Unter diesem Titel fand das 8. Energie-Informationsdienst-Kraftstoffforum am 24./25.03.2015 in Hamburg statt – Opel fordert den CO2-Handel für den Verkehrssektor

Alle 2 bis 3 Jahre besuchen wir dieses Symposium, um uns über die aktuelle Kraftstoffpolitik bzw. insbesondere über den Entwicklungsstand der Kraftstoffantriebe der Automobilindustrie zu informieren.

Bei diesem Symposium treten als Referenten die Entwickler von Antrieben und Motoren aller namhaften Automobilhersteller wie Opel, VW, MAN oder Toyota auf. Mineralölkonzerne wie BP, Esso und Shell geben Ein- und Ausblick in die Entwicklung von Kraftstoffen. Zudem sind die Entwickler und Hersteller alternativer Techniken –Elektrik, Brennstoffzelle, Erdgas – und alternativer Kraftstoffe wie zum Beispiel Bioprodukte oder Wasserstoff in der Regel mit interessanten Vorträgen dabei.

Flankiert wird diese Veranstaltung von Referenten aus dem Europäischen Parlament und der Bundesregierung, die den politischen Blickwinkel darstellen.

Vorgaben der EU
Vor diesem Hintergrund beschäftigten sich auch die ersten beiden Vorträge der Referenten aus der EU bzw. aus dem Verkehrsministerium, wie die Kraftstoffpolitik aus europäischer bzw. deutscher Sicht aussieht. Allerdings muss man sagen, war hier recht wenig zu hören. Es wurde immer wieder über alternative Kraftstoffe, die heutigen und nach 2021 möglichen CO2-Werte und über diverse Antriebstechniken gesprochen, jedoch sehr selten über Mineralöl. Es entstand oftmals aus der Politik der Eindruck, dass Mineralöl, obwohl es in den nächsten 20 Jahren, gerade im Verkehrssektor, der wichtigste Kraftstoff bleibt, nur noch hinter vorgehaltener Hand erwähnt wird. Öl ist zu neudeutsch „uncool“.

Dennoch war eine Aussage von Norbert Schuldt – Referatsleiter im Bundesverkehrsministerium für Energie und Klimaschutz im Verkehr – für uns von großer Wichtigkeit. Herr Schuldt erklärte, dass die Entscheidung für die Steuerbefreiung bzw. Steuerbegünstigung für Erd- und Autogas nach 2018 fortgesetzt wird. Diesbezüglich sei sich die Koalition einig. Letztlich ginge es hier nur noch um die Ausgestaltung und wann das Gesetzgebungsverfahren umgesetzt wird. Die Aussage, dass die Bundesregierung an der Steuerbegünstigung für Auto- und Erdgas festhält, ist eine wichtige Weichenstellung, damit Autogas nach 2018 weiterhin eine hohe Akzeptanz erhält.

Im weiteren Verlauf des Tages stellte sich jedoch heraus, dass der Gesetzgeber darüber nachdenkt, die steuerliche Befreiung von Erd- und Autogas durch eine Mehrbelastung bei den Mineralölprodukten, das heißt bei Otto- und Dieselkraftstoff, zu kompensieren. Allerdings schwebt dem Gesetzgeber wohl eine Überkompensation vor, wie der Referent Tobias Wolny von BP erläuterte. Die heutige steuerliche Entlastung von Auto- und Erdgas kostet den Finanzminister rund 90 Millionen Euro pro Jahr. In der Bundesregierung wird allerdings darüber nachgedacht, die Mineralölsteuer vielleicht um 2-3 Cent zu erhöhen, um diesen Verlust zu kompensieren. Eine Steuererhöhung von 2 bzw. 3 Cent, so die Berechnungen von Herrn Wolny, bedeuten allerdings, dass der Staat über die Mineralölsteuer 1,4 bis 2,1 Milliarden Euro pro Jahr mehr einnimmt, während er bei der Auto- und Erdgasbegünstigung lediglich knapp 100 Millionen Euro verliert. Dass die Politik bei den zurzeit niedrigen Tankstellenpreisen überlegt, die Mineralölsteuer zu erhöhen, war und ist eigentlich nur eine Frage der Zeit. Es gibt wohl zwar von der CDU die Aussage, in der jetzigen Legislaturperiode keine Steuererhöhung vorzunehmen, allerdings endet diese Periode 2017. Also wäre nach 2018 alles wieder möglich.

