VW baut Batteriefabrik in Kanada für 90 Gigawattstunden (GWh)

In den vergangenen Jahren wurden 130 Batterieprojekte in Europa von Firmen wie Samsung aus Südkorea, CATL aus China oder Northvolt angekündigt. Auch die Autobauer wie VW, Mercedes Benz und Stellantis wollten mit in Zellwerke investieren. Wie das Handelsblatt berichtete wurden allerdings erst gut ein Dutzend, oft nur als Pilotanlage oder in Kleinserie, in Europa gebaut. Die meisten Gigafactories existieren bis dato nur als hübsche 3-D-Zeichnung. Tesla wollte eigentlich in Brandenburg ein Batteriezellwerk von mindestens 50 GW-Stunden bauen. Vor wenigen Monaten stoppte der E-Autobauer aus den USA das Projekt in Grünheide. Stattdessen baut Tesla jetzt die Werke in Nevada, um jährlich 100 GW-Stunden – das sind laut Tesla Batteriezellen für 1,5 Millionen Fahrzeuge – erzeugen zu können. Das schwedische Unternehmen Northvolt, das ein Batteriezellenwerk in Heide, Schleswig-Holstein errichten wollte, tat kund, dass man aktuell einer Expansion in den USA statt in der EU den Vorzug geben würde.

Der amerikanische Staat zahlt 35 Dollar für die Zellproduktion und 10 Dollar für die Module. Allein Teslas mögliche Steuersubvention für die Batteriezellen summieren sich laut Berechnungen von Morgen Stanley auf 3,5 Milliarden Dollar pro Jahr. Wenn das Unternehmen Nothvolt das neue Werk in den USA statt in Heide baut, bekommt es dort bis 2030 7 Milliarden Dollar an Subventionen. Für das Werk in Heide erhielt Nothvolt von Europa und dem Land Schleswig-Holstein 155,4 Millionen Euro. Folglich prüft die EU-Kommission, ob sie ebenfalls Förderprogramme wie in den USA auflegen kann.

Auch der VW Konzern wollte ursprünglich bis Ende des Jahrzehnts sechs Batteriezellenwerke in Europa errichten. VW hat im April 2023 die Entscheidung getroffen in Ontario/Kanada das weltweit größte Batteriewerk des VW Konzerns zunächst bis 2027 mit 40 GWh und am Ende mit 90 GWh zu bauen. Das entspräche einer Kapazität, um eine Millionen Elektroautos pro Jahr mit Batterien versorgen zu können. Vor allem wegen der Kosten hätte sich der Konzern so schnell für Nordamerika entschieden. Allen voran wegen den Strompreisen, aber auch wegen der Nähe zu den Rohstoffen und der Fördermöglichkeiten die Canada VW bietet, so der VW Konzern zum Handelsblatt. Kanada ist eines der wenigen westlichen Länder, die über größere Vorkommen an Lithium, Nickel oder Kobalt verfügen. Für eine 500 Kilogramm Batterie muss jedoch die zwanzigfache Menge an Rohmaterial bewegt werden. Dieser Logistikaufwand ist laut dem Technikvorstand Thomas Schmall sehr hoch. Deshalb lege man Batteriezellwerke „sinnigerweise in die Nähe von Rohstoffen und Materialherstellung.“

Neben den Zuschüssen gibt es aber auch andere Hürden für neue Batteriewerke in Europa. Der Unternehmer Lars Carlstrom plante im Norden der norditalienischen Autostadt Turin eine Gigafactory für 45 GW-Stunden mit 3,5 Milliarden Euro zu bauen. Allerdings gibt es bisher keinen Investor. Und das Netz des staatlichen Betreibers Terna reicht überhaupt nicht aus, um die erforderlichen Strommengen in die Gegend zu liefern. Vier Jahre dürfte es dauern, um die Kapazitäten entsprechend auszubauen, sagte Carlstrom dem Handelsblatt.

Frankreich möchte in einer Region im Norden des Landes Hautes-de-France drei größere Batteriefabriken errichten. Da der französische Staat mit gezielten Subventionen hinter diesen Projekten steht, sollen diese drei Standorte zwischen 2023 und 2025 unter Beteiligung von Autobauern wie Renault, Mercedes, Stellantis und dem Mineralölkonzern Total an den Start gehen. Aktuell werden rund 80 Millionen Euro in die Ausbildung von Fachkräften, die jetzt in Berufsschulen zu Technikern umgeschult werden, investiert. Bereits 2017 errichtete Samsung in der Nähe von Budapest in Ungarn die erste Batteriefabrik für E-Autos. Jetzt hat die Firma CATL angekündigt, in Ungarns zweitgrößter Stadt Debrecen ein Werk für 7,3 Milliarden Euro zu bauen. Voraussichtlich wird auch BMW 2025 dort eine E-Autofabrik in Betrieb nehmen. In Ungarn gibt es allerdings ein anderes Problem. Die Fachkräfte sind hier nicht zu finden, sodass nun Menschen aus Asien zuziehen sollen, die die Arbeit erledigen, so das Handelsblatt.

In der EU gibt es mehrere Fördertöpfe, die insgesamt fast 1.000 Milliarden Euro für grüne Investitionen enthalten. Die Förderungen in den USA sehen 369 Milliarden Dollar über 10 Jahre vor. Die Summe ist allerdings geschätzt. Da die Förderung nicht gedeckelt ist, wird die Höhe am Ende von der Nachfrage der Firmen und der Verbraucher abhängen. Der größte Teil, 216 Milliarden Dollar, geht in Form von Steuergutschriften an Unternehmen. Weitere 43 Milliarden Dollar sind Steuerrabatte für Verbraucher. Der Rest sind Zuschüsse und Kredite. Gefördert werden vor allem Batterieproduktionen und E-Mobilität, erneuerbare Energien und Wasserstoff, aber auch die Atomenergie.

Dank der staatlichen Hilfen sollen die Produktionskosten für Solarenergie um 32 Prozent, für Windenergie um 53 Prozent und für Wasserstoff um 60 Prozent sinken. Der Vorteil des US-Ansatzes ist, dass die Firmen von vorneherein wissen, welche Steuerrabatte ihnen zustehen. In der EU müssen sie Fördergelder erst beantragen und einen Bescheid abwarten. Von der Bewerbung um ein wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischem Interesse und der Zusage, können laut Handelsblatt bis zu zwei Jahre vergehen. Und dann wird nur so viel Geld ausgeschüttet wie gerade notwendig ist, um die Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Darüber wacht die EU-Kommission.