Elektroautos bringen nach Meinungen von Experten der Umwelt weniger, als viele glauben wollen

Im Jahr 2023 greifen die CO2-Sanktionen der EU und dies könnte in der Autoindustrie zu Strafzahlungen in Milliardenhöhe führen. Das Beratungsunternehmen MSCI hat errechnet, dass die in 2023 geforderten Grenzwerte von den Autoherstellern zurzeit nicht zu erreichen sind. Das Car-Institut, die Universität Duisburg-Essen kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass mithilfe der Elektrofahrzeuge Strafzahlungen von BMW, VW, Daimler & Co. zu vermeiden wären.

Ab 2021 gelten die strengen CO2-Vorgaben der EU. Allerdings ist es der Automobilindustrie, dank einiger Übergangsregeln, gelungen, dass diese harten Grenzwerte erst 2023 zu erfüllen sind. Welchen CO2-Ausstoß die verkauften Pkws eines Konzerns im Schnitt haben dürfen, ist dabei individuell und hängt vor allem mit dem durchschnittlichen Gewicht der Autos zusammen. Diese Regelung war mit Hilfe der deutschen Regierung in die EU Vorgaben eingebaut worden, um die Nachteile der heimischen Premiumhersteller gegenüber den ausländischen Kleinwagenproduzenten aus Japan, Südkorea, Italien oder Frankreich beim CO2 Ausstoß auszugleichen.

Der Zielwert, um eine Strafzahlung zu vermeiden, liegt für Daimler laut MSCI 2023 bei 100 g CO2 pro Kilometer, während Peugeot, Citroën und Opel auf etwas mehr als 90 g CO2-Ausstoß kommen müssen. Der Volkswagenkonzern liegt mit knapp 96 g in der Mitte dieser Hersteller. Auf das Komma genau lässt sich der Wert zurzeit nicht berechnen, da das Gewicht der in den kommenden Jahren verkauften Fahrzeuge dabei eine entscheidende Rolle spielt. Klar ist allerdings, dass bei den aktuellen CO2-Ausstößen, Daimler aktuell mit 125 g, Peugeot, Citroën und Opel mit 110 g und VW mit 120 g, die Zielmarke kräftig reißen. Wie die Automobilwoche berichtet, kommt das Beratungsunternehmen PA Consult zu dem Ergebnis, dass Daimler bereits 2021 das CO2-Ziel um 1,4 g überschreitet und dies zu Strafzahlungen von 200 Millionen Euro führen würde. Die Höhe der Strafzahlung bemisst sich auch an der Zahl der verkauften Fahrzeuge, sodass in der Folge Volkswagen bei einer Differenz von 2,8 g rund 1,2 Milliarden Euro an Strafe zahlen müsste. Laut dieser Studie würden nur wenige Hersteller, wie Volvo, Toyota und Renault-Nissan, ohne Strafe bleiben.

Das Car-Institut der Universität Duisburg-Essen glaubt jedoch, dass es so weit nicht kommt. Nach Überlegungen des Car-Institutes wird es zu keinen Strafzahlungen kommen, da zu diesem Zeitpunkt die Automobilindustrie jährlich 500.000 emissionsfreie Elektroautos in der EU verkaufen wird.

Laut Car-Institut müsste Daimler in der EU 100.000 E-Autos verkaufen, um Strafzahlungen zu vermeiden. Dank der Kleinwagentochter Smart mit ihren Elektromodellen wäre dies zumindest denkbar, so das Institut weiter. BMW müsste 93.000 E-Fahrzeuge verkaufen, um einer Strafzahlung zu entgehen. Bei Volkswagen liegt die Messlatte allerdings etwas höher, denn diese benötigen schon 350.000 E-Modelle im jährlichen Absatz, um die Strafzahlung zu vermeiden. Mit ein Grund, warum der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG vor kurzem eine höhere Besteuerung der Dieselkraftstoffe forderte, um gleichzeitig dieses Geld als Subventionen für E-Fahrzeuge zu erhalten. Es reicht allerdings nicht, dass diese E-Fahrzeuge nur im Showroom der Konzerne stehen. Die Autos müssen auch tatsächlich Käufer finden. Allerdings könnten hier die Beteiligungen der Konzerne an Carsharing-Anbietern oder auch Mietwagenfirmen mit ihren Fahrzeugflotten helfen, die Fahrzeuge in den Markt zu bringen.

