassen haben, ist aktuell nicht zu beurteilen. Wenn es bei dem aktuellen Tempo bei den Neuzulassungen von E-Fahrzeuge bleibt, ist davon auszugehen, dass, abzüglich der Fahrzeuge, die Deutschland bereits wieder verlassen haben, knapp eine Millionen E-Fahrzeuge Ende 2022 auf deutschen Straßen unterwegs sein werden. 47 Millionen Fahrzeuge sind Verbrenner, sodass rund zwei Prozent des Gesamt-Kfz-Bestandes zum 31.12.2022 reine E-Fahrzeuge sein dürften.