In den letzten fünf Jahren entwickelte sich der Absatz von Otto- und Dieselkraftstoff wie folgt:

2019 /
Mio. t
2018 /
Mio. t
2017 /
Mio. t
2016 /
Mio. t
2015 /
Mio. t
OK 17,96 17,83 18,30 18,25 18,20
DK 37,80 37,48 38,70 37,90 36,75
Gesamt 55,80 55,31 57,00 56,15 54,95

Wie diese Zahlen zeigen, lag der Kraftstoffkonsum in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren zwischen 55 und 57 Millionen Tonnen. Die Fahrzeuge wurden zwar immer effizienter und sparsamer, allerdings ist der Kraftfahrzeugbestand gewachsen. Laut Kraftfahrt-Bundesamt beträgt die Fahrzeugdichte in Deutschland 701 Kfz je 1.000 Einwohner. Der Pkw-Bestand stieg vom 01.01.2019 mit 47 Millionen Pkws, zum 01.01.2020 auf 47,7 Millionen Pkws. Der höhere Kfz-Bestand führte letztlich auch zu einem höheren Bedarf. Zum 01.01.2020 fuhren 65,9 Prozent aller Pkws mit Benzinmotoren und 31,7 Prozent mit Dieselmotoren. Der Anteil der Elektrofahrzeuge am Fahrzeugbestand betrug 0,3 Prozent. Der Anteil der Hybrid-Pkws stieg auf 1,1 Prozent. Letztere nutzten den Elektromotor in der Regel auf Kurzstrecken und ansonsten überwiegend den Verbrennungsmotor. Das heißt, dieses Fahrzeug lässt sich nicht klar als Verbrenner oder Elektromotor definieren. In der Regel werden die Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Motoren im Marktanteil den Elektromotoren zugerechnet.

In 2019 ist sowohl der Ottokraftstoffkonsum (+0,8 Prozent) sowie der Dieselkonsum (+0,9 Prozent) angezogen. Insgesamt legte der Kraftstoffverbrauch um 0,9 Prozent zu. Ottokraftstoffe werden zu 100 Prozent über Straßentankstellen und Autobahnen abgesetzt. Der Anteil der Autobahnen am Ottokraftstoffumsatz ist allerdings sehr gering. An Autobahnen kommt der Ottokraftstoff in der Regel nur auf einen Umsatzanteil von 25 Prozent. Hier dominiert der Dieselanteil mit 75 Prozent und dieser wird im Wesentlichen von Lkws bestritten. An Straßentankstellen haben wir ein anderes Verhältnis. Hier liegen der Otto- und Dieselkraftstoffanteil bei 52 zu 48 Prozent in der Absatzgewichtung.

Über Straßen- und Autobahntankstellen werden ca. 48 Prozent des Dieselkonsums abgesetzt. 8 Prozent des Dieselabsatzes gehen an die Schifffahrt, Eisenbahn, Bundeswehr und stationäre Dieselaggregate. Große Speditionen bzw. Unternehmen, die einen umfangreichen Lkw-Fuhrpark unterhalten, bedienen sich in der Regel der sogenannten Hoftankstelle. Diese decken den restlichen Dieselbedarf ab.

Wenn wir einen DK-Absatz von 48 Prozent des Gesamt-DK-Volumens für die Straßentankstellen unterstellen, ergibt sich folgender Absatz in den letzten 5 Jahren:

2019 /
Mrd Ltr
2018 /
Mrd Ltr
2017 /
Mrd Ltr
2016 /
Mrd Ltr
2015 /
Mrd Ltr
OK 23,78 23,60 24,26 24,20 24,10
DK 21,47 21,30 22,00 21,50 20,90
Gesamt 45,2 44,90 46,20 45,70 45,00

Wie diese Zahlen zeigen, ist der Otto- und Dieselkraftstoffabsatz an den deutschen Straßentankstellen in den letzten Jahren recht stabil. Verloren in der Absatzbedeutung haben die Autobahntankstellen. Diese haben in den vergangenen Jahren jährlich einen zweistelligen Umsatzrückgang erlitten, da immer mehr Autofahrer das Tanken an der Autobahn meiden.

Im vorstehend genannten Zeitraum entwickelte sich der Bestand an Straßentankstellen wie folgt:

01.01.2020 14.091 Tankstellen
01.01.2019 14.099 Tankstellen
01.01.2018 14.118 Tankstellen
01.01.2017 14.152 Tankstellen
01.01.2016 14.176 Tankstellen
01.01.2015 14.209 Tankstellen

Das heißt, in den vergangenen fünf Jahren sind rund 100 Tankstellen aus dem Markt ausgeschieden. Der Durchschnittsabsatz einer heutigen Straßentankstelle liegt pro Monat bei knapp 260.000 Litern, und dies sind pro Jahr 3,1 Millionen Liter.