Da jedes Elektroauto den Konzernen hilft, Strafzahlungen zu vermeiden, werden in 2023 Elektrofahrzeuge mit Sicherheit mit hohen Zuschüssen der Konzerne subventioniert werden. Nach Berechnungen des Car-Instituts ist es für die Automobilkonzerne günstiger, 10.000 Euro Verlust pro Elektrofahrzeug in Kauf zu nehmen, um hierdurch die Strafzahlungen zu vermeiden. Bei Volkswagen liegt dieser Zuschusswert bei 11.900 Euro und bei Daimler bei 12.400 Euro, so das Institut.

Doch hilft all dies der Umwelt? Auch hier gibt es eine starke Ernüchterung. Da in Deutschland und Europa mittelfristig Produktionskapazitäten für Elektrofahrzeuge fehlen, werden die Hersteller nach Einschätzung des Car-Instituts einen Großteil der Fahrzeuge aus chinesischen Werken importieren. Zudem ist bei diesen Modellen die CO2-Bilanz verheerend. Dies liegt nicht an den Transportwegen, sondern vor allem an den Produktionsumständen. Der Strom für die extrem energieaufwändige Akkuherstellung kommt in China vor allem aus schmutzigen Braunkohlekraftwerken. 60 Prozent der Energie wird im Reich der Mitte aus fossilen Brennstoffen erzeugt. Laut einer Studie des schwedischen Forschungsinstituts IVL fallen pro Kilowattstunde Akkukapazität in China 195 Kilogramm CO2 an. Ein solches Auto müsste demnach rund 8 Jahren fahren, damit es sich hinsichtlich der CO2-Bilanz in Relation zu einem normalen Verbrenner rechnet.

Würde die Batterie in Europa hergestellt, würde die CO2-Bilanz etwas besser ausfallen. Dennoch, auch hier zeigte eine Studie, dass der CO2-Ausstoß zur Herstellung einer Batterie so hoch ist, dass ein konventionell angetriebenes Auto rund 80.000 Kilometer weit fahren kann, bevor die Energiebilanz des E-Fahrzeuges besser ausfällt. Es bedarf einer hohen Laufleistung, damit die Ökobilanz eines Elektroautos am Ende besser ist als die eines herkömmlichen Fahrzeugs. Zudem ist die Frage nach der Lebensdauer einer schnell aufladbaren Batterie mit 350 KW noch nicht klar. Auch was nach der Lebensdauer mit diesen Batterien geschieht, gilt es zu klären.

Selbst, wenn Elektroautos in den nächsten Jahren boomen sollten, werden sie keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten können, so eine veröffentlichte Studie der internationalen Energieagentur. Die im Herbst 2017 erschienene geht davon aus, dass vor allem der weltweit unverminderte wachsende Transportsektor für einen Anstieg des Ölverbrauchs von derzeit 94 Millionen Barrel pro Tag auf 105 Millionen Barrel im Jahr 2040 sorgen wird. Die internationale Energieagentur hat errechnet, dass sich der globale Autobestand bis ins Jahr 2040 auf rund 2 Milliarden Fahrzeuge verdoppeln werde. Hierbei hat sie unterstellt, dass die Elektroautoflotte bis 2040 einen Anteil von 280 Millionen Fahrzeugen an insgesamt 2 Milliarden Fahrzeugen haben wird. Laut der Studie werden die knapp 300 Millionen Elektrofahrzeuge keinen signifikanten Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten.

Druck für die Elektromobilität entsteht zurzeit in erster Linie in China. Die Chinesen haben registriert, dass der weltweite Autoboom in der technischen Entwicklung an ihnen vorbei gegangen ist und sie lediglich die Werkbank von ausländischen Konzernen sind.