CO2 Ausstoß in den Schadstoffhandel einbeziehen
Bezüglich des Emissionshandels im Verkehr hat Ulrich Schulz von der Adam Opel AG dargelegt, warum der Emissionshandel in den Straßenverkehr einbezogen werden müsste. Dies liegt an den zukünftigen Forderungen der Politik, den CO2-Ausstoß nach 2020, der bis dahin 95 Gramm in der Flotte sein soll, weiter zu senken. 95 Gramm, so rechnete der Vertreter der Adam Opel AG vor, entsprechen einem Verbrauch von 4 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer für die Fahrzeugflotte des jeweiligen Herstellers. Da der CO2-Ausstoß am Auspuff des Fahrzeugs gemessen wird, tragen Bioprodukte wie Ethanol oder Biodiesel zur Absenkung des CO2-Ausstoßes bei. Aus diesem Grund, so die Forderung der Adam Opel AG, müssten dauerhaft die Bioanteile am Kraftstoff weiter erhöht werden. Weiterhin ist die Automobilindustrie daran interessiert, nach wie vor Hybrid- oder Plug-in- bzw. reine E-Fahrzeuge anzubieten, weil diese Fahrzeuge mit einem höheren Vervielfältiger auf den Flottenverbrauch des jeweiligen Herstellers angerechnet werden. Das heißt, je mehr Hybrid-, Plug-in- oder E-Fahrzeuge ein Hersteller anbietet, umso eher schafft er es, über den Vervielfältiger rein rechnerisch die 95 Gramm CO2 darzustellen. Herstellern, die dies nicht schaffen, drohen massive Strafzahlungen. Kein Wunder, dass die Automobilindustrie diese Antriebe mit in das Sortiment aufnimmt. Lieber ein paar Ladenhüter in das Schaufenster stellen als eine immense Strafe zu zahlen. Viele sprechen auch schon von Schaufensterautos.

Herr Ulrich Schulz führte weiter aus, dass die angedachten neuen Ziele nach 2020, das heißt 70 Gramm CO2-Ausstoß bis 2025 bzw. 50 Gramm bis 2030, die Techniker aller Automobilkonzerne vor enorm hohe Herausforderungen stellen würden. Er machte dies an folgenden Zahlen deutlich: 70 Gramm bedeuten 3 Liter pro 100 km Kraftstoffverbrauch für die gesamte Fahrzeugflotte und 50 Gramm bedeuten bereits 2 Liter pro 100 km. Herr Schulz legte auch nochmals klar dar, dass ein solches Szenario am Verbraucher vorbeigeht. Hierbei legte er folgende Zahlen offen: Nur 13 Prozent der Opel-Astra-Käufer entscheiden sich für den kleinsten Motor, der die 95 Gramm CO2 zurzeit schafft. 87 Prozent der Opel-Käufer kaufen entsprechend stärker motorisierte Fahrzeuge. Die SUVs liegen weiter im Trend, wie verschiedenste Marktforschungen, aber auch das aktuelle Käuferverhalten zeigen. In Kundenbefragungen würden Kunden immer wieder sagen, dass sie spritsparende und umweltfreundliche Fahrzeuge kaufen würden. Käme es allerdings dann im Verkaufsraum zum eigentlichen Kaufvertrag, würde der Kunde weder nach dem Spritverbrauch noch nach dem CO2-Ausstoß fragen, so der Vertreter der Adam Opel AG. Dass die Kunden immer PS-stärkere Fahrzeuge kaufen und einen immer höheren Anspruch auch an den Komfort der Autos stellen, wie z.B. Klimaanlage, trägt unweigerlich dazu dabei, dass der Kraftstoffverbrauch kaum noch abgesenkt werden kann. Die Investitionen, die man hierfür in neue Materialien, neue Antriebstechniken etc. aufwendet, würden die Fahrzeuge für den Endverbraucher massiv verteuern.

Aus diesem Grund möchte die Adam Opel AG den Straßenverkehr in den Emissionshandel einbeziehen. Hierzu machte Herr Schulz noch folgendes Beispiel auf: Ein Opel-Corsa-Fahrer, der täglich vom Land in die Stadt zur Arbeit pendelt und hierbei 40 km zurücklegt und im Jahr 30.000 km fährt, stößt mehr CO2 aus, als der Zweitwagen, Mercedes M-Klasse, der in der Garage steht und nur 6.000 km im Jahr bewegt wird. Hiermit wollte Herr Schulz darlegen, dass wenn der Staat den CO2-Ausstoß senken will, so gilt es, das Gesamtvolumen des CO2-Ausstoßes zu betrachten. Der CO2-Ausstoß kommt aus dem spezifischen CO2-Ausstoß des Fahrzeuges pro gefahrenem Kilometer, multipliziert mit der Anzahl der Jahresfahrleistung. Die Jahresfahrleistung blendet der Gesetzgeber heute aus. Letzteres würde über eine CO2-Abgabe nicht mehr geschehen. Diese würde an der Tankstelle als explizit ausgewiesene Abgabe vom Tankkunden erhoben. Wer viel fährt und somit viel CO2 produziert, bezahlt auch dafür. Diese Zertifikate gehen dann in den CO2-Handel ein und könnten an anderer Stelle gegen CO2-Minderungsmaßnahmen z. B. in Kohlekraftwerken wieder eingelöst werden.

Die Lösung der Adam Opel AG macht volks- wie betriebswirtschaftlich Sinn und bringt am Ende auch am meisten für die Umwelt.

Bioprodukte haben Vorlaufzeiten
Bezüglich höherer Beimischung von Ethanol und Biodiesel legte Herr Dr. Marten Keil von CropEnergies, Hersteller von Biokraftstoffen, dar, dass wenn höhere Beimischungsquoten umgesetzt werden sollen, die Politik rechtzeitig verlässliche Rahmendaten schaffen muss, damit die Industrie weiß, welche Qualitäten und Quantitäten erzeugt werden müssen. Neue Ethanol- und Biodieselanlagen zu bauen, bedarf einer Vorlaufzeit von 2 bis 3 Jahren. Das heißt, wenn der Gesetzgeber dauerhaft tatsächlich weiterhin höhere Treibhausgasminderungsziele will, so muss er dies rechtzeitig postulieren, damit die Industrie hierauf reagieren kann. Herr Dr. Keil erklärte auch unmissverständlich, dass zurzeit niemand weiß, wie es nach 2020 mit den CO2-Zielen weitergeht. Solange hier keine klaren Vorgaben kommen, tappt die Industrie im Dunkeln. Zudem müssen in der Regel auch neue Kraftstoffnormen geschaffen werden, die oftmals einen weiteren Zeithorizont von 2 bis 3 Jahre kosten.

Neueste Erkenntnisse zum E-Auto
In punkto Batterieantrieb stellte Herr Professor Tillmetz, Vorstand des Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung, fest, dass die Batterie keine Revolution erwarten lässt, sondern eine Evolution ist. In seinem Vortrag zeigte er auf, dass eventuell nach 2020 eine Batterie möglich ist, die vielleicht eine Reichweite von 300 km hat. Weiterhin vertrat er die Hoffnung, dass wenn größere Stückzahlen an Batterien hergestellt würden, diese auch je Stück in der Produktion billiger ausfallen könnten. Zurzeit sind Batterien in Größe, Kosten und Leistung herstellbar für Reichweiten von bis zu 160 km. Warum sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Reichweite bei den Batterien fast verdoppeln könnte, erläuterte Herr Professor Tillmetz allerdings nicht. Bezüglich der Haltbarkeit der Batterien war er der Ansicht, dass eine Batterie heute, wenn sie denn mit hoher Präzision gefertigt wird, 12 Jahre halten kann. Letzteres setzt allerdings auch wieder voraus, dass weder ein komplettes Entladen noch ein Überladen der Batterien beim Betanken erfolgt. Die Batterie, so Professor Tillmetz, macht beim Elektroauto nach wie vor 40 Prozent der Produktionskosten eines Fahrzeugs aus. Auch wurde von verschiedensten Referenten nochmals dargelegt, dass der Ladevorgang nach wie vor unbefriedigend ist und den Kunden selbst an Schnellladesäulen zu einer längeren Pause zwingt. Elektromobilität, so war auch immer wieder in verschiedensten Vorträgen zu hören, funktioniert nur in Ländern, in denen durch Zuschüsse oder bessere Abschreibungsmöglichkeiten die Anschaffung solcher Fahrzeuge subventioniert werden. Auch helfen unter Umständen staatliche Eingriffe dergestalt, dass man in gewissen Gebieten nur noch Elektrofahrzeuge zulässt. Nur mit solchen dirigistischen Eingriffen ließen sich Elektrofahrzeuge zurzeit nach vorne bringen.

Interessant war auch noch die Aussage eines Schweizer Professors, dass wenn man den Herstellungsprozess der Elektroautos mit einbezieht und den dabei anfallenden Energieverbrauch berücksichtigt, so wäre das Elektroauto – über die gesamte Lebensdauer von 12 Jahren betrachtet – nur unwesentlich günstiger in der CO2-Bilanz, als herkömmliche Otto- oder Dieselfahrzeuge. Insbesondere das für die Batterien zu produzierende Kupfer treibt die Energiekosten zur Herstellung eines Elektromotors und den damit verbundenen CO2-Ausstoß merklich in die Höhe, so seine Anmerkung.

Neue Kraftstoffe mit HVO
Interessant war der Vortrag von Herrn Dr. Garbe aus dem Hause Volkswagen. Dieser legte dar, dass, wenn man heute einen neuen Kraftstoff konzipieren wollte, man zunächst auch für die Altfahrzeuge einen Nutzen schaffen müsste, um die Kunden für dieses Produkt auch entsprechend begeistern zu können. Letzteres sei beim E10 versäumt worden. Zudem sollte ein solches Produkt der heutigen Normierung Kraftstoffqualitäten entsprechen. Herr Dr. Garbe zeigte dann auf, dass mit Hilfe des Zusatzes HVO (hydriertes Pflanzenöl), ein extrem hochwertiger Biodiesel mit hervorragenden Cetanzahlen, ein Dieselprodukt mit einer hohen Leistung und niedrigen CO2-Werten erzeugt werden kann. Allerdings sind zurzeit im Markt die erforderlichen HVO-Mengen noch nicht vorhanden, um dieses Produkt, von dem viele Ingenieure begeistert sind, dem Dieselkraftstoff beizumischen.