Ohne den Corona-Effekt und den damit verbundenen wirtschaftlichen Einschränkungen, wäre der Kraftstoffmarkt an Tankstellen in 2020 in einer Größenordnung von 44,5 bis 45 Milliarden Liter geblieben.

Bedingt durch den Konsumrückgang, insbesondere im Zeitraum Mitte März bis Mitte Juni, wird der Konsum in 2020 um ca. 6 Prozent auf 42,5 bis 43 Milliarden Liter an den deutschen Tankstellen sinken.

Sollte die Wirtschaft in 2021 ohne größere Lockdown Eingriffe laufen können, so könnte in 2021 der Tankstellenabsatz wieder auf 44,5 bis 45 Milliarden Liter ansteigen.

Dem Jahreswirtschaftsbericht des MWV war auch zu entnehmen, dass die Auslastung der Raffinerien in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren 2018 und 2019 nur bei rund 85 Prozent lag. 2020 wird die Raffinerieauslastung nochmals sinken. Die Raffinerien sollten, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein, in der Regel eine Auslastung von > 90 Prozent anstreben. Folglich zeichnet sich ab, dass in den nächsten Jahren, zumindest die kleineren Raffinerien (< 10 Mio. Tonnen) in Deutschland einer kritischen Prüfung von Seiten der Mineralölkonzerne unterzogen werden.

In Deutschland sind die größten Raffinerien: Rheinland Raffinerie Godorf/Wessling 16,6 Millionen Tonnen, MiRO Karlsruhe 14,9 Millionen Tonnen, Ruhr Oel Gelsenkirchen 12,8 Millionen Tonnen, PCK Schwedt 11,6 Millionen Tonnen, Total Leuna 12 Millionen Tonnen, BAYERNOIL/Ingolstadt 10,3 Millionen Tonnen. Die größten Raffineriebetreiber in Deutschland sind an erster Stelle die Shell, gefolgt von BP und an dritter Stelle Rosneft und Total. Diese vier Mineralölkonzerne stehen in Deutschland für rund 66 Prozent der Raffinerieproduktion.

Shell, BP sowie Total und in gewissen Bereichen auch Esso, sind unter Inanspruchnahme ihrer Raffineriekapazitäten im ARA-Raum (Amsterdam/Rotterdam/Antwerpen) sehr gut in der Lage den deutschen Markt über die Wasserstraße Rhein bzw. Pipelines umfassend zu versorgen.

In Europa werden in den nächsten Jahren verschiedene Raffinerien vom Markt verschwinden oder wie es die französische Total praktiziert, zu Produktionsstätten für Bioöle umgebaut werden. Zudem haben die Mineralölkonzerne in den letzten Jahren auch in jene Raffinerien investiert, die neben der Mineralölerzeugung auch Vorprodukte für die chemische Industrie liefern können.

Die Corona-Epidemie hat die Neuausrichtung für die Mineralölindustrie erneut verändert. Die Flugindustrie mit ihren Kerosinabnahmen ist nicht nur in der Lockdown Phase ausgefallen. Viele Maschinen bleiben weiterhin am Boden, da Reisewarnungen bestehen und die meisten Menschen öffentliche Verkehrsmittel meiden. Die chemische Industrie liefert viele Vorprodukte für die Automobilindustrie und Letztere liegt weiter am Boden.

Für 2020 wurde von Stefan Bratzel vom Center of Automotive-Management (CAM) nicht ausgeschlossen, dass die weltweite Pkw-Produktion auf 70 Millionen Stück sinken könnte. Noch vor zwei bis drei Jahren ging die Automobilindustrie davon aus, dass der weltweite Bedarf an jährlichen Neuzulassungen von Pkws bei 100 Millionen Stück liegen würde. In der Folge wurden weltweit neue Produktionskapazitäten geschaffen, die jetzt nicht ausgelastet sind. Folglich werden Werke weltweit geschlossen und die überdimensionierte Produktionskapazität der geringeren Nachfrage angepasst.

Die vorstehenden Fakten zeigen, dass zum einen der weltweite Virus Corona die Wirtschaft weniger planbar gemacht hat. Zum anderen waren aber auch vor Corona schon einige Wirtschaftszweige, wie die Automobilindustrie, zu optimistisch in ihrer Zukunftseinschätzung unterwegs. Viele Anpassungen, die jetzt im deutschen Automobilsektor erfolgen, sind dieser Marktüberschätzung geschuldet.