Dieses Kräfteverhältnis will China ändern, indem sie die Elektromobilität vorantreiben. Stefan Bratzel vom Forschungszentrum CAM in Bergisch Gladbach erklärt hierzu: Das ist ein klares industriepolitisches Ziel. Die komplette neue Wertschöpfung rund um die Elektromobilität soll in China verankert werden. Dazu gehört, dass China konsequent die eigene Industrie subventioniert. Über Quoten, die ab 2019 für die Elektromobilität verbindlich gelten, will man die heimische Automobilindustrie im Bereich der E-Mobilität nach vorne bringen.

Der China-Vorstand von VW, Jochen Heizmann, ist laut Handelsblatt davon überzeugt, dass sich der Markt für Elektroautos in China schneller entwickeln wird, als in anderen Teilen der Welt. „Wenn es einen Markt gibt, auf dem es sich lohnt elektrisch zu werden, dann China“, so der Vorstand von VW. Aber auch BMW will ab 2021 in zwei chinesischen Werken Elektroautos produzieren. Die deutschen Automobilhersteller müssen allerdings aufpassen, dass die Chinesen diesen Markt für ausländische Unternehmen nicht abschotten. Mehr als 200 chinesische Firmen sind mit der Produktion von Elektroautos bzw. deren Zulieferung beschäftigt. „Elektromobilität ist zu einem wichtigen Aspekt unseres Wirtschaftswachstums geworden und stellt eine riesige Wertschöpfungskette dar“, so der Verbandschef der chinesischen Autoindustrie.

Der Rohstoffexperte Jeff Currie von Goldmann Sachs glaubt ebenfalls nicht an die Elektromobilität. Nach seiner Meinung hatten Ingenieure auf der ganzen Welt schon Jahrzehnte lang Zeit, die Batterietechnologie voranzutreiben. Dies hätten sie aber bisher nicht geschafft. Weiterhin sagt Jeff Currie in einem Interview mit dem Handelsblatt: „Die meisten Leute haben sich vom Elektroauto-Trend komplett mitreißen lassen. So etwas Ähnliches gab es schon einmal, als Biosprit und Biodiesel die Treibstoffe der Zukunft sein sollten. Dann sind die Preise für Agrarrohstoffe ins Unermessliche gestiegen und aus heutiger Sicht gibt es wahrscheinlich kaum eine Idee, die weniger effektiv war“, so der Goldmann Sachs Analyst weiter. Auch Rolf Baar, Professor für Antriebstechnologie erklärte im Tagesspiegel: „Wir führen eine absurde Diskussion. Wir verfluchen den Verbrennungsmotor, ohne eine echte Alternative zu haben. Wer glaubt, dass der Wechsel zur Elektromobilität einfach wird, ignoriert alle Fakten. Woher kommt der Strom? Wie verfügbar sind die Rohstoffe für Batterien? Reichweite und Ladezeiten sind nicht ausreichend. Es gibt so viele zentrale Fragen.“

Es bleibt nur zu hoffen, dass Teile der Politik erkennen, dass die E-Mobilität nichts mit einer CO2-freien Wirtschaft zu tun hat, sondern dass es um ganz klare wirtschaftliche Interessen geht, wo zukünftig die Fertigung von Fahrzeugen stattfindet.

Unstrittig ist, dass es langfristig eine Abkehr von fossiler Energie geben sollte, um den Energieverbrauch der Menschheit auf regenerative Energie, und dazu zählen auch synthetische Kraftstoffe, umzustellen. Um in wirtschaftlichen und technischen Teilschritten die Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr bis 2040 zu verbessern brauchen wir Hybridmotoren und sehr effiziente Verbrennungsmotoren. Im Stromsektor sollte die Grundlast über Gaskraftwerke abgedeckt werden, die in der CO2-Bilanz den Kohlekraftwerken überlegen sind. Die allerdings auch noch CO2 emittieren. Verbrauchsarme Verbrennungsmotoren und Gaskraftwerke sind eine wichtige Brückentechnologie bevor wir technisch und wirtschaftlich in eine CO2 freie Zukunft gehen